Vorstösse der SP Uster im Gemeinderat

01. November 2008

Anfrage Mitwirkung bei Projekten im öffentlichen Raum

Anfrage von Balthasar Thalmann

Die Gestaltung des öffentlichen Raums, also von Plätzen und Strassen ist für eine Stadt wie Uster zweifelsohne eine äusserst wichtige Visitenkarte. Das Interesse an diesem Thema in der Bevölkerung zeigte sich auch in der grossen Anzahl Teilnehmer bei der Eröffnung des Stadtparks und der Gerichtsstrasse vor wenigen Wochen. So wichtig die Gestaltung des öffentlichen Raumes auch ist, so herausfordernd ist es, den verschiedenen Ansprüchen und Anforderungen gerecht zu werden. Interessen wie Sicherheit der Verkehrsteilnehmenden, die Benutzerfreundlichkeit gegenüber Behinderten, ein verhältnismässiger Aufwand für den betrieblichen Unterhalt oder die Nutzungsansprüche der AnwohnerInnen und Gewerbetreibenden stehen manchmal diametral gegenüber. Mit dem Abschluss der Arbeiten im Stadtpark, an der Gerichtsstrasse, an der Industriestrasse, an der Stationsstrasse und an der Brunnenstrasse liegen nun einige Projekte vor, wo diese Interessensgegensätze bestimmt auch Thema waren. Ich wurde in letzter Zeit öfter deswegen angesprochen, beispielsweise ob die angebrachten Regenrinnen an der Gerichtstrasse behindertengerecht seien oder ob an der Brunnenstrasse die Sicherheit für Velofahrende gegeben sei.

In diesem Zusammenhang frage ich den Stadtrat an:

  1. Wie beurteilt der Stadtrat generell die Herausforderungen und die teilweise widersprüchlichen Forderungen bei Projekten im öffentlichen Raum? Sind in den letzten Jahren immer wieder ähnliche Probleme aufgetaucht? Wenn ja, welche?
  2. Inwieweit beeinflussen übergeordnete Vorgaben wie Behindertengleichstellung, Verkehrssicherheitsanforderungen oder Umweltschutznormen die Gestaltung des öffentlichen Raums? Wendet die Stadt Uster zur Erfüllung dieser Vorgaben „Standardlösungen“ an oder sind von Fall zu Fall neue Lösungsansätze zu entwickeln?
  3. Wie stellt der Stadtrat sicher, dass die verschiedenen Anspruchsgruppen frühzeitig ihre Anliegen einbringen können? Wie fliessen diese in die Projektierung ein? Gedenkt der Stadtrat den Einbezug von Interessengruppen neu zu organisieren?
  4. Nimmt die Stadt Uster bei Projekten im öffentlichen Raum Beratungsleistungen von Fachstellen des Kantons, des Bundes oder von privaten Organisationen in Anspruch? In welcher Form?

Besten Dank für die Beantwortung der Fragen.

 

Der Stadtrat beantwortet die Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Die Gestaltung und Entwicklung des öffentlichen Raums stellt in der Tat hohe Ansprüche und zählt mit zu den besonderen Herausforderungen in der Erfüllung der Leistungen im Dienst der Öffentlichkeit. Anlass dazu gibt die zunehmende Bedeutung des öffentlichen Raumes. Der gestiegene Nutzungs-, Mobilitäts- und Kommerzialisierungsdruck verlangt nach strategischen Zielen und Massnahmen, die als Grundlage für die weitere Planung und Realisierung dienen. Zu den Problemen – von sich teilweise widersprechenden Forderungen – zählt jedoch nicht nur der gewachsene Nutzungsdruck, sondern auch das Interesse an der Gestaltung des urbanen Raumes. Die beteiligten Fachstellen innerhalb der Verwaltung als auch die betroffenen Kreise aus der Bevölkerung und Wirtschaft wollen ihre Interessen und Anliegen im öffentlichen Raum stärker zur Geltung bringen. Schliesslich wird die Qualität des öffentlichen Raumes auch als Standortfaktor erkannt. Attraktive Freiräume mit hoher Aufenthaltsqualität im urbanen Kontext leisten einen grossen Beitrag zur hohen Wohn- und Lebensqualität, die im Leitbild der Stadt Uster zitiert wird. Von der Bevölkerung, den ansässigen Unternehmen als auch von Besuchenden werden diese Räume genutzt, geschätzt und kritisch beurteilt. Damit wird die Gestaltungsqualität des öffentlichen Raumes auch immer mehr zum erfolgskritischen Faktor im Standortwettbewerb.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass sich die erwähnten Probleme ähnlich sind, jedoch stets in unterschiedlicher Ausprägung und Konstellation in den verschiedenen Projekten auftreten.

Zu Frage 2: Beispiele zeigen, dass sich die Anliegen unterschiedlicher Interessengruppen teilweise widersprechen und in der Ausgestaltung des öffentlichen Raumes zu Konflikten führen. Vor diesem Hintergrund ist entscheidend, dass zur Entwicklung und Gestaltung des öffentlichen Raumes – insbesondere im urbanen Zentrum – klare Zielvorstellungen vorliegen. Der Stadtrat hat dazu, basierend auf dem Leitbild, mit den strategischen Massnahmen die grundlegenden Stossrichtungen festgelegt. Wir lesen diesbezüglich, dass durch die spezifische Gestaltung des öffentlichen Raumes die Sicherheit erhöht werden soll und die Abwicklung des Verkehrs zu einer attraktiven Wohn- und Lebensqualität beiträgt. Für die in der Anfrage betroffenen Strassen und Plätze wurden diese Vorgaben im Rahmen der Postulatsantwort Nr. 516 vom 10. Juli 2007 (Schaffung einer Fussgängerzone in Usters Zentrum) und dem Antrag Nr. 136 vom 28. August 2007 an den Gemeinderat betreffend Betriebs- und Gestaltungskonzept des öffentlichen und privaten Verkehrs im erweiterten Zentrum, konkretisiert. Sind diese Grundsatzentscheide hinsichtlich der Verkehrsführung, der Art der Nutzung und der Charakterisierung des öffentlichen Raumes (z. B. Tempo 30, Begegnungszone, Fussgängerzone) gefällt, stehen verschiedene Normen und Richtlinien zur Verfügung, um die gesteckten Ziele zu erreichen. Ausgewählte Grundlagen seien hier stellvertretend erwähnt:

