Vorstösse der SP Uster im Gemeinderat

23. September 2003

Baurecht

Anfrage von Peter Mathis

Die Boden- und Wohnbaupolitik Usters lässt eine strategische Ausrichtung vermissen. Da Boden ein unvermehrbares Gut ist, soll eine nachhaltige Bewirtschaftung die Ressourcen langfristig sichern und eine gesunde Entwicklung im Wohnungsbau garantieren. Die Stadt Uster kann dies nur steuern über eine klar definierte Landbewirtschaftungspolitik, zu welcher auch das Instrument des Baurechts gezählt werden kann.

  1. In welchem Umfang hat die Stadt Uster Land im Baurecht abgegeben?
  2. An wen ist dieses Baurecht vergeben worden?
  3. Welche Bedingungen sind in diesen Baurechten zu erfüllen?
  4. Welche Einnahmen sind aus diesen Baurechten zu erwarten?
  5. Worin unterscheiden sich ein Verkauf von Bauland und Abgabe im Baurecht bezüglich Finanzen (wir bitten um einen beispielhaften rechnerischen Vergleich zwischen Verkauf und Abgabe im Baurecht über die gesamte Dauer des Baurechts), Einflussmöglichkeiten, zukünftigem Handlungsspielraum und allenfalls weiteren relevanten Aspekten aus Sicht der öffentlichen Hand?

 

Der Stadtrat beantwortet die Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Die Stadt Uster hat zur Zeit 32 laufende Baurechtsverträge mit einer Gesamtfläche von rund 68'000 m2.

Zu Frage 2: Die Baurechtsverträge sind wie folgt aufgeteilt, wobei die Erträge auf dem aktuellen Zinssatz von 3.25 % für 1. Hypotheken der ZKB basieren:

7 Industrie- und Gewerbebauten Total m2 17’577 Total Fr. 139'409
7 Jugend- und Sport Total m2 22’185 Total Fr. 22'185
2 Alterssiedlungen Total m2 6’913 Unentgeltlich
5 Baugenossenschaften / Stiftung Total m2 18’199 Total Fr. 222'874
11 Private (Stockwerkeigentümer) Total m2 3’524 Total Fr. 19'643
32 Total Total m2 68’398 Total Fr. 404’111

Zu Frage 3: Die Baurechtsdauer der abgeschlossenen Verträge beträgt 30 Jahre im Gewerbebereich und in der Regel 70 bis 80 Jahre bei genossenschaftlichen Wohnbauten. Der Landwert ist jeweils zum Zinssatz für 1. Hypotheken der ZKB für Wohnbauten zu verzinsen. Der Landwert wird alle 10 Jahre angepasst. Die Anpassung darf jedoch nicht höher sein als die Zehnjahresteuerung des Landesindexes für Konsumentenpreise. Bedingungen zum Heimfall und Spezialregelungen für Vereine werden in den nachfolgenden Antworten beschrieben.

Zu Frage 4: Die Einnahmen der Baurechtszinsen belaufen sich auf rund 400'000 Franken pro Jahr. Details zu den Erträgen können der Antwort zu Frage 2 entnommen werden.
Bei Vereinsliegenschaften beträgt der jährlich zu bezahlende Baurechtszins gemäss den Richtlinien zur Unterstützung der Ustermer Vereine und ihrer Tätigkeit Fr. 1.00 pro Quadratmeter. Vor der Abgabe von Land im Baurecht muss das auf dem Land zu realisierende Projekt von den dafür zuständigen Behörden bewilligt und die Finanzierung gesichert sein.

Zu Frage 5: Bei der Abgabe von Land im Baurecht stellt sich für die Stadt Uster die Frage, wie sie nach Ablauf des Baurechts die heimfallende Baute nutzt. Aus diesem Grund verlangt die Stadt im Hinblick auf den Heimfall wo möglich den Abbruch des Gebäudes und die Rückgabe des Grundstückes im ursprünglichen Zustand oder vereinbart eine Heimfallsentschädigung zwischen 50 – 80 % des Gebäudewertes. Bei Abgabe von Land im Baurecht sind folgende Vor- und Nachteile abzuwägen:

Aus der Sicht des Baurechtsbelasteten (Stadt Uster)
a) Vorteile
- Möglichkeit der Einflussnahme (z.B. Vertragsdauer, eventuell Nutzung, Baurechtszinsgestaltung)
- Jährlich wiederkehrende Baurechtszinseinnahmen, welche der laufenden Rechnung gutge-schrieben werden
- Konjunkturelle Anpassung der Einnahmen durch Landwertanpassung , z.B. alle 10 Jahre an die Teuerung
- Gesetzliches Vorkaufsrecht
- Einflussnahme bei der Bemessung des Landwertes (eventuell reduzierte Landwerte für Wohnbauförderung)
- Kann nach Ablauf des Baurechts wieder über das Areal verfügen
b) Nachteile
- Kapital bleibt im Grundstück gebunden / Finanzierung von Investitionen durch den Verkauf des Grundstückes ist nicht möglich
- Baurechtsverträge sind sehr schwerfällige Vertragswerke mit beschränkten Anpassungsmöglichkeiten (Landwert alle 10 Jahre) während einer Baurechtsdauer von 30 bis 80 Jahren
- Risiko Eingang Baurechtszins / Solvenz des Baurechtsberechtigten muss permanent überwacht werden
- Risiko von Altlasten beim Heimfall verursacht durch den Baurechtsberechtigten / Risiko einer Bauruine bei der Bauphase oder dem Heimfall
- Grosser Verwaltungsaufwand

