Vorstösse der SP Uster im Gemeinderat

09. April 2008

Interkommunale Zusammenarbeit

Interpellation von Balthasar Thalmann

Der Regierungsrat des Kantons Zürich hat im Rahmen des Massnahmenplanes 2006 u.a. Strukturreformen als mögliche Entlastungsmassnahme definiert. Er hat darauf gestützt den Handlungsbedarf für Strukturveränderungen geklärt und von Ende 2007 bis Mitte März dieses Jahres ein Vernehmlassungsverfahren für die erarbeiteten 24 Leitsätze für eine Reform der Gemeindestrukturen durchgeführt. Sie betreffen die drei Handlungsfelder:

  • Gebietsreform der politischen Gemeinden;
  • Strukturreform der Schulgemeinden;
  • Reformansatz Interkommunalkonferenz.

Im Zusammenhang mit interkommunaler Zusammenarbeit schreibt der Stadtrat in seinem Leitbild: «Die Stadt Uster nutzt mit ihren Nachbargemeinden sinnvolle Synergien auf allen Gebieten.» Eine Konkretisierung dieses Grundsatzes lässt sich in der «Strategie und Gesamtplan der Stadt Uster» an zwei Stellen finden. Gemäss Schwerpunkt 1 seien die Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden zu prüfen und unter Schwerpunkt 10 wird festgehalten «Neuorganisation der regionalen Planungsgruppe Zürcher Oberland (PZO) und Auswirkungen in der Raumplanung, dem Verkehr und der Wirtschaftsförderung für Uster feststellen und Handlungsbedarf festlegen».

Interkommunale Zusammenarbeit kann im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Organisation (z.B. Zweckverband), einer privatrechtlichen Organisation (z.B. Verein) oder mittels Anschlussverträgen geregelt werden. Durch eine gemeinsame gemeindeübergreifende Aufgabenerfüllung können Kosten gesenkt und Leistungsstandards erhöht werden. Gleichzeitig besteht aber die Gefahr, dass dies zu einer räumlichen und sachlichen Zersplitterung der Aufgabenbereiche führt und dadurch eine kohärente und effiziente Führung erschwert wird. Inwieweit und in welcher Art die interkommunale Zusammenarbeit gefördert werden soll, muss die Stadt Uster daher immer sorgfältig prüfen. Für Uster besteht jedoch auch ein grosses Potenzial, dass durch interkommunale Zusammenarbeit in Uster Dienstleistungen auch langfristig angeboten werden können, welche schliesslich Usters Funktion als Stadt mit weitreichender Ausstrahlung stärken. Dies hat insbesondere dann einen grossen Einfluss für Uster, wenn hier auch die entsprechenden Institutionen angesiedelt werden. Die Frage der interkommunalen Zusammenarbeit stellt sich v.a. in den Bereichen Raumplanung, Verkehrsplanung, Sicherheit, Gesundheit aber auch bei spezialisierten Sozialleistungen oder allgemeinen Dienstleistungen der Verwaltung.

In diesem Zusammenhang frage ich den Stadtrat an:

  1. In welchen Zweckverbänden, Vereinen etc. zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben im engeren oder weiteren Sinne wirkt die Stadt Uster mit? Wie beurteilt der Stadtrat die jeweiligen Einflussmöglichkeiten?
  2. Ist in absehbarer Zeit mit grösseren Veränderungen in diesen Organisationen zu rechnen? Falls ja, wie sieht der Stadtrat in Zukunft die Rolle Usters in diesen Organisationen?
  3. Wie weit haben die Zweckverbände, in welchen die Stadt Uster mitwirkt, die Vorgaben der Kantonsverfassung bezüglich Initiativ- und Referendumsrecht bereits geregelt (KV Art. 93 Abs. 2 und 144)?
  4. Wie beurteilt der Stadtrat die Möglichkeit, dass durch eine verstärkte interkommunale Zusammenarbeit in der Stadt Uster hochwertige Dienstleistungen angeboten werden könnten, welche die Funktion der Stadt Uster als drittgrösste Stadt im Kanton Zürich stärken?
  5. Wie arbeitet der Stadtrat derzeit mit den direkten Nachbargemeinden zusammen? Hat der Stadtrat eine Strategie definiert, wie er in Zukunft die Zusammenarbeit mit den Nachbargemeinden und in Zweckverbänden etc. gestalten möchte? Sind die Ustermer VertreterInnen im Kantonsrat über die Absichten des Stadtrates informiert, damit sie sich dort gezielt für die Interessen von Uster einsetzen können?
  6. Stehen in Uster in absehbarer Zeit Reformen von politischen Gebietskörperschaften (Gemeinden, Bezirk) oder Schulgemeinden zur Diskussion?

 

Der Stadtrat beantwortet die Interpellation wie folgt:

zu Frage 1: Siehe Beilage (Spalte 1)

zu Frage 2: Siehe Beilage (Spalte 2)

zu Frage 3: Gemäss Art. 93 Abs. 1 der neuen Kantonsverfassung (KV, in Kraft seit 1. Januar 2006) sind die Zweckverbände demokratisch zu organisieren. Die Volksrechte in der Gemeinde gelten sinngemäss auch für Zweckverbände, wobei das Initiativrecht und Referendumsrecht den Stimmberechtigten im gesamten Verbandsgebiet zustehen (Art. 93 Abs. 2 KV). Laut Übergangsbestimmungen haben die Zweckverbände diese Rechte bis Ende 2009 in ihren Verbandsstatuten zu regeln (Art. 144 KV). Bis zu dieser Anpassung gilt für Abstimmungen in Zweckverbänden die bisherige Rechts- und Statutenordnung.

Die Stadt Uster ist Mitglied in den folgenden vier Zweckverbänden:

  • Planungsgruppe Zürcher Oberland (PZO)
  • Zweckverband Kehrichtverwertung Zürcher Oberland (KEZO)
  • Zweckverband Spital Uster
  • Schulgesundheitspflege Uster-Greifensee

Die Statuten der vier Zweckverbände beinhalten im Moment noch keine den Anforderungen der Kantonsverfassung genügende Regelung des Initiativ- und Referendumsrechts. In allen vier Zweckverbänden werden aber entsprechende Statutenrevisionen erarbeitet bzw. sind teilweise durch die zweckverbandsinternen Organe bereits beschlossen worden. Sie werden im Jahr 2009 in Kraft treten. Siehe dazu auch Beilage (Spalte 3)

zu Frage 4: Die Anforderungen an die Gemeinden sind stark gewachsen. Vor allem kleinere Gemeinden stossen vermehrt an die Leistungsgrenzen. Um die Zukunftsfähigkeit kleiner Zürcher Gemeinden zu sichern, braucht es einfachere und leistungsfähigere Gebietsstrukturen und eine verstärkte interkommunale Zusammenarbeit. Der Stadtrat ist deshalb der Auffassung, dass die interkommunale Zusammenarbeit weiter auszubauen sei. Dienstleistungen könnten professioneller und effizienter angeboten werden. Das Angebot von interkommunalen Dienstleistungen führt aber auch zu eher weniger bürgernahen bzw. anonymeren Dienstleistungen. Als drittgrösste Stadt des Kantons Zürich kann Uster in der Region das Know-how zur Verfügung stellen. Die aktuellen Infrastrukturen und Ressourcen würden jedoch für eine verstärkte interkommunale Zusammenarbeit nicht ausreichen.

Kleinräumige Strukturen schaffen Identität und Raum für differenzierte Problembewältigung. Dieser Sachverhalt verhindert schnelle Lösungen in der interkommunalen Zusammenarbeit. Voraussetzung für eine kundenfreundliche interkommunale Zusammenarbeit ist auch, dass der Bund E-Government auf ein gutes Fundament bezüglich Datenschutz und Rechtssicherheit stellt (z. B. elektronische Unterschrift). Die Bürgerinnen und Bürger müssen per E-Government auf interkommunale Dienstleistungen Zugriff erhalten, damit Anfahrtswege vermieden werden können.

Zurzeit besteht in der Schweiz ein Trend zur Erprobung neuer regionaler Zusammenarbeitsformen. Rund 20 Prozent der Schweizer Gemeinden befassen sich aktuell mit einem konkreten Projekt. Der Druck auf kleine und kleinste Gemeinden wird in den nächsten Jahren aufgrund der zu erwartenden soziodemografischen und finanzpolitischen Entwicklung einerseits und der ständig wachsenden Ansprüche an staatlichen Dienstleistungen andererseits zunehmen.

