Finanzpolitischer Fakten-Check der SVP

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Ich werde das Gefühl nicht los, dass sich die SVP Uster von ihrer Wahlschlappe im 2018 immer noch nicht erholt hat. Die Ideen, die sie in die politische Diskussion einbringt, sind gemessen an einer Kreativitätsskala von 1 bis 10 eher bei 1 als bei 10 anzusiedeln. So muss ein Postulat für mehr Velopumpen in Uster bereits als Höhepunkt der Ustermer SVP-Politik bezeichnet werden. Eigentlich traurig. Besondres traurig ist aber, wie die SVP ins Jahr 2021 gestartet ist. Mit dem Volksreferendum gegen den Projektierungskredit für das Zeughausareal wird eine erneute Abstimmung erwirkt. Wohl verstanden: im 2009 sagten 70 Prozent der Stimmberechtigen JA zur Entwicklung des Zeughausareals, im 2016 waren es 66 Prozent. Die SVP war damals auch dafür. Nun hat sie – weshalb auch immer – ihre Meinung geändert und versucht, diese klaren Volksverdikte umzustossen. Dabei bedient sie sich äusserst abenteuerlicher Argumente. So behauptet sie etwa in einem kürzlich verteilten finanzpolitischen Sünneli-Pamphlet tatsachenwidrig, dass das Budget für das Zeughausareal 10 Mio. über Budget liege.

Strukturelles Defizit nicht behoben 

Aber schön der Reihe nach: Die Verschuldung der Stadt Uster hat seit dem Jahr 2012 bis ins Jahr 2019 von Fr. 20 Mio. auf Fr. 115 Mio. zugenommen. Davor wurde der Steuerfuss zwischen 2004 und 2012 um insgesamt 7 Prozent von 98 auf 91 Prozent gesenkt. Gleichzeitig nahm die Verschuldung zu, obwohl die Rechnung regelmässig positiv abschloss. Parallel dazu wurde wenig investiert, sodass wir in den letzten Jahren und Monaten für viel Geld Provisorien für Schulen, Musikschule, Kultur, Garderoben etc. errichten mussten. Der bürgerliche Stadtrat hatte damals zwar durchaus erkannt, dass mit diesem tiefen Steuerfuss ein strukturelles Defizit – also ein «chronisches» Defizit, das sich ohne grosse Änderungen auf der Einnahmen- und/oder Ausgabenseite nicht beheben lässt – resultierte. Mit einer Leistungsüberprüfung in der Legislatur 2014-2018 erhoffte er sich, dieses zu beheben, was ihm aber nicht gelang. Danach versuchte er, die ungemütliche Situation auszusitzen, statt den Tatsachen in die Augen zu sehen.

Für mich ist klar: eine solche Finanzpolitik ist nicht zu verantworten. Also ist die jetzt vorgenommene Steuererhöhung verbunden mit den getätigten Einsparungen mit Augenmass die einzig richtige Antwort. Oder sollen die Schulden noch mehr zunehmen zu Lasten der kommenden Generation?

Die SVP täubälät hingegen weiter und verbreitet Unwahrheiten; daher:

Der grosse Faktencheck

Die SVP behauptet: Entwicklung Zeughaus Fr. 10 Mio. über Budget.

Fakt ist: Der Gemeinderat legte für die Investitionen ins Zeughausareal im 2017 eine Zielgrösse von 20 Mio. (ohne Land und Parkierung) zulasten der Stadt fest; der Stadtrat legt zusammen mit dem Projektierungskredit eine Grobkostenschätzung vor, die diesen Zielwert sogar unterschreitet. Von Fr. 10 Mio. über Budget kann keine Rede sein.

Die SVP behauptet: Rückbau Temporärhalle mit «Biodiversität» Fr. 2.4 Mio.

Fakt ist: Der Rückbau kostet Fr. 0,325 Mio., der Rest sind Abschreibungen, die bereits im 2015 mit der fast einstimmigen Zustimmung – auch allen Stimmen der SVP – zum Baukredit beschlossen wurde. Dass die Abschreibung des Restbuchwerts heute das Budget belastet, war also schon damals klar und völlig normal.

Die SVP behauptet: Mehrere Fr. 100'000 für den Ausbau der Tagesstrukturen

Fakt ist: Die schulergänzenden Tagesstrukturen sind der Schlüssel für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf; die Nachfrage dafür ist alleine von 2018 auf 2019 um rund 10 Prozent gestiegen; die Kosten dafür aber nur um 2.5 Prozent. Und zur Erinnerung: Im Jahre 2015 haben 64 Prozent der Stimmberechtigten JA zur Erweiterung der schulergänzenden Tagesstrukturen gesagt.

Die SVP behauptet: Ablehnung Verzicht Behördenentschädigung über Fr. 36'000 für nicht stattgefundene Sitzungen.

Fakt ist: Der Gemeinderat durfte während des Lockdowns nicht tagen. Für diese nicht stattgefundenen Sitzungen wurde auch kein Sitzungsgeld ausbezahlt. Die SVP wollte, dass auch die Grundentschädigung, die unabhängig von der Anzahl Sitzungen ausbezahlt wird, angepasst wird. Dies hätte zur Folge gehabt, dass eine ganze Verordnung hätte geändert werden müssen. Die direkten Kosten dafür wären grösser als die Einsparung gewesen. Dass darauf verzichtet wurde, ist daher nur vernünftig. Viel besser ist es, wenn wir – wie ich das versuche – vor Ort einkaufen und so das lokale Gewerbe unterstützen. 

Die SVP behauptet: Fr. 50'000 für Kunst am Bau beim Neubau Krämeracker

Fakt ist: Richtig, es wurden Fr. 50'000 für Kunst am Bau ausgegeben. Kunst am Bau ist etwas, was weit verbreitet ist. Es gibt einem Bauwerk eine besondere Identität und das Schaffen von Künstlerinnen und Künstlern wird tagtäglich gezeigt und nicht nur in Museen ausgestellt. Zudem: Fr. 50'000 bei einem Kredit von über Fr. 40 Mio. ist für meinen Geschmack sehr knausrig. Eigentlich auch für den Stadtrat: Seine Richtlinien sprechen von 1 Prozent der Bausumme, was hier Fr. 400'000 ausgemacht hätte. Und: Der Baukredit für das Schulhaus wurde unter Budget abgerechnet!

Die SVP behauptet: 6 Mio. Mehrkosten Verwaltung/Personalaufwand seit 2019

Fakt ist: Die SVP vermischt hier verschiedene Begriff und Zahlen, weshalb ich gar nicht genau weiss, auf was sie sich beziehen. Wie auch immer: Uster wächst und damit sind mehr Schülerinnen und Schüler auszubilden oder in der Spitex mehr ältere Leute zu betreuen. Logisch also, dass so der Aufwand wächst. Und richtig: Der Personalaufwand nahm auf dieses Jahr zu, weil die Leistungen der Vereine also! und frjz in die Stadt integriert wurde. Der Personalaufwand nahm zu – die Beiträge an diese Vereine fallen weg. Eigentlich logisch.

Zum Schluss noch Zahlen, um das ganze etwas einordnen zu können: das Budget der Stadt Uster liegt bei über Fr. 250 Mio. und pro Jahr werden etwa Fr. 25 Mio. investiert

Liebe SVP, mit diesem Pamphlet greift ihr den politischen Gegner mit Falschaussagen an. Eine ziemlich schlechte Art von politischer Diskussion. Für mich ist aber klar: Wer so politisiert, scheint nicht bereit, Verantwortung zu übernehmen, Uster ernsthaft vorwärts zu bringen und für die ganze Bevölk

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