Aus der Sicht des Baurechtsberechtigten
a) Vorteile
- Günstiger Anfangszins bei reduziertem Landwert
- Beschränkter Kapitaleinsatz / Keine Kapitalbeschaffung für das Grundstück
- Gesetzliches Vorkaufsrecht
b) Nachteile
- Steigender Baurechtszins infolge Teuerungsanpassung
- Zurückhaltende Finanzierung der Banken
- Erschwerte Verkäuflichkeit
- Amortisation notwendig (Heimfallsregelung)

Nachfolgend wird ein beispielhafter Vergleich zwischen einem Verkauf und einer Abgabe von Land im Baurecht dargestellt. Aus folgenden Gründen ist ein rechnerischer Vergleich jedoch schwierig und mit vielen Annahmen behaftet:
- Bei der Berechnung wurde zur besseren Vergleichbarkeit als Berechnungsgrundlage sowohl beim Verkauf als auch bei der Abgabe des Landes im Baurecht ein Zinssatz von 4.5% ein-gesetzt, welcher dem Durchschnittszinssatz für 1. Hypotheken ZKB für Wohnbauten der letzten 10 Jahre entspricht. Der Durchschnittszinssatz der langfristigen Schulden der Stadt Uster bewegt sich langfristig etwa im Rahmen des Durchschnittszinssatzes für 1. Hypotheken der ZKB. Es wird davon ausgegangen, dass mit dem Verkaufserlös Schulden zurückbezahlt werden können oder keine langfristigen Schulden aufgenommen werden müssen. Wie sich die Zinsen (1. Hypothek ZKB und langfristige Schulden Stadt Uster) in Zukunft entwickeln, kann nicht abgeschätzt werden.
- Die meisten Baurechtsverträge wurden nach 1970 abgeschlossen und sind sehr langfristig. Wie sich der für die Teuerungsanpassung massgebende Landesindex der Konsumentenpreise in Zukunft entwickelt, kann nicht abgeschätzt werden.

Variante A Verkauf mit einfacher Verzinsung des Kapitals von 4,5 %
1’000 m2 à Fr. 600.00 = Fr. 600'000.00

einfacher Zins für 30 Jahre
Fr. 27'000.00 x 30 = Fr. 810'000.00

Total nach 30 Jahren Fr. 1'410'000.00


Variante B Baurecht mit Teuerungsanpassung alle 10 Jahre mit einem um Fr. 200.00/m2 reduzierten Landwert im Sinne von Wohnbauförderung
1-10 Jahre 1’000 m2 à Fr. 400.00 = Fr. 400'000.00
Indexstand 1.00 Zins 4.5 % ZKB 1. Hyp. % x 10 = Fr. 180'000.00

11-20 Jahre 1’000 m2 à Fr. 480.00 = Fr. 480'000.00
Indexstand 1.20 Zins 4.5 % x 10 = Fr. 216'000.00

21-30 Jahre 1’000 m2 à Fr. 576.00 = Fr. 576'000.00
Indexstand 1.44 Zins 4.5 % x 10 = Fr. 259'200.00

Total Zins über 30 Jahre * Fr. 655'200.00

* Zusätzlich neue Verfügbarkeit über 1'000 m2 Land zum zukünftigen Landwert

Schlussfolgerungen des Stadtrates
Die in den letzten 20 Jahren vereinbarten Baurechtsverträge dienten vorwiegend der Wohnbauförderung (Unterstützung von Genossenschaften / Realisierung von Alters- und Wohnbausiedlungen) und der Unterstützung von Vereinen für die Realisierung von Bauten im Sport- und Jugendbereich.
Die Abgabe von Land im Baurecht wird auch in Zukunft im oben erwähnten Sinne geprüft. Im Bereich Gewerbe- und Industrieland gibt der Stadtrat einem Verkauf der Grundstücke aus folgenden Gründen den Vorzug:

  • Mit dem Verkaufserlös können die hohen Investitionen der nächsten Jahre teilweise finan-ziert werden. Es muss entsprechend weniger Fremdkapital beschafft werden.
  • Der Stadtrat strebt mit dem Verkauf von Gewerbe- und Industrieland die Ansiedlung von zukunftsorientierten Arbeitsplätzen an.
  • Die Entwicklung eines Baurechtsvertragspartners im Gewerbe- und Industriebereich in den nächsten 50 Jahren ist nicht absehbar. Die Zinseinnahmen sind damit nicht abgesichert.
  • Eine anderweitige Nutzung eines Übernahmeobjektes ist sehr eingeschränkt.
  • Die Übernahme eines verkommenen Gebäudes oder eines mit Altlasten belasteten Grundstückes kann unabsehbare Kosten zur Folge haben.

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