Vorstösse der SP Uster im Gemeinderat

11. Februar 2013

Einführung Jugendmotion

Motion von Lucia Thaler, Seyhan Kâhya, Ivo Koller (JFU), Ursula Räuftlin (GLP), Walter Meier (EVP) und Wolfgang Harder (CVP)

Der Stadtrat wird beauftragt, dem Gemeinderat die erforderlichen Rechtsgrundlagen vorzulegen, damit in Uster das Instrument der «Jugendmotion» eingeführt werden kann.

Begründung:

Am 30. Oktober 2007 nahm der Gemeinderat vom «Bericht und Konzept Jugendpolitik» zustimmend Kenntnis. In diesem Bericht ist u.a. festgehalten: „Die Mitsprache und Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen sind unbefriedigend. … Für die politische Partizipation gibt es gegenwärtig keine Instrumente.“ Über fünf Jahre sind seither vergangen, ohne dass sich diesbezüglich etwas verändert hätte. Es ist an der Zeit, Kindern und Jugendlichen eine Plattform zu geben und ihre Anliegen und Wünsche ernst zu nehmen.

In unserer Demokratie sollen möglichst viele Menschen aus allen Alterskategorien und sozialen Schichten ihre Meinung einbringen und mitbestimmen können. Das gilt auch für Kinder und Jugendliche. Ziel der Partizipation ist es, einer gesellschaftlichen Gruppe, die bisher weitgehend von politischen Entscheidungen ausgeschlossen ist, eine Entscheidungs- und Gestaltungsmacht zu geben. Die Förderung der Partizipation von Kindern und Jugendlichen führt zu einem besseren Demokratieverständnis, einer langfristigen Partizipationsbereitschaft und einem gesellschaftlichen Interesse und Engagement. Wenn Kinder und Jugendliche an der Entwicklung des Gemeinwesens teilnehmen können, lernen sie Verantwortung zu übernehmen und werden von Trittbrett- zu Mitfahrern. Erfolgreiche Beispiele für die politische Partizipation von Kindern und Jugendliche gibt es bereits in verschiedenen Schweizer Städten: Kinderparlament, Jugendmotion, Kinderbüro, Stadtdetektive, etc. Die Formen sind unterschiedlich, wichtig ist aber, dass die Partizipation keine Alibiübung bleibt, sondern wirksam ist. Wir sind der Meinung, dass auch in Uster die Kinder und Jugendlichen ein Recht auf echte Mitwirkung haben und sie mit dem Instrument der Jugendmotion ein geeignetes Mittel dafür erhalten würden.

Wie könnte eine Jugendmotion ausgestaltet sein?
Eine bestimmte Anzahl Kinder und Jugendliche eines noch zu bestimmenden Alterssegments mit Wohnsitz in der Stadt Uster könnte dem Gemeinderat einen schriftlichen Vorschlag (z.B. längere Badi-Öffnungszeiten, Graffitiwand, Verschönerung Schulhausplatz, bewachte Unterführung) einreichen. Der Gemeinderat könnte die Jugendmotion ablehnen oder an die zuständige Behörde überweisen. Diese hätte dem Gemeinderat innert einer gewissen Frist einen Beschlussesentwurf vorzulegen, über den der Gemeinderat endgültig zu entscheiden hätte.

Vorgehen bei Überweisung der Motion «Einführung Jugendmotion»
Mit der Überweisung der Motion wird der Stadtrat beauftragt, in einem «Bericht und Antrag» dem Gemeinderat die Rechtsgrundlagen für eine «Jugendmotion» vorschlagen, welche Auskunft gibt über die Anforderungen an die Motionäre (Alter, Wohnsitz, Nationalität, etc.), den Adressaten der Motion, den Behandlungsablauf und die Fristen.

Durch die Einführung einer Jugendmotion soll die eher skeptisch bis ablehnende Haltung der Kinder und Jugendlichen gegenüber der Politik aufgeweicht und das Interesse gefördert werden. Um die Jugendmotion aber auch zu nutzen, müssen die Kinder und Jugendlichen zuerst über ihre Mitwirkungsmöglichkeiten informiert werden. Daher sollten an der Schule diese Kenntnisse und Möglichkeiten während des Staatskundeunterrichts vermittelt werden. Erste Gespräche mit der SSU zeigen, dass sie wohlwollend hinter dieser Motion steht und mit entsprechender Unterstützung gerecht werden kann.

