Regierungsratswahlen: Denkwürdige SP-Delegiertenversammlung

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Es war ein ungewöhnliches Vorgehen der kantonalen Geschäftsleitung, die an einer ausserordentlichen Delegiertenversammlung der SP Kanton Zürich die Vertrauensfrage für die beiden aktuellen Regierungsratsmitglieder stellte. Während die Nomination von Jacqueline Fehr praktisch unbestritten war, gab die Nomination von Mario Fehr viel zu reden. Die zahlreichen Voten waren engagiert, teilweise hart, aber stets fair, was der Diskussionskultur der SP einmal mehr ein gutes Zeugnis ausstellte. Am Ende der Versammlung sprachen die Delegierten dann auch Mario Fehr das Vertrauen aus und nominierten ihn für die Wahlen 2019.

An der Delgiertenversammlung im Volkhaus Zürich ergriffen auch zwei Vertreter der SP Uster das Wort, zum einen Sektionspräsident Matthias Stammbach, zum anderen Kantonsrat Stefan Feldmann.

 

Matthias Stammbach

Votum Matthias Stammbach

Liebe Genossinnen und Genossen

Am 1. Mai 2016 war Jacqueline Fehr Haupt-Rednerin am ersten Mai in Uster. Sie hielt eine hervorragende Rede. Am 1. Mai 2017 war Mario Fehr unser Haupt-Redner. Vorgängig teilten gewisse Leute mit, sie würden den Anlass boykottieren. Mario Fehr kam und hielt – wen überrascht es - eine hervorragende Rede. Im Anschluss an die Rede diskutierte er offen mit verschiedenen Leuten, welche die Schliessung der umstrittenen Notunterkunft in Uster forderten. Diese wurde zwischenzeitlich geschlossen. 

Jetzt, am 1. Mai 2018, sprach an gleicher Stelle Cédric Wermuth. Auch er hielt eine hervorragende Rede. Ich wurde gefragt, ob die Einladung an Cédric nun der Ausgleich zu Mario Fehr sei. Meine Antwort: Es geht nicht um Ausgleich. Es geht darum, dass die SP eine sehr breitaufgestellte Partei ist mit verschiedenen Flügeln. Aber alle, ob ganz links oder gemässigt links, alle befinden sich unter einem Dach – dem Dach der SP und das soll weiterhin so sein.

Gerne möchte ich an dieser Stelle noch ergänzen, dass die zur Causa Fehr hochstilisierte Auseinandersetzung nicht nur eine Frage von Links und Rechts sondern auch von Stadt und Land ist. Tatsächlich tickt die SP auf dem Land anders als in der Stadt Zürich, auch wenn wir die gleichen Werte teilen. Und wenn gewisse Forderungen in der Stadt Zürich opportun sind, würde man hierfür auf dem Land Kopfschütteln ernten.

Schliesslich noch ein kleiner Hinweis: Im Rahmen unseres Wahlkampfs 2018 in Uster, bei welchem wir sowohl das Stadtpräsidium als auch zusammen mit den Grünen die Mehrheit im Stadtrat erobern konnten, war Mario Fehr Wahlhelfer. Während praktisch alle anderen VIP's der Partei – abgesehen vom Co-Präsidium – absagten, kam Mario Fehr und betrieb uneigennützig Wahlkampf – Wahlkampf für unsere Kandidatinnen und Kandidaten und die SP. Und zu allerletzt: Der gleiche Mario Fehr liess es sich am 15. April 2018 nicht nehmen, nach Uster zu kommen um Barbara Thalmann, Stefan Feldmann und der SP Uster persönlich zu gratulieren. 

Liebe Genossinnen und Genossen, ich habe Vertrauen in Mario Fehr. Ich wünsche mir, dass wir als Partei zusammenstehen und ihm gemeinsam unser Vertrauen aussprechen. Mario Fehr braucht uns – wir brauchen Mario Fehr! Danke.

 

Stefan Feldmann

Votum Stefan Feldmann

Liebe Genossinnen und Genossen

Ich möchte dort anschliessen, wo Vera Ziswiler [Delegierte der Stadt Zürich, die gegen eine Unterstützung von Mario Fehr gesprochen hatte] aufgehört hat. Auch wir in den kleineren Städten, in der Agglomeration, und auf dem Land haben diesen Frühling einen enagierten Basiswahlkampf geführt, haben mit unserer Basis und unseren Wählerinnen und Wählern gesprochen. Und auch wir hatten mit unserem Wahlkampf Erfolg. Und wenn nun Vera die Frage aufwirft, ob wir es uns noch leisten könnten, Mario Fehr wieder aufzustellen, dann lade ich Euch ein: Kommt in die Agglo, kommt aufs Land, sprecht mit unseren Genossinnen und Genossen, sprecht mit unseren Wählerinnen und Wählern und ihr werdet erkennen, dass wir es uns nicht leisten können, auf Mario zu verzichten.

Die SP ist im Moment in den Gemeinden ausserhalb von Zürich und Winterthur auf der Überholspur: In Illnau-Effretikon haben wir unsere drei Sitze verteidigt, in Uster haben wir erstmals eine rot-grüne Mehrheit im Stadtrat. Unsere Mitglieder sind durch diese Erfolge motiviert. Wenn wir heute abend aber Mario nicht nominieren, ist dieser Drive auf einen Schlag weg, ist die Luft draussen, wie aus einem Lufballon, der ein Loch bekommen hat. Es gäbe eine enorme Demobilisierung. Und das darf nicht sein, wenn wir auch die Wahlen nächstes Jahr gewinnen wollen.

Und noch ein zweiter Punkt. Es gibt das schöne Sprichwort: «Man kann nicht jemanden mit niemandem schlagen.» Und darum hätte ich doch zuerst gerne gewusst – und es reicht mir nicht, liebe Geschäftsleitung, dass wir uns erst jetzt dann mit diesen Fragen beschäftigen sollen – : Was ist denn personell die Alternative? Gibt es eine andere, zweite SP-Kandidatur? Ist das jemand Valables, jemand Bekanntes, allenfalls jemand mit Exekutiverfahrung? Oder gibt es dann in Ermangelung von guten Namen eine Pro-Forma-Kandidatur? Verzichtet die SP allfenfalls auf den zweiten Sitz?

Das alles wissen wir nicht, all das weiss ich nicht. Und so verlangen die Kritiker von Mario Fehr gewissermassen von mir, dass ich jetzt einen eigenen Regierungsrat absägen und einen Sprung ins Unbekannte wagen solle, ohne zu wissen, wo ich am Ende lande.

Dazu bin ich nicht bereit, liebe Genossinnen und Genossen. Und ich hoffe, Ihr auch nicht. Nominiert heute sowohl Mario wie auch Jacqueline. Mit beiden sind wir als Partei breit und gut aufgestellt. Und gemeinsam mit ihnen werden wir, in der Stadt, in der Agglo, auf dem Land die nächsten Wahlen gewinnen. Ich danke Euch!

[Anmerkung: Dieses Votum wurde spontan gehalten und nachträglich aus der Erinnerung niedergeschrieben.]

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