«Die Trägerschaft erodiert, das Spital Uster braucht ein neues Fundament»

Karin Niedermann

Am 15. Mai stimmen wir über die Umwandlung des Spitals Uster in eine AG ab – zum zweiten Mal nach 2015. Damals hatte die SP Uster die Umwandlung in eine AG mit Erfolg bekämpft, nun unterstützt sie das Anliegen. Was sich geändert hat, weshalb die Abstimmungsvorlage von 2015 nicht mit der heutigen verglichen werden kann und weshalb die SP Uster heute anders als 2015 die Ja-Parole beschlossen hat, erklärt Karin Niedermann, Gesundheitsfachfrau, Delegierte im Spital-Zweckverband und Ustermer SP-Gemeinderätin im Interview.

«Ohne Umwandlung in eine AG wird das Spital Uster nicht überleben», heisst es. Glaubst Du diesem bedrohlichen Szenario?
Grundsätzlich ist nicht die Rechtsform entscheidend, ob ein Spital überlebt oder nicht. Im speziellen Fall von Uster muss man aber sagen, «Ja, leider, diese Gefahr besteht». Das Spital Uster ist in der Form eines Zweckverbands organisiert, der von  Zweckverbandsgemeinden getragen wird. Mehrere dieser Trägergemeinden haben sich bereits aus dem Zweckverband verabschiedet, weitere haben das im Falle einer Ablehnung der Umwandlung in die AG angekündigt. Das ist darum dramatisch, weil diese aussteigenden Gemeinden ihr Kapital mitnehmen, was die schwierige finanzielle Situation des Spitals weiter verschärft. Kommt hinzu: Beim nächsten Austritt einer Gemeinde würde die Stadt Uster Mehrheitseignerin und damit faktisch «Besitzerin» des Spitals. Das ist aber weder finanziell noch inhaltlich sinnvoll, beeinhaltet dies doch ein hohes finanzielle Risiko für unsere Stadt.
Zurück zu den aussteigenden Gemeinden: Als SP können wir das unsolidarische Verhalten der austretenden Gemeinden kritisieren, verhindern können wir es aber nicht. Und so müssen wir einfach feststellen: Die Trägerschaft des Zweckverbandes erodiert. Und deshalb braucht das Spital jetzt ein neues Fundament.

An der Stelle des bisherigen Zweckverbands soll eine AG entstehen. 2015 hat die SP entschieden und erfolgreich ein solches Ansinnen bekämpft. Was ist heute anders?
Die Ausgangslage ist völlig verändert: Dem Spital Uster ging es damals betriebswirtschaftlich gut, seine Existenz schien ungefährdet. In dieser Situation gab es für die Umwandlung in eine AG für die damalige Spitalleitung einzig das Motiv, sich von demokratischen Fesseln zu befreien und das Spital für private Aktionäre zu öffnen. Bis zu 49 Prozent der Aktien hätten an Privatinvestoren verkauft werden dürfen!  49 Prozent in der Hand einer privaten Spitalkette gegenüber 51 Prozent in der Hand von einem Dutzend Gemeinden – das haben die SP und über 60 Prozent der Abstimmenden durchschaut. Unser Nein war absolut berechtigt.
Auch wenn wir seitens der SP das Primat des Wettbewerbs im Gesundheitswesen zu Recht ablehnen und einer AG im Gesundheitswesen eher kritisch gegenüber stehen, so lässt die oben geschilderte Ausgangslage für das Spital Uster für ein rein ideologisch motiviertes Nein keinen Platz. Mit einem Nein gefährden wir nicht zuletzt wichtige und hochqualifizierte Arbeitsplätze und damit die Sache des Personals.  

Also war der Erfolg von 2015 am Ende für Nichts?
Nein, im Gegenteil. Die Spitalverantwortlichen wussten nun, dass eine «Turbo-Privatisierung» wie 2015 chancenlos wäre. Und so sieht das neue Vertragswerk vor, dass 80 Prozent der Aktien in öffentlicher Hand bleiben müssen, resp. 60 Prozent in der Hand der jetzigen Trägergemeinden. Mit anderen Worten: Die Spitalgemeinden und andere öffentliche Aktionäre haben damit für immer das letzte Wort. Und dass allfällige Gewinne in der künftigen AG nicht an Private ausgeschüttet, sondern ins Unternehmen investiert werden, dafür sorgen weitere Bestimmungen. Das wurde alles nur möglich, weil wir 2015 erfolgreich gegen die damalige Vorlage gekämpft haben.
Wermutstropfen ist, dass es uns nicht gelang, einen Gesamtarbeitsvertrag durchzusetzen. Aber letztlich lässt der Wettbewerbsdruck den Spitälern gar keine andere Wahl, als alles für attraktive Arbeitsbedingungen zu tun und gutes Personal zu investieren.

Hier der Bericht der Mitgliederversammlung, an der die SP Uster die Ja-Parole zur Abstimmungsvorlage beschlossen hat.

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