Vorstösse der SP Uster im Gemeinderat

29. März 2012

Ausbildungsplätze für Fachfrauen/männer Gesundheit

Interpellation von Julia Amherd

Das Schweizerische Gesundheitsobservatorium nennt in seinem Bericht aus dem Jahr 2009 „Wie viele Health Professionals braucht das Schweizer Gesundheitssystem bis 2030“ die Ursachen für den Personalbedarf: Ersetzen der Abgänge infolge Pensionierung (2/3 des notwendigen Personals braucht es um diejenigen zu ersetzen, welche das Rentenalter erreichen), die Abwanderung qualifizierter Arbeitskräfte in andere Branchen und die Steigerung der Nachfrage wegen eines erhöhten Versorgungsbedarfs in der Bevölkerung. Eine der Massnahmen aus dem Massnahmenpaket des Berichtes ist, dass die Ausbildungen auf den künftigen Bedarf auszurichten seien. Soll das Niveau der heutigen pflegerischen Versorgung beibehalten werden, müssen im Gesundheitswesen bis ins Jahr 2030 zwischen 120`000 und 190`000 Personen rekrutiert werden.

Die mediale Beachtung dieses Mangels nimmt allmählich an Bedeutung zu. Ein Beitrag der Tagesschau vom 16.1.2012 berichtete von einem neu lancierten Manifest welches fordert, dass die Schweiz ihre Verantwortung gegenüber dem globalen Mangel an Gesundheitspersonal wahrnimmt und selber mehr Gesundheitspersonal ausbildet.

In diesem Zusammenhang frage ich den Stadtrat an:

  1. Wie viele Fachfrauen / Fachmänner Gesundheit befinden sich aktuell (2012) in den Heimen der Stadt Uster und der Spitex Uster in Ausbildung?
  2. Was ist der Grund, dass noch keine Ausbildungsplätze für Pflegefachpersonen auf Stufe HF / FH in den Heimen der Stadt Uster und in der Spitex Uster vorhanden sind?
  3. Wann gedenkt der Stadtrat diesen Umstand zu ändern?
  4. Wie ist der Prozentsatz Auszubildender FaGe und Pflegefachpersonen HF / FH im Vergleich zu ähnlich grossen Institutionen im Kanton Zürich?
  5. Welche Voraussetzungen braucht es, damit mehr Ausbildungsplätze auf Stufe FaGe und HF / FH geschaffen werden können?
  6. Wie gedenkt der Stadtrat in Zukunft genügend qualifiziertes Pflegepersonal zu rekrutieren?

 

Der Stadtrat beantwortet die Interpellation wie folgt:

Vorbemerkung

Die Interpellantin macht mit ihrer Anfrage auf ein Problem aufmerksam, das die Heim- und Spitexbetriebe der Stadt Uster seit langem beschäftigt. Der Mangel an ausgebildetem Gesundheitspersonal führt bereits heute zu Schwierigkeiten bei der Personalakquisition; diese werden sich in Zukunft noch verschärfen. Die Schaffung neuer Ausbildungsplätze ist ein Erfordernis, das die Abteilung Gesundheit bereits früh aufgenommen hat. Dieser Aufbau muss indessen auf die betrieblichen Möglichkeiten abgestimmt sein und kann deshalb nur schrittweise erfolgen.

Die Bereitstellung von genügend Ausbildungsplätzen ist eine von verschiedenen Massnahmen, den Personalbestand in der Pflege auch in Zukunft sichern zu können. Nebst modernen Rekrutierungsmethoden, attraktiven Arbeitsbedingungen und einem positiven Arbeitgeberimage, ist jedoch auch das Zusammenspiel zwischen dem bestehenden höher qualifizierten und dem geringer qualifizierten Personal ein wichtiger Bestandteil der Personalpolitik. Dabei geht es aus der betrieblichen Optik zunächst um die Ausrichtung der Qualifikationen auf den effektiven Bedarf. Aufgrund der sich stetig erhöhenden Arbeitsanforderungen müssen die Betriebe jedoch auch Möglichkeiten der Weiterqualifikation schaffen und geeignete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dazu motivieren, sich fort- und weiterzubilden. Die Ausbildungslandschaft im Pflegebereich bietet aufgrund seiner Durchlässigkeit und Anschlussmöglichkeiten zahlreiche Aus- und Weiterbildungschancen, die es zu nutzen gilt.

Ein sinnvolle berufliche Grundbildung (Lehre) bilden auf Sekundarstufe II die Ausbildungen zu Fachfrau/ Fachmann Gesundheit (FaGe) und zu Fachfrau/Fachmann Betreuung (FaBe). Sie können direkt nach der Oberstufe begonnen werden und schliessen mit einem Eidgenössischen Fähigkeitszeugnis EFZ ab. Dabei gilt es hervorzuheben, dass auch Erwachsene diese Ausbildung machen können, indem sie sie auf zwei verschiedenen Möglichkeiten nachholen: entweder über die Validierung (Bilanzierung) von Bildungsleistungen oder über das Qualifikationsverfahren mit Lehrabschlussprüfungen LAP. Beide Wege können im Rahmen eines regulären Anstellungsverhältnisses begangen werden und benötigen keinen Lehrvertrag. Dieses Verfahren macht es möglich, erfahrene und wert-volle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für Funktionen mit erweiterten Kompetenzen und mehr Verantwortung zu qualifizieren.

