Gemeinderatssitzung: Kleinstadt-Posse, aber auch erfreuliche Entscheide

Stadthaus Uster

Die zweite Sitzung des neugewählten Gemeinderates hätte zumindest mit dem ersten Sachgeschäft der berühmte Kleinstadt Seldwyla alle Ehre gemacht: Der Rat lehnte nämlich mit ziemlich fadenscheinigen Gründen die Wahl des von der Geschäftsleitung vorgeschlagenen neuen Ratssekretärs ab. Aber es gab auch Erfreuliches: Etwa die Überweisung eines SP-Vorstosses betreffend Schaffung von Zonen für erneuerbare Energien oder die Aussicht, dass der Blockflötenunterricht in naher Zukunft wieder günstiger angeboten werden kann.

Kleinkariertheit und Blockdenken führt im Parlamentsbetrieb immer mal wieder zu dem, was man gemeinhin als «Kleinstadt-Posse» umschreiben kann. Der Ustermer Gemeinderat lieferte dazu an seiner jüngsten Sitzung wiedermal ein Müsterchen. Was war geschehen? Aufgrund der Kündigung der bisherigen Stelleninhaberin war das Ratssekretariat des Gemeinderats neu zu bestellen. Die ausgewogen zusammengesetzte Geschäftsleitung (2 SVP, 1 SP, 1 FDP, 1 Grüner, 1 EVP) beantragte dem Gesamtrat nach durchgeführtem Bewerbungsverfahren und eingehender Prüfung aller Kandidaturen einstimmig (sic!) die Wahl eines bestens qualifizierten Kandidaten mit juristischer Ausbildung, der über langjährige berufliche Erfahrung im öffentlichen Recht verfügt und teilamtlich (40%) als Bezirksrat des Bezirks Zürich tätig ist (was sich mit der 60%-Stelle in Uster bestens vereinbaren liesse). Allerdings: Der Kandidat war in den 1990er Jahren für die Grüne Partei in der Stadt Zürich aktiv und hatte einst als Kläger auch einen Bundesgerichts-Entscheid herbeigeführt, aufgrund dessen der Kanton Zürich sein Wahlverfahren anpassen musste. Diese politische Vorgeschichte des Kandidaten, über die ihre Vertreter in der Geschäftsleitung in voller Kenntnis waren oder hätten sein können, genügte der rechten Ratsseite in den Tagen vor der Ratssitzung zu einer 180 Grad-Kehrtwende. Resultat: Der Kandidat, der zuvor eigentlich mit einer sicheren Wahl hatte rechnen können, wurde namentlich zur Wahl traktandiert, zur Ratssitzung aufgeboten, wo er sich kurz vorstellen konnte und für die Diskussion und Abstimmung aus dem Saal geschickt. Eine hauchdünne rechte Mehrheit von 16:15 Stimmen (bei zwei Enthaltungen) reichte dann aus zur Nichtwahl und damit zur öffentlichen Vorführung des Kandidaten. Auch wenn klar ist, dass wenn immer eine politische Behörde in öffentlicher Wahl über eine Stellenbesetzung entscheidet, eigene Gesetzmässigkeiten gelten, so ist dieses Vorgehen der rechten Ratsseite des Gemeinderats aus personalrechtlicher Sicht höchst problematisch und im Umgang mit dem Stellenbewerber menschlich beschämend. Hoffen wir, dass sich solches nie mehr wiederholt.

Doch es gibt auch Erfreuliches aus der Gemeinderatssitzung zu berichten. Etwa vom Postulat von Lucia Thaler und Seyhan Kâhya: Die beiden SP-Gemeinderatsmitglieder verlangten mit diesem, dass der Stadtrat die Schaffung von Zonen mit erneuerbaren Energien prüft. In einer Volksabstimmung hatte bekanntlich das Zürcher – und das Ustermer – Volk vor nicht allzu langer Zeit mit einer Änderung des kantonalen Planungs- und Baugesetzes den Weg dafür freigemacht. Der Vorstoss wurde vom Rat mit 18:13 Stimmen an den Stadtrat überwiesen.
 
Ebenfalls erfreulich war die Erheblicherklärung einer Motion der GLP. Diese verlangt, dass der Blockflöten-Unterricht wieder für alle bezahlbar sein muss. Seit Beginn des laufenden Schuljahres wird der Blockflötenunterricht nicht mehr von der Primarschule, sondern von der Musikschule Uster Greifensee angeboten. Diese «Sparmassnahme» der Stadt, die von der SP seinerzeit bekämpft worden war, hat aber dazu geführt, dass sich die Kosten für die Eltern praktisch verdoppelt haben, so dass sich nicht mehr alle Familien den Unterricht leisten konnten. Mit dem Vorstoss soll diese «Sparmassnahme» nun wieder rückgängig gemacht werden: Die Motion wurde mit 18:14 Stimmen für erheblich erklärt. Der Stadtrat muss damit die nötigen Gelder – es geht dabei um rund 30'000 Franken – definitiv ins nächste Budget aufnehmen.
 
Weiter hat der Gemeinderat:

  • Einem Kredit der Sekundschulpflege betreffend Erteilung eines Ausführungskredits von 11,5 Mio. Franken für die Erweiterung des Schulhaus Weidli und die Integration Heilpädagogische Schule Uster (HPSU) mit 32:0 Stimmen zugestimmt.
  • Vier Bauabrechnungen einstimmig gutgeheissen.

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