Vorstösse der SP Uster im Gemeinderat

04. Juni 2011

Krokodil – Ängste oder Neugier weckend? Oder ist letztlich doch alles dem Flugplatz Dübendorf unterzuordnen?

Anfrage von Balthasar Thalmann

Der Stadtrat hat mit einer Mitteilung am 20. April 2011 seine Haltung zum Raumkonzept Schweiz, seine Anträge zur Gesamtüberprüfung des kantonalen Richtplans sowie eine Stellungnahme zur Vision für die Raumentwicklung im Glattal der Architektengruppe „Krokodil“ dargelegt. Daraus geht hervor, dass der Stadtrat sich für die Erweiterung des Siedlungsgebiets in den Gebieten Nänikon-Mattenacher und Müliholz einsetzt. Zudem sei er bereit, die Thematik des „Krokodils“ – d.h. u.a. eine verdichtete Bauweise, die gegenüber heute Massstabssprünge bedeuten würde - über die Gemeindegrenzen mit allen Interessierten zu vertiefen.

Eine räumliche Entwicklung, wie vom Stadtrat angestrebt, würde das Erscheinungsbild der Stadt Uster wesentlich verändern. Sollten diese Bestrebungen einst tatsächlich realisiert werden können, muss dieses Thema frühzeitig öffentlich diskutiert werden. Die Stadtentwicklungsgespräche und die politische Diskussion in Uster haben sich in den vergangenen Jahren auf das Zeughausareal, auf das Zentrum oder auf einzelne Brennpunkte entlang der roten, gelben oder blauen Achse des sogenannten Städtebauprogramms konzentriert. Eine Diskussion in die weitere Zukunft fehlt.

Nicht zuletzt kommt hinzu, dass die laufenden Abklärungen des Bundes über die aviatische Zukunft des Flugplatzes Dübendorf dazu führen könnten, dass in wesentlichen Teilen des Glattals die angdachten Entwicklungen aufgrund der Fluglärmbelastungen gar nicht realisiert werden könnten. Zu bemerken gilt weiter, dass der Stadtrat gemäss Mitteilung vom 9. November 2010 insbesondere Südanflüge auf den Flughafen Zürich als Beeinträchtigung der Lebensqualität in Uster betrachtet hat.

In diesem Zusammenhang frage ich den Stadtrat an:

  1. Für welche Siedlungsgebietserweiterungen setzt sich der Stadtrat konkret im Rahmen der laufenden Gesamtüberprüfung des kantonalen Richtplans ein? Wie begründet er seine Haltung und was erhofft er sich daraus für die Entwicklung von Uster?
  2. Wie gedenkt der Stadtrat die Visionen des „Krokodils“ zu vertiefen? Laufen hierzu schon konkrete Arbeiten oder sind solche in Vorbereitung? Wer sind die Projektpartner?
  3. Verfolgt der Stadtrat die Absicht, gestützt auf die beabsichtigten Siedlungsgebietserweiterungen und die Siedlungsentwicklung nach innen den kommunalen Richtplan oder das Städtebauprogramm zu überarbeiten?
  4. Wie möchte der Stadtrat seine räumlichen Entwicklungsabsichten mit dem Parlament und der breiten Öffentlichkeit diskutieren?
  5. Wie beurteilt der Stadtrat die allfällige Absicht des Bundes, auf dem Flugplatz Dübendorf weiterhin militär- oder zivilaviatische Nutzungen zu betreiben? Teilt der Stadtrat die Meinung, dass die Lebensqualität in Uster durch eine aviatische Nutzung des Flugplatzes Dübendorf deutlich mehr beeinträchtigt würde als dies derzeit durch die morgendlichen und abendlichen Süd- bzw. Ostanflüge auf den Flughafen Zürich geschieht?
  6. Inwieweit möchte sich der Stadtrat auch aktiv gegen aviatische Nutzungen des Flugplatzes Dübendorf einsetzen; dies im Hinblick auf mögliche Einschränkungen der gewünschten räumlichen Entwicklungen im Glattal und auf neue Fluglärmbelastungen in Uster?