  • Leitbild öffentlicher Raum; Grundlageordner (SRB Nr. 382 vom 7. 9. 2004)
  • Normen des Schweizerischen Verbands der Strassen- und Verkehrsfachleute (VSS)
  • Checkliste Behindertenanliegen im öffentlichen Raum der Abteilung Bau vom Mai 2000
  • BfU-Richtlinien
  • Strassengesetz des Kantons Zürich

Insofern wendet die Stadt Uster keine Standardlösungen an, sondern sucht im Rahmen eines Entwicklungsprozesses nach Lösungen, die den projektspezifischen Anforderungen und Zielvorgaben gerecht werden.

Zu Frage 3: Das Strassengesetz des Kantons Zürich sieht im Projektablauf vor, dass die Mitwirkung der Bevölkerung gewährt wird. Daran hält der Stadtrat fest und gibt vor, dass die betroffenen Grundeigentümer und Gewerbetreibenden im Entwicklungs- und Realisierungsprozess adäquat einbezogen werden. Am Beispiel der Brunnenstrasse wurden dazu folgende Veranstaltungen durchgeführt:

  • Erste Orientierungsveranstaltung mit den betroffenen Grundeigentümern und Anstössern
  • Begehungen vor Ort zur Bedürfnisaufnahme
  • Projektpräsentation
  • Zweite Orientierungsveranstaltung
  • Startsitzung zur Realisierung
  • Gespräche vor Ort im Zusammenhang mit dem Bauablauf
  • Aussprache am runden Tisch zur Verkehrssicherheit und Behindertenanliegen
  • Begehungen vor Ort mit Vertretern von Behindertenorganisationen

Daneben fand im Rahmen der Projektierungsarbeit ein intensiver Kontakt mit dem verantwortlichen Projektingenieur statt. Hinzu kommen Gespräche mit Vertretern der Stadt- und Kantonspolizei sowie Fachexperten von Bund (BfU) und Kanton (Planung und Projektierung). Schliesslich nimmt das Projekt auch Bezug zu Anliegen, die aus bestehenden Kontakten verschiedener Interessengruppen bestehen (vgl. Antwort unter Punkt 4).

Die Sanierung und Umgestaltung an der Gerichtsstrasse findet mit einer Auszeichnung eine besondere Würdigung. Mit Schreiben vom 8. Januar 2009 wurde die Stadt Uster zur Preisverleihung «Flâneur d’Or 2008» – Fussverkehrspreis Infrastruktur am 24. Februar 2009 nach Baden eingeladen. Unter bundesrätlichem Patronat wurde aus 41 eingereichten Projekten die Stadt Uster mit dem Projekt «Urbanität an der Gerichtsstrasse» für eine Auszeichnung ausgewählt. Die Jury hat sich im Rahmen der Beurteilung an folgenden Kriterien orientiert:

  • Attraktivität der Verbindung bzw. des öffentlichen Raumes
  • Sicherheit und Komfort für die Zufussgehenden
  • Modellcharakter: Übertragbarkeit auf andere Gemeinden und Orte
  • Innovation: visionär, ideenreich, unkonventionell, ästhetisch
  • Vorgehensweise: Engagement der Beteiligten, Mut, Hartnäckigkeit, Einbezug der Bevölkerung
  • Finanzen: Effizienz bezüglich der eingesetzten Mittel; Verhältnis zwischen Aufwand und Gewinn an Sicherheit und Attraktivität

Diese Anerkennung gibt dem Stadtrat die Gewissheit, dass die verschiedenen Interessengruppen gebührend berücksichtigt werden. Vor diesem Hintergrund bleibt es weiterhin ein Anliegen, dass sich die Organisation zur Mitwirkung stets auf die aktuellen Bedürfnisse bezieht und damit die notwendige Effizienz und Effektivität erhalten bleibt.

Zu Frage 4: Bei Projekten zur Sanierung und Umgestaltung des öffentlichen Raumes – wie sie in der Anfrage erwähnt werden – erteilt die Stadt Uster Aufträge an private Ingenieur- und Planungsunternehmen. Die beauftragten Unternehmen erfüllen ihre Aufträge im Wissen um die entsprechend geltenden Gesetze, Normen und Richtlinien. Die Stadt Uster behält sich vor, darüber hinaus auch Beratungsdienstleistungen von Fachstellen des Bundes, Kantons und privaten Organisationen in Anspruch zu nehmen. Insbesondere im Umfeld der Behindertenorganisationen unterhält die Stadt Uster einen regelmässigen Kontakt zu folgenden Organisationen:

  • Arbeitsgruppe für Behindertenfragen Uster ABU, Uster
  • Behindertenkonferenz Kanton Zürich, Zürich
  • Schweizerische Fachstelle für behindertengerechtes Bauen, Zürich
  • Schweizerischer Blindenbund; Beratungs- und Rehabilitationsstelle Zürich, Zürich

Schliesslich werden auch immer wieder schriftliche Anfragen bei der BfU – Beratungsstelle für Unfallverhütung gestellt, die zu spezifischen Fragen beratend Auskunft erteilen.

Zurück