In jüngster Zeit wurde im Zusammenhang mit der Strukturthematik wiederholt die Auffassung vertreten, Gemeinden, deren Einwohnerzahl einen bestimmten Wert unterschreite, seien nicht überlebensfähig und müssten fusioniert werden. Die Bestimmungen der optimalen Grösse einer Gemeinde ist ein komplexes und vielschichtiges Unterfangen. Die Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner für sich alleine stellt aber kein taugliches Kriterium für einen Fusionsentscheid dar. Eine suboptimale Gemeindegrösse kann aber Anlass für eine Fusion und interkommunale Zusammenarbeit sein. Wenn die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben in einer Gemeinde nach Effektivitäts- und Effizienzkriterien unbefriedigend ist, stellt sich immer auch die Frage, ob die Aufgabenerfüllung nicht besser in einer Form der interkommunalen Zusammenarbeit (Zweckverbände, Anschlussverträge) oder durch einen externen Träger (Kontrakte) erfolgen soll. Interkommunale Zusammenarbeit und Auslagerungen (Kontrakte) führen aber teilweise auch zu einer Reduktion der politischen Einflussnahme durch die demokratisch gewählten Behörden.

Die Zürcher Gemeinden stehen vor einer Reihe von Herausforderungen. Damit sie diese bewältigen können, braucht es einfachere und leistungsfähigere Gebietsstrukturen. Dieses Ziel kann erreicht wer-den, wenn Gemeinden sich zusammenschliessen. Derzeit zählen 63 der insgesamt 171 Gemeinden weniger als 2000 Einwohnerinnen und Einwohner. Gemäss Regierungsrat des Kantons Zürich soll die Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden vereinfacht und wirksamer gestaltet werden. Er spricht sich für eine Reform der Gemeindestrukturen und somit für eine wirksamere und vereinfachte Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden aus. Der Regierungsrat hat deshalb dazu zwölf Leitsätze für eine Reform der Gemeindestrukturen verabschiedet. Er hat die Leitsätze zur Reform der Gemeindestrukturen am 7. November 2007 zuhanden der Vernehmlassung verabschiedet. Die eingegangenen Stellungnahmen sind im Mai 2008 ausgewertet worden. Die Vernehmlassung hat zu einer Überarbeitung der Leitsätze geführt. Dabei wurde der Reformfokus erweitert.

Gebietsreformen sollen nicht nur für kleine Gemeinden, sondern auch für die grösseren Gemeinden und Städte in den Agglomerationen eine Option sein.

Leitsätze des Regierungsrates des Kantons Zürich für eine Reform der Gemeindestrukturen

Allgemeine Leitsätze

  1. Der Kanton braucht leistungsfähige Gemeinden, die ihre Aufgaben optimal wahrnehmen können und die ihren Einwohnerinnen und Einwohnern ein hohes Mass an Mitwirkung und Identifikation gewähren.
  2. Für die Gemeindeentwicklung sind die Gemeinden verantwortlich. Massnahmen des Kantons im Bereich der Gemeindeentwicklung erfolgen reformbegleitend und -unterstützend.
  3. Der Kanton koordiniert Massnahmen mit Auswirkungen auf die Gemeinden und die interkommunale Zusammenarbeit inhaltlich und zeitlich.

Leitsätze für eine Gebietsreform der politischen Gemeinden

  1. Mit Gemeindevereinigungen sollen die Handlungsfähigkeit der Gemeinden und die Mitwirkungsrechte der Stimmberechtigten erhalten und gestärkt werden.
  2. Gemeindevereinigungen sollen die Gemeinden im ländlichen Raum stärken und überdies einen Beitrag zur koordinierten Entwicklung in den Gemeinden und Städten der Agglomerationen leisten.
  3. Die neu gebildeten Gemeinden sollen in räumlicher Hinsicht eine Einheit bilden, den Anforderungen der Raumplanung gerecht werden und sich an bestehenden Zusammenarbeitsstrukturen orientieren. Die Bedürfnisse der Nachbargemeinden und die Interessen des Kantons sind angemessen zu berücksichtigen.
  4. Der Kanton unterstützt aktiv die Vereinigung von politischen Gemeinden und setzt entsprechende Anreize.

Leitsätze für Strukturreformen der Schulgemeinden

  1. Mit der Vereinigung von Schulgemeinden soll ein qualitativ hochstehendes Bildungsangebot gewährleistet werden.
  2. Mit dem Zusammenschluss von politischen Gemeinden und Schulgemeinden zu Einheitsgemeinden sollen Strukturen vereinfacht und die Leitung der Gemeinde vereinheitlicht werden.
  3. Strukturreformen der Schulgemeinden sollen zwischen politischen Gemeinden und Schulgemeinden abgesprochen werden, um zukunftstaugliche Gemeindestrukturen zu ermöglichen.

Leitsätze für die interkommunale Zusammenarbeit

  1. Die Zusammenarbeit unter Gemeinden soll auch in Zukunft einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung der kommunalen Aufgaben leisten. Dabei sind den Stimmberechtigten demokratische Mitwirkungsrechte einzuräumen.
  2. Die interkommunale Zusammenarbeit soll vereinfacht werden. Insbesondere sollen bestehende interkommunale Aufgabenträger nach Möglichkeit zusammengefasst werden. Überdies sollen neue Modelle der Zusammenarbeit auf regionaler Ebene erprobt werden.