Auf der Tertiärstufe gibt es die Möglichkeiten von höheren Berufsbildungen an den Höheren Fachschulen HF, wie etwa zu diplomierten Pflegefachfrauen/-männern HF, oder eine Fachhochschulbildung FH. Höhere Fachschulen vermitteln den Studierenden die Kompetenzen, um in ihrem Beruf selbständig Fachverantwortung zu übernehmen. Die Bildungsgänge sind stark praxisorientiert, weshalb Studierende nach erfolgreichem Abschluss rasch selbständig arbeiten. Voraussetzung dafür ist eine mindestens 3-jährige abgeschlossene Grundbildung mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis oder ein allgemeinbildender Abschluss (DMS/FMS oder Matura). Studiengänge auf Hochschulniveau sind ebenfalls anwendungsorientiert, setzen sich jedoch auch vertieft mit Wissenschaft und Forschung im Gesundheitswesen auseinander. Deshalb wird hier zusätzlich zur Grundbildung eine Matura vorausgesetzt.

Zu Frage 1: «Wie viele Fachfrauen / Fachmänner Gesundheit befinden sich aktuell (2012) in den Heimen der Stadt Uster und der Spitex Uster in Ausbildung?»

Heime: 23 Fachfrau/mann Gesundheit (FaGe), 10 Fachmann/frau Betreuung (FaBe), Total: 33

Spitex: 9 FaGe, 0 FaBe, Total: 9

Total Heime und Spitex: 32 FaGe, 10 FaBe, Total: 42

Die Heime Uster bilden auf der Sekundarstufe II zusätzlich Assistentinnen und Assistenten Gesundheit und Soziales aus. Diese Ausbildung wird mit einem eidgenössischen Berufsattest abgeschlossen.

Die Spitex Uster bietet keine Ausbildung für Fachmann/frau Betreuung (FaBe) an, da der Schwerpunkt dieser Ausbildung weniger dem Kerngeschäft entspricht. Ausserdem dürfen FaBe’s gemäss neuem Administrativ-Vertrag keine Behandlungspflege mehr ausführen, worauf die Spitex aber angewiesen ist.

Zu Frage 2: Der Aufbau von solchen Ausbildungsplätzen ist bezüglich der fachlichen Anforderungen anspruchsvoll. Er muss Schritt für Schritt, in Abstimmung mit den betrieblichen Möglichkeiten, erfolgen. In den letzten Jahren galt das Hauptaugenmerk dem Aufbau der neuen Ausbildungsplätze FaGe und FaBe, wozu vermehrt entsprechend kompetentes Personal weitergebildet oder angestellt wurde (Berufsbildnerinnen). Im Rahmen der Ausbildungskooperation sind neu auch Praktikumsplätze für Studierende aus dem Spital Uster geschaffen worden.

In Bezug auf Pflegefachkräfte mit einer Hochschulausbildung FH gilt es festzuhalten, dass der Bedarf nicht ganz so hoch ist. Personen mit einem Bachelor- oder gar Master-Abschluss in Pflege sind aufgrund ihres wissenschaftlichen Hintergrundes stärker für übergeordnete Aufgaben prädestiniert, wie sie etwa einer Stabsstelle entspricht. Diese Stellen sind in den Heimen und der Spitex nur vereinzelt vorhanden und/oder die Aufgaben werden von den Abteilungs- und Gesamtleitungen wahrgenommen.

Zu Frage 3: Ab 2012 ist der Kompetenzaufbau soweit fortgeschritten, dass die Ausbildung HF in den Heimen im Rahmen von Validierungsverfahren begonnen worden ist. Das bedeutet, dass bereits mehrere Mitarbeitende auf Niveau FAGE oder DN1 innerhalb der Heime die HF Ausbildung absolvieren. Dies wiederum bildet die Basis, in den Heimen ab 2014 die Grundausbildung HF (Erstberuf) anbieten zu können. Bei der Spitex ist davon auszugehen, dass die stark steigende Nachfrage nach ambulanten Pflegeleistungen und die damit einhergehenden Stellenpensen verstärkt Möglichkeiten eröffnen, auch Ausbildungsplätze für eine höhere Berufsbildung anzubieten. Die Spitex bietet im Rahmen der Ausbildungskooperation jedoch bereits heute Praktikumsplätze für Auszubildende an.

