Uster zeigt sich solidarisch mit der Ukraine

Burg Uster in den ukrainischen Farben
Rund 300 Personen haben heute an der von der SP Uster in Zusammenarbeit mit anderen Organisationen und Kirchen organisierten Solidaritätskundgebung mit der Ukraine in Uster teilgenommen. Auf dem Stadthausplatz sprachen Stadtpräsidentin Barbara Thalmann, Nationalrätin Meret Schneider und Sacha Wolkov vom ukrainischen Verein Schweiz. Musikalisch begleitet von David Sautter und Murat Cevik. Der Anlass wurde mit einem Umzug zur blau-gelb beleuchteten Burg und einem ökumenischen Gebet in der reformierten Kirche abgeschlossen. Ein stimmungsvoller Anlass in schwieriger Zeit.

Die Rede von Stadtpräsidentin Barbara Thalmann auf dem Stadthausplatz:

Liebe Ukrainerinnen und Ukrainer,
Liebe Ustermer und Ustermerinnen,
Lieber Sacha Wolkov vom ukrainischen Verein Schweiz
Liebe Nationalrätin Meret Schneider,
Liebe solidarische Mitmenschen

Letzten Herbst wanderten wir auf Korsika in den Bergen von Hütte zu Hütte. Am ersten Abend stiessen wir dabei in einer Hütte auf zwei Männer östlicher Herkunft. Sie hatten die Hütte angenehm warm eingeheizt. Wir waren zu viert – sie kochten, wir kochten.

Mit der Zeit kam man mit Händen, Füssen und wenig Englisch ins Gespräch. Es stellte sich heraus, dass diese beiden Männer Brüder waren und die Berge liebten. Sie erzählten, sie seien einen Tag zuvor in ein fürchterliches Gewitter geraten und sie hätten irgendwo draussen übernachten müssen, es sei sehr kalt gewesen. Sie müssten sich nun wieder aufwärmen und erholen.

Der eine war Psychiater, der andere Ingenieur und – ja – sie kamen aus der Ukraine -   ich weiss nicht woher.

Der Abend war schnell vorbei. Am nächsten Morgen trennten sich unsere Wege. Wir haben uns anschliessend nicht mehr getroffen. Wir werden uns auch nie mehr sehen - ich kenne nicht mal ihre Namen.

Bis letzte Woche kam mir dieses Treffen nicht mehr in den Sinn.

Zwischenzeitlich aber denke ich immer wieder an diese beiden Brüder, Psychiater und Ingenieur: Haben Sie Familie? Sind sie nun im Militär? Leben sie noch? Hilft der eine im Spital aus? Trägt der andere eine Waffe?

Ich weiss es nicht. Ich werde auch keine Antworten erhalten.

Meine Gedanken sind bei diesen beiden Männern– stellvertretend für die ganze Bevölkerung in der Ukraine, die ihr Land gegen die russische Invasion zu verteidigen versuchen.

Wir alle haben wohl alle ähnliche Gefühle!

Erschütterung, Wut, Hoffnung, Forderungen und auch Angst, wie geht es weiter.

Wir sind erschüttert, dass es in Europa Krieg gibt. Ich hätte dies bis vor wenigen Wochen nicht für möglich gehalten.

Wir haben eine grosse Wut auf einen Staatschef und Machthaber wie Putin und seine Schergen.

Wir hoffen, dass wirksame Sanktionen - vor allem gegen die führenden Vertreter des Regimes - dem Krieg gegen die Ukraine ein Ende setzen können.

Wir bekommen es mit der Angst zu tun, wenn wir hören, dass das grösste AKW in der Ukraine angegriffen wurde.

Frieden, Freiheit, Selbstbestimmung – Menschenrechte, die unantastbar sind und das international anerkannte Völkerrecht, das sind unsere gemeinsamen Werte. Diese Werte sind nicht verhandelbar. Dafür müssen wir einstehen und kämpfen.

Wir fordern, dass der russische Präsident und seine Entourage persönlich für ihre Taten in diesem Krieg zur Rechenschaft gezogen werden.

Ich möchte betonen: Ein grosser Teil der russischen Bevölkerung, sehr viele Russinnen und Russen, sind nicht schuld an diesem Krieg. Es ist der Krieg von Putin. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht in eine alte Kalte-Kriegs-Rhetorik verfallen.

Was können wir tun?

Durch solche Aktionen wie heute, durch gelebte Solidarität, wie wir sie in vielen Städten auf der Welt und der Schweiz erleben, können wir einen Beitrag leisten.

Diese Botschaft wird – so hoffe ich - auch in der Ukraine wahrgenommen und gibt den Menschen dort, die kämpfen, leiden, verharren Mut und das Gefühl, nicht ganz alleine zu sein.

Wir stehen zusammen und solidarisieren uns. Und miteinander sind wir auch nicht hilflos, weil wir gemeinsam etwas bewirken können.

Vor sechs Jahren hat die Stadt Uster Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen. Sie kamen in grosser Not, alleine, in Familien und viele sehr traumatisiert.

Die Solidarität damals war überwältigend. Es formierten sich Hunderte von Freiwilligen, die Wohnungen anboten, Deutsch unterrichteten, den Flüchtlingen Unterstützung anboten. In der Schule fanden die Flüchtlingskinder engagierte Lehrkräfte, welche sich mit ausserordentlichem Einsatz für die betroffenen Kinder einsetzten.

Wir haben damals gezeigt, dass wir bereit sind, Menschen in Not aufzunehmen. Wir sind es auch heute!

Ich bin überzeugt, dass es für die Stadt Uster und für unsere Bevölkerung selbstverständlich ist, unseren Beitrag zu leisten.

Ich bin überzeugt, dass auch dieses Mal viele Freiwillige mit grosser Unterstützung bereitstehen. Sie werden den geflüchteten Menschen aus der Ukraine beistehen, ihnen die Hand reichen und helfen.

Wir werden für Unterkünfte, Wohnungen, Nahrung, Kleider und Medikamente sorgen. Wir werden den Menschen Schutz anbieten und versuchen, ihnen etwas Sicherheit in ihrer grössten Ungewissheit zu geben.

Wir verurteilen Putins Krieg lautstark und mit Vehemenz. Wir wollen keinen Krieg, hier nicht, in der Ukraine nicht und auf der ganzen Welt nicht.

Zwischen uns und Kiew liegen drei Landesgrenzen und rund 2000 Kilometer. Während wir uns hier vor dem Stadthaus Uster zusammenfinden, wird in Teilen der Ukraine erbittert ums Überleben gekämpft.

Denken wir an die Menschen, welche mit Angst in U-Bahnstationen auf den nächsten Bombeneinschlag warten, denken wir an die mittlerweile weit über eine Million Menschen, welche auf der Flucht sind und nicht wissen, wo sie morgen übernachten sollen. Denken wir an auch die Menschen, die kämpfen, die verletzt wurden oder die sterben mussten.

Ich danke Ihnen fürs Kommen und Zuhören.

 

Video von Dölf Duttweiler

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