 

Bericht und Antrag des Stadtrates:

Grundsätzliches

Sowohl im Gemeindegesetz des Kantons Zürich wie auch im Bericht und Konzept Jugendpolitik der Stadt Uster vom 30. Oktober 2007 wird der Beteiligung von Jugendlichen am politischen Leben grosse Bedeutung beigemessen. Kinder und Jugendliche sollen zur Selbstbestimmung befähigt wie auch zur gesellschaftlichen Mitverantwortung und zu sozialem Engagement hingeführt werden. Partizipation ist sowohl Instrument zur Vertretung der Anliegen von Jugendlichen als auch Vorbereitung auf die mit der Mündigkeit erwachsende politische Verantwortung.

Um die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen am politischen Leben zu fördern, sieht das Gemeindegesetz in seinem § 115c vor, dass der Grosse Gemeinderat (Parlament) mit referendumsfähigem Beschluss ein Kinder- und Jugendparlament schaffen kann. Er kann diesem Parlament das Recht einräumen, dem Grossen Gemeinderat parlamentarische Vorstösse einzureichen, die wie solche eines seiner Mitglieder behandelt werden. Überdies kann er dem Jugendparlament das Recht einräumen, zu Geschäften, welche die Kinder und Jugendlichen betreffen, vom Grossen Gemeinderat in geeigneter Form angehört zu werden.

Von einer «Jugendmotion», wie sie den Motionären vorschwebt, ist im Gemeindegesetz keine Rede. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass diese Form der Partizipation ausgeschlossen ist. Eine Rücksprache mit dem Gemeindeamt des Kantons Zürich hat ergeben, dass die Gemeinden im Sinne der Gemeindeautonomie durchaus berechtigt sind, eine «Jugendmotion» oder ein ähnliches Instrument der Mitbestimmung auch ohne Jugendparlament einzuführen.

Der Stadtrat steht der Motion grundsätzlich positiv gegenüber und beantragt dem Gemeinderat, die Motion erheblich zu erklären und damit den Stadtrat zu beauftragen, dem Parlament einen konkreten Beschlussesentwurf vorzulegen.

Vorgängig bereits einige konkrete Hinweise und Bemerkungen:

Zum Begriff «Jugendmotion»

Es ist zu befürchten, dass sich der Begriff «Jugendmotion» am Begriff «Motion» orientiert, wie er in Artikel 44 der Geschäftsordnung des Gemeinderats definiert ist. Das würde heissen, dass nur Gegenstände motionsfähig wären, welche in die Zuständigkeit der Gemeinde oder des Gemeinderats fallen. Anliegen von Jugendlichen betreffen jedoch in den häufigsten Fällen Gegenstände von geringerer Tragweite. Gegenstände also, welche in der Regel in den Aufgabenbereich des Stadtrats fallen und vom Parlament allenfalls in der Form eines Postulats zur Prüfung an den Stadtrat überwiesen werden. Um die Förderung der politischen Partizipation genügend zu erfüllen, empfiehlt der Stadtrat, den Begriff «Jugendmotion» zu vermeiden und stattdessen von einem «Jugendvorstoss» zu sprechen.

Gegenstand des «Jugendvorstosses»

Der Stadtrat geht davon aus, dass das Instrument des «Jugendvorstosses» die Zuständigkeitsregeln, wie sie in der Gemeindeordnung und der Geschäftsordnung des Gemeinderats festgehalten sind, nicht ändern soll. Der «Jugendvorstoss» soll jedoch so ausgestaltet werden, dass er sowohl Gegenstände umfassen kann, welche in die Zuständigkeit der Gemeinde oder des Gemeinderats fallen, als auch Gegenstände, für die der Stadtrat abschliessend zuständig ist. Der «Jugendvorstoss» soll überdies nach Ansicht des Stadtrats als Vorschlagsrecht ausgestaltet werden, also als Recht gegenüber dem Gemeinderat, dem Stadtrat oder einer Kommission mit selbständiger Verwaltungsbefugnis, einen Sachverhalt des städtischen Lebens zur Sprache zu bringen und Lösungsvorschläge aus der Sicht der Jugendlichen vorzuschlagen. Der Vorstoss verpflichtet den Gemeinderat oder den Stadtrat beziehungsweise die Primarschulpflege oder Sozialbehörde, den Gegenstand des Begehrens rasch zu traktandieren, zu diskutieren, die Begehrenssteller anzuhören, einen Entscheid zu fällen und diesen den Jugendlichen mitzuteilen.

Anforderungen an die Unterzeichner eines «Jugendvorstosses»

Nach Ansicht des Stadtrats sollte das Recht, einen Jugendvorstoss zu unterzeichnen, an folgende Anforderungen gebunden werden:

Alter: Das Recht einen Jugendvorstoss zu unterzeichnen, soll Jugendlichen zwischen dem vollendeten 12. Lebensjahr und der Mündigkeit zustehen. Die Beteiligung an einem Jugendvorstoss soll also noch während der obligatorischen Schulzeit möglich sein soