Vorstösse der SP Uster im Gemeinderat

25. Juni 2005

Landverkauf Loren/Betreutes Wohnen

Interpellation von Christian Wüthrich

Am 7. Juni konnte man den Medien entnehmen, dass der Stadtrat einen Landverkauf in der Loren für eine drei Generationen-Siedlung abgelehnt hat. Geplant waren, 24 behindertengerechte Alterswohnungen (barrierefreies Wohnen) und insgesamt 78 Plätze für betreutes Wohnen und stationäre Pflege.

Neben der Begründung der mangelnden Zonenkonformität hat der Stadtrat seine Ablehnung auch mit hohen Folgekosten im sozialen Bereich, sowie mit mangelndem Bedürfnis für Pflegeplätze in den nächsten 5 bis 8 Jahren begründet.
Im Alterskonzept der Stadt Uster aus dem Jahre 2002 wird unter anderem folgendes stipuliert:

  • Private Initiativen im Wohnbereich sollen unterstützt und gefördert werden.
  • Die Erprobung und Weiterentwicklung von neuen Wohn- und Pflegeformen (dezentral und in Heimen) werden unterstützt.

Wenn ich auch den Entscheid des Stadtrates nachvollziehen kann, drängen sich trotzdem einige wichtige dringend zu beantwortende Fragen auf:

  1. Worauf basieren die Berechnungen für das oben genannte Projekt mit Folgekosten im sozialen Bereich bis zu 600'000 SFr.?
  2. Was gedenkt der Stadtrat zu unternehmen, dass eine Gemeinde, die behinderten und altersgerechten Wohnungsbau unterstützt, nicht mit mehr Sozialkosten zu rechnen hat?
  3. Wurde die Fachkommission betreutes Wohnen mit der Fragestellung Loren konfrontiert? Wenn nein, warum nicht?
  4. Worauf basiert die Bedarfsberechnung und welche Resultate hat diese für die nächsten 5 bis 8 Jahre ergeben? Wie sehen diese Resultate für die Zukunft 10, 15, und 20 Jahre aus? Von welchen Bedürfnissen je Pflegebedürftigem Menschen geht man aus? (Minimalstandart 16, 18, 20, 25 oder mehr Quadratmeter, je BewohnerInnen ohne oder mit eigener Nasszelle.
  5. Von Einbettzimmer oder Zweibettzimmer oder Mehrbettzimmer?
  6. Wird die kurzfristige Reduktion des Angebotes durch den Umbau bei den Heimen Im Grund berücksichtigt? (Weg vom Vierbett Zimmer)
  7. Welche Modelle für Wohnen und Pflege favorisiert der Stadtrat? (Drei Stufenmodell, Ausbau von Spitex, dezentrale Pflegewohngruppen, oder Andere)
  8. ist der Stadtrat bereit, die jeweils notwendigen Mittel frühzeitig in die Investitionsplanung aufzunehmen?

 

Der Stadtrat beantwortet die Interpellation wie folgt:

Zu Frage 1: Es waren 52 Pflegebetten im stationären Bereich und 26 Pflegebetten im Bereich Betreutes Wohnen geplant gewesen. Nach der Abteilung Gesundheit ist der Bedarf an neuen Pflegeplätzen in der Stadt und Region Uster in den nächsten Jahren bei Weitem nicht so gross.

Die Abteilung Soziales ist deshalb davon ausgegangen, dass im Pflegebereich 40% der Pflegebetten von Personen belegt werden, die einen Zusatzleistungsanspruch ZL von je ca. Fr. 34'000/ pro Jahr auslösen. Bei den Pflegebetten im Bereich betreutes Wohnen wurde mit einem Viertel der Bewoh-ner/innen, welche neu mit einem ZL-Anspruch von je ca. Fr. 15'000/Jahr haben, gerechnet.

Im Bereich barrierefreies Wohnen liegt die Schätzung bei 30% bzw. 7 Wohnungen, deren Bewohner/innen einen ZL-Anspruch von je ca. Fr. 15'000/Jahr und im Bereich Familien-Wohnungen wurde mit 2 von 12 Wohnungen gerechnet, welche neu je einen Anspruch von je ca. Fr. 30'000/Jahr auslösen, welche die Stadt Uster zu tragen hat.

Zusammengerechnet ergibt dies einen Betrag von brutto rund Fr. 920'000/Jahr, welche die Stadt Uster neu an Zusatzleistungen auszurichten hätte. Nach Abzug der Subventionen von Bund und Kanton, müsste bei Zutreffen aller Annahmen mit einer Nettobelastung für die Stadt Uster von ca. Fr. 600'000/Jahr gerechnet werden.

Alle Zahlen basieren auf aktuellen Alltagserfahrungen. Konkrete Statistiken liegen keine vor, welche dafür herangezogen werden können.

Zu Frage 2: Zuständig für Zusatzleistungen oder Sozialhilfe ist in der Regel diejenige Gemeinde, in der die Anspruch stellende Person ihren gesetzlichen Wohnsitz hat. Ausnahme von dieser Regelung bildete bis vor Kurzem nur der Eintritt in ein Heim. Es war allgemeines Rechtsverständnis, dass jemand, der in ein Heim zog, am Ort des Heimes keinen neuen gesetzlichen Wohnsitz begründen konnte. Der Kanton Zürich hat dies für die Zusatzleistungen in einem kantonalen Gesetz festgeschrieben. Interkantonal ist die Praxis vom Bundesgericht umgestossen worden. Gemäss diesem Entscheid kann eine Person, welche nicht im Kanton Zürich wohnhaft ist, ihren Wohnsitz neu in der Stadt Uster begründen, wenn sie in ein Heim in Uster umzieht.

Dem Stadtrat stehen bezüglich dieser Entwicklung relativ bescheidene Mittel zur Einflussnahme zur Verfügung. Gefragt sind Lösungsvorschläge auf Bundesebene.

Der behinderten und altersgerechte Wohnungsbau für die Einwohner/innen der Stadt Uster soll auch künftig gemäss dem aktuellen Bedarf mit geeigneten Mitteln weiterhin gefördert und sichergestellt werden. Dabei wird vorwiegend auf die kantonalen Planungsdaten abgestützt. Selbstverständlich hat die Stadt Uster auch die dafür anfallenden Sozialkosten zu tragen. Der Stadtrat ist aber nicht bereit, den Bau von zusätzlichen Angeboten zu unterstützen, welche nicht dem eigenen Bedarf entsprechen.

Zu Frage 3: Das Thema wurde nicht an der Fachkommission diskutiert, es wurde jedoch darüber informiert. Begründung:

  • Thema war erst der Landerwerb an sich, noch nicht die Planung und Realisierung von Pflege- und Wohnplätzen für betagte respektiv pflegebedürftige Menschen. Hätte der Stadtrat dem Landkauf zugestimmt, wäre das Thema umgehend in die Fachkommission aufgenommen worden.
  • Federführend in dieser Sache war das Geschäftsfeld Liegenschaften, das Geschäftsfeld Betreutes Wohnen wurde in ihrem Wirkungsgebiet zur Stellungnahme eingeladen.

Zu Frage 4: Die Bedarfsberechnung basiert auf 2 Ebenen: einerseits auf die Berechnungszahlen der Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich, andererseits auf die Studien von Valérie Hugentobler und François Höpflinger, diese sind im Buch: „Pflegebedürftigkeit in der Schweiz – Prognosen und Szenarien für das 21. Jahrhundert“. (Ausgabe 2003) zusammengefasst. Zur Zeit wird der Bettenbedarf in der Langzeitpflege im Kanton Zürich durch die Gesundheitsdirektion neu berechnet. Wie bereits in der Stellungnahme zum Loren-Projekt beschrieben, kann davon ausgegangen werden, dass im Zürcher Oberland plus – minus genügend Betten vorhanden sind.

Die nächsten 5 – 8 Jahre ergeben keine markanten Veränderungen im Bedarf an Pflegeplätzen. Dies trotz der demografischen Zahlen, die belegen, dass die Bevölkerung generell älter wird. Die Menschen bleiben generell auch länger gesund. Im Durchschnitt benötigen sie für die zwei letzten Lebensjahre Unterstützung und vermehrte stationäre respektiv ambulante Pflege.

Die Entwicklung der nächsten 10 bis 20 Jahre hängt von einigen Rahmenbedingungen und äusseren Einflussgrössen ab. Dazu gehören:

  • Wirtschaftliches Umfeld
  • Verbleib oder Ausreise von Migratinnen und Migranten nach den Pensionierung
  • Entwicklung in der medizinischen Forschung
  • Persönliche Bedürfnisse der betroffenen Menschen
  • Veränderung in der sozialen Lebensstrukturen
  • Entwicklung der Berufsausbildungen im Pflege- und Betreuungsbereich

Zu Frage 5: Bei der Planung und Realisierung von Pflegeplätzen in den Heimen der Stadt Uster wurden in den letzten Jahren folgende Angebote favorisiert:

  • Mix von 1- und 2-Bett-Zimmern mit Nasszellen
  • Einbettzimmer: 18 m2 exkl. Nasszelle
  • Zweibettzimmer: 25 m2 exkl. Nasszelle
  • Keine Mehrbettzimmer

Die Kriterien, welche zur Auswahl dieses Angebots führten, waren:

  • Bedarf gemäss Erfahrungswerten (auch andere Gemeinden)
  • Subventionsrichtlinien des Kantons Zürich
  • Finanzielle Möglichkeiten der Stadt Uster

Zu Frage 6: Für die Ueberbrückung der Zeit der Sanierung des Krankenheims Im Grund wird eine Lösung ge-sucht werden in der Form eines Wohn-Provisoriums, möglicherweise analog Dietenrain 2000 – 2002 (Provisorium auf dem Areal).

Während der Umbauzeit im Krankenheim wird ein genügendes Angebot bereitstehen, möglicher-weise in Zusammenarbeit anderer Institutionen und mit den umliegenden Gemeinden.

Zu Frage 7: Um eine bedarfsgerechte Pflege und Betreuung, ebenso adäquate Wohnmöglichkeiten für die ältere Bevölkerung und für die pflegebedürftigen Menschen in der Wohngemeinde Uster sicher zu stellen, benötigt es einen guten Mix von verschiedenen Angeboten. Diese müssen dem effektiven Bedarf entsprechen. In Uster bestehen folgende Angebote:

  • Alterswohnsiedlungen der Genossenschaften Kreuz, Rehbühl, Sonnental und Post, wo die Stadt Uster teilweise Einsitz im Vorstand hat, und die von der Stadt finanzielle Unterstützungsbeiträge für ihre Investitionen erhalten haben.
  • Gutes und umfassendes Angebot der Spitex.
  • Die beiden Pflegezentren Im Grund und Dietenrain mit ihren zentral angebotenen Dienstleistungen für bis schwer pflegebedürftige Menschen bleiben unbestritten.
  • In Ergänzung dazu dezentrale Pflegewohngruppen, Altersheim und Wohnheim.
  • Private Angebote, wie sie heute bereits vorhanden sind (Tertianum, weitere).
  • Gute gegenseitige Vernetzung von allen Angeboten (besteht in der Trägerkonferenz).
  • Rollende, breit abgestützte Planung (Fachkommission Betreutes Wohnen).

Zu Frage 8: Diese Anliegen werden aufgenommen unter der Berücksichtigung von folgenden Kriterien:

  • Ausgewiesener Bedarf (mit umfassender und präziser Begründung)
  • Gesamtstädtische Prioritätensetzung
  • Finanzielle Machbarkeit
  • Langfristiger Bedarf (bei grösseren Investitionskosten)

Neben den eigentlichen Investitionskosten gilt es auch, die betrieblichen Folgekosten sowie Kapitalfolgekosten (Zinsen und Abschreibungen) angemessen zu berücksichtigen und in die Überlegungen mit einzubeziehen. Ob ein entsprechendes Projekt realisiert wird, liegt schlussendlich in der Hand der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger.

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