Zu Frage 4: Anmerkung: Der Stadtrat präsentiert zur Beantwortung dieser Fragen zwei Tabellen mit Vergleich zu anderen Betrieben, die hier nicht wiedergegeben können. Der Stadtrat zieht aufgrund dieser Tabellen, dann aber folgende Fazite:

Zu den Heimen: Aus der Tabelle wird ersichtlich, dass die Heime Uster – gemessen an der Betriebsgrösse – eine hohe Zahl von Ausbildungsplätzen anbieten. Der Anteil der HF-Ausbildungsplätze wird in den kommenden Jahren erhöht.

Zur Spitex: Aus der Tabelle wird ersichtlich, dass die Grösse der Spitexorganisation ein massgebende Faktor für die Bereitstellung von Ausbildungsplätzen für eine höhere Berufs- oder Fachhochschulbildung ist. Bei Berücksichtigung der Validierungsverfahren bietet die Spitex Uster im Quervergleich mit ähnlich grossen Institutionen eine hohe Anzahl Ausbildungsplätze.

Zu Frage 5: Die Teamgrösse ist abhängig von der Anzahl und der Pflegeintensität der Bewohnenden. Mit der derzeitigen Anzahl FaGe und FaBe ist die Kapazität von Lernenden im Verhältnis zu ausgebildeten Mitarbeitenden in den Heimen ausgelastet. Wenn HF Lernende in der Grundausbildung hinzukommen, muss im Verhältnis die Anzahl FaGe reduziert werden. Neben den Lernenden HF, FaGe und FaBe müssen auch noch die Assistenzberufe wie auch die Praktikanten begleitet werden. Die Voraussetzungen, um bei den Heimen Uster die HF Grundausbildung und auch vermehrt die HF Validierung anbieten zu können, werden im HF Konzept bis Mitte 2013 erarbeitet.

Lernende müssen in der Spitex von den Berufsbildnerinnen vor Ort 1:1 begleitet werden. Das führt zu Kapazitätsgrenzen bei der Anzahl Ausbildungsplätze. Es können nur deutlich mehr Plätze angeboten werden, wenn die Organisation entsprechend wächst. Die Spitex ist jedoch laufend bemüht optimale und möglichst viele Ausbildungsplätze anzubieten.

Zu Frage 6: Wie bereits in der Vorbemerkung ausgeführt, ist eine gute Personalrekrutierung eine der tragenden Säulen, um den künftigen Personalbedarf zu decken. Nicht ausser Acht gelassen werden dürfen jedoch Massnahmen, die darauf abzielen, das bestehende Personal zu halten und weiter zu qualifizieren. Die Kombination aller Bemühungen, von der Akquise bis zum Austritt und dem allfälligen Wiedereintritt einer Mitarbeiterin oder eines Mitarbeiters, bilden die Voraussetzung für den notwendigen Erfolg.

Bei der Rekrutierung sind zwei Ansatzpunkte zu unterscheiden: die Rekrutierung selber sowie die Attraktivität der Arbeitsbedingungen.

Die Rekrutierung von neuem, jungen Pflegepersonal erfolgte bislang vorwiegend über den klassischen Inserateweg. Dabei wurden stadtweit die technischen Bedingungen geschaffen, damit sich Kandidatinnen und Kandidaten online bewerben können. Vor allem bei jüngeren Personen spielen andere Medienkanäle, insbesondere diejenigen auf dem Internet, jedoch eine ebenso bedeutende Rolle. Die sich bietenden Möglichkeiten auf Social Media Plattformen müssen künftig stärker genutzt werden.

Nebst der Schaffung von Ausbildungsplätzen und einer effizienten Personalakquisition ist auch die Bindung gut qualifizierter Mitarbeitender an den Betrieb sehr wichtig. Die Attraktivität eines Arbeitsplatzes kann nebst fachlich interessanten Aufgaben, einer wertschätzenden Arbeitskultur, vorbildlichen Vorgesetzten und adäquaten Salär- und Zusatzleistungen durch weitere Angebote gesteigert werden. Folgende Angebote sind bereits realisiert worden oder befinden sich in Planung oder Prüfung.

Die neu geschaffene Ausbildungskooperation der Heime Uster und der Spitex Uster zusammen mit dem Spital Uster und dem Wagerenhof ermöglicht eine attraktive und vielseitige Aus- und Weiterbildung und die Nutzung von Synergien.

Gezielter Auf- und Ausbau von Weiterbildungs- und Karrieremöglichkeiten. Dazu gehören Laufbahnberatungen, die Unterstützung des Validationsverfahrens für Quereinsteigende, Angebote für Wiedereinsteigende, Entschädigungen der Arbeitzeit, Praktikumsplätze für Lernende aus anderen Betrieben oder Schnupperpraktika für Schulabgänger in der Berufswahl.

Gesundheitsförderung und Prävention im Betrieb, die zeigen, dass sich der Arbeitgeber der Bedeutung des gesundheitlichen Wohls der Mitarbeitenden bewusst ist und dieses aktiv fördert.

Krippenangebot, welches insbesondere Personen mit familiären Verpflichtungen einen Wiedereinstieg erleichtern soll.

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