Besten Dank für die Beantwortung.

 

Der Stadtrat beantwortet die Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Im Rahmen der Gesamtüberprüfung des kantonalen Richtplanes hegte das mit der Bearbeitung beauftragte Amt für Raumentwicklung die Absicht, die im noch rechtskräftigen Plan bezeichneten Bauentwicklungsgebiete Grossriet/Matten in Nänikon und die Gebiete Moosacker und Müliholz neu als Landwirtschaftsgebiet zu bezeichnen. Dadurch wäre die zurzeit prosperierende Entwicklung unserer Stadt massiv eingeschränkt worden. In verschiedenen Phasen sprach sich der Stadtrat gegen diese restriktiven Vorgaben des kantonalen Amtes für Raumentwicklung aus. Im Rahmen der Anhörung konnte der Stadtrat Uster kleinere Teilerfolge erzielen, so z. B. im Gebiet Moosacker.

Beim Gebiet Grossriet/Matten in Nänikon handelt es sich um das grösste Bauentwicklungsgebiet der Stadt Uster. Es liegt im Nahbereich der S-Bahn-Station Nänikon-Greifensee und weist eine Fläche von über 28 Hektaren auf. Groberschlossen wird dieses Gebiet durch die geplante «Neue Greifenseestrasse», welche Bestandteil des regionalen Verkehrsrichtplanes ist. Auch beim Müliholz, welches direkt an der Autobahn liegt, ist der Stadtrat der Ansicht, dass dieses nicht dem Landwirtschaftsgebiet, sondern dem Siedlungsgebiet zugewiesen werden sollte. Es handelt sich hier um das letzte noch entwicklungsfähige Arbeitsplatzgebiet von regionaler Bedeutung in der Stadt Uster und ist dank dem durch die Stadt Uster mitfinanzierten Kreisel Pfäffikerstrasse optimal an das übergeordnete Strassennetz angebunden. Durch die bestehende Autobahn erfährt diese Arbeitsplatzzone eine sinnvolle und klare Abgrenzung. Der Stadtrat hofft sehr, dass diese im Rahmen der öffentlichen Auflage nochmals eingebrachten Einwendungen, nämlich Bezeichnung des gesamten Gebietes Grossriet/Matten und Müliholz als Siedlungsgebiet, beim Amt für Raumentwicklung das entsprechende Gehör finden.

Zu Frage 2: Über die Idee der Vision «Krokodil» liess sich der Stadtrat direkt durch die Verfasser informieren. Sie entspricht im Gebiet Grossriet in Nänikon sowie im innerstädtischen kantonalen Zentrumsgebiet den Vorstellungen der Stadt Uster. Hier besteht ein anerkanntes Verdichtungspotenzial. Konkrete Siedlungsentwürfe für das Gebiet Grossriet wurden im Rahmen der Arbeitsgruppe der beiden betroffenen Regionalplanungsgruppen RZO (Region Zürcher Oberland) und ZPG (Zürcher Planungsgruppe Glattal) entwickelt und zusammen mit den Nachbargemeinden Volketswil, Greifensee und Schwerzenbach diskutiert. Was das Zentrum betrifft, werden im Rahmen der laufenden Testplanung Zentrum Zeughaus Dichteüberlegungen ausgelotet. Daran beteiligt sich neben den Architekten EM2N Architekten AG, Zürich, Martin Spühler Architekten AG, Zürich, auch Architekten der Gruppe «Krokodil».

Zu Frage 3: Eine Überarbeitung des kommunalen Richtplanes steht zurzeit noch nicht auf der Traktandenliste. Vorerst kämpft der Stadtrat für einen zweckmässigen kantonalen Richtplan, welcher die Bedürfnisse und die Zentrumsgunst unserer Stadt angemessen berücksichtigt. In der Folge geht es darum, das regionale Raumordnungskonzept zu verabschieden und die regionalen Richtpläne den neuen Gegebenheiten anzupassen. Im Rahmen dieser Diskussion müssen Dichtevorgaben oder Ausschlussgebiete für Hochhäuser diskutiert werden. Erst wenn die kantonalen und regionalen Richtpläne rechtskräftig sind, kann die Anpassung der kommunalen Pläne ins Auge gefasst werden. Was das Städtebauprogramm (gelbe Achse-Zentrum) betrifft, ist der Stadtrat bereits aktiv im Rahmen der nun laufenden Testplanung an der Arbeit.