Fazit: Der Stadtrat steht hinter den Leitsätzen des Regierungsrates und ist klar der Meinung, dass durch interkommunale Zusammenarbeit die Dienstleistungen der Gemeinden verbessert, effizienter und somit kostengünstiger erbracht werden können. Ob eine interkommunale Zusammenarbeit für die Erbringung einer bestimmten Dienstleistung erfolgen soll, muss jedoch individuell abgeklärt werden. Nur so kann die Erreichung der geforderten Zielsetzungen garantiert werden. Berücksichtigt werden muss auch, dass mögliche Partner für eine interkommunale Zusammenarbeit überzeugt werden müssen. Dies ist aufgrund möglichen Identitätsverlustes für die Gemeinden und Verlust von differenzierten Lösungen politisch nicht einfach zu bewältigen. Hier braucht es grosse Unterstützung auf politischer Ebene, sei es durch das Ustermer Parlament, durch die Behörden möglicher Vertragsgemeinden und nicht zuletzt durch die Regierung des Kantons Zürich und die Bevölkerung. Eine Verstärkung der interkommunalen Zusammenarbeit würde im Wesentlichen die Region rund um Uster stärken und weniger die Stadt als solche.

zu Frage 5: Einerseits verweisen wir auf unsere Antwort zur Frage 1, andererseits dürfen wir feststellen, dass die Nachbargemeinden der Zusammenarbeit mit Uster positiv gegenüberstehen. Dies zeigen die verschiedensten Zusammenschlüsse. Stadträtinnen und Stadträte, Gemeinderätinnen und Gemeinderäte sowie Kaderleute der Verwaltung treffen sich an verschiedensten Meetings zum Erfahrungs- und Gedankenaustausch. Dieser Austausch ist sehr wertvoll und trägt zur Effizienzsteigerung unserer Arbeit bei. Die Zusammenarbeit wird als durchwegs konstruktiv, partnerschaftlich und zweckmässig eingestuft. Die Planung regionaler Anliegen muss zukünftig gezielter erfolgen. Die PZO strebt eine Statutenrevision an, die der Stadtrat jedoch aus verschiedenen Gründen ablehnt. Die künftige Rolle hängt vom weiteren Verlauf und dem Ergebnis der Statutenrevision (Delegiertenversammlung vom 29. Januar 2009) ab. Mit Greifensee konnte erst kürzlich der Betreibungskreis Uster-Greifensee vereinbart werden. Die Dienstleistungen der Betreibungsämter Greifensee und Uster werden somit ab 2010 – vorbehältlich der regierungsrätlichen Genehmigung – gemeinsam in Uster angeboten.

Der Stadtrat hat sich das strategische Ziel gesetzt, kurze, schnelle Entscheidungswege und eine kundenfreundliche Verwaltung mit hoher Dienstleistungsbereitschaft als wichtige weiche Standortfaktoren voranzutreiben. Als Massnahme wurde festgelegt, die Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden zu prüfen. Dies erfolgt laufend. In erster Linie verfolgt er den Zusammenschluss der Schulgemeinden mit der politischen Gemeinde zu einer Einheitsgemeinde. Hier ist aber die Kooperation der Schulgemeinden oder ein klarer Auftrag des Parlaments erforderlich. Mit den Nachbargemeinden soll im Wesentlichen die interkommunale Zusammenarbeit – also die Zusammenlegung von geeigneten Dienstleistungen – immer wieder geprüft werden (aktuell: Betreibungsämter).

In verschiedensten Gesprächen und Zusammenkünften mit unseren Kantonsrätinnen und Kantonsräten dürfen wir unsere Interessen vertreten und diesen Nachdruck verleihen. Unser Strategiepapier wurde öffentlich kommuniziert.

zu Frage 6: Reformen von politischen Gebietskörperschaften (Gemeinden, Bezirk) stehen aktuell nicht zur Diskussion. Der Zusammenschluss der Sekundarschulgemeinde Uster mit der politischen Gemeinde Uster (inklusive Primarschule Uster) zu einer Einheitsgemeinde scheiterte zu Beginn dieses Jahres am Widerstand der Sekundarschule Uster. Der Stadtrat ist nach wie vor vom Nutzen eines Zusammenschlusses überzeugt. Für die Wiederaufnahme des Prozesses müsste der Gemeinderat Impulse geben.

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