Zu Frage 4: Im Rahmen der übergeordneten Planungsarbeiten sind natürlich die Bevölkerung von Uster und auch der Gemeinderat zur aktiven Teilnahme aufgerufen. Dies erfolgt im Rahmen des Mitwirkungsverfahrens. Ganz aktuell lag der kantonale Richtplan bis Mitte April 2011 öffentlich auf. Dabei hatte jedermann die Möglichkeit, Einwendungen einzureichen. Auch dem Gemeinderat Uster oder der Fachkommission Planung und Bau stand es offen, sich zu diesem Planinhalt zu äussern. Ein Ansturm bei der Aktenauflage konnte indes nicht festgestellt werden. Es ist aber möglich, dass viele Einwohnende von der Möglichkeit, direkt Einwendungen elektronisch zu erbringen, Gebrauch machten. Was die Zentrumsentwicklung betrifft, so wurden die Bevölkerung und Vertreter des Gemeinderates an das Stadtentwicklungsgespräch vom 18. Juni 2011 zur aktiven Teilnahme eingeladen. Von dieser Möglichkeit wurde denn auch rege Gebrauch gemacht. Das Programm wurde von Vertretern der Gemeinderatsfraktionen gutgeheissen. Der Gesamtrat wird sich nach den Sommerferien mit der Thematik auf der Basis einer Weisung noch vertiefter befassen müssen.

Zu Frage 5: Der Stadtrat teilt die Meinung, dass eine militärisch-zivile Mischnutzung des Flugplatzes Dübendorf die Lebensqualität in Uster massiv beeinträchtigen würde. Er spricht sich daher – in Übereinstimmung mit dem Regierungsrat des Kantons Zürich – gegen eine weitere aviatische Nutzung aus.

Nach Auffassung des Regierungsrates wird mit einem Flugbetrieb auf dem Flugplatz Dübendorf das volkswirtschaftliche Potenzial des Flugplatzareals nicht ausgeschöpft. Es entgehen insbesondere Möglichkeiten, das Areal anderweitig hochwertig zu nutzen, eine Aufwertung der angrenzenden Entwicklungsgebiete in den Standortgemeinden zu unterstützen sowie neben dem überbauten Teil einen Grossteil des Areals der Bevölkerung als Erholungsraum zur Verfügung zu stellen. Die rund 300 Arbeitsplätze eines Werkflugplatzes stehen volkswirtschaftlich in Konkurrenz zu 5000 potenziellen Arbeitsplätzen, die durch hochwertige Nutzungen (z. B. Gesundheit, Forschung, Innovation) auf dem Flugplatzareal Dübendorf angesiedelt werden könnten. Der Stadtrat von Uster schliesst sich dieser Beurteilung durch den Regierungsrat an.

Zu Frage 6: Der Stadtrat spricht sich zwar entschieden gegen eine aviatische Nutzung des Flugplatzes Dübendorf aus, sieht jedoch im jetzigen Zeitpunkt keinen Bedarf, aktiv gegen eine solche Nutzung zu opponieren. Vorerst gilt es, die Entwicklung genau zu beobachten und mit den kantonalen und kommunalen Behörden einen intensiven Informationsaustausch zu pflegen. Dies wird durch die Einsitznahme des Stadtpräsidenten im Steuerungsausschuss des Lärmforums Süd, sowie den intensiven Kontakt mit der Stadt Dübendorf sichergestellt. Sollte der Bundesrat – wider Erwarten – eine allfällige aviatische Nutzung des Flughafens Dübendorf ernsthaft prüfen, würde sich der Stadtrat mit den anderen Gemeinden und dem Kanton gegen eine zusätzliche Belärmung der Ustermer Bevölkerung zur Wehr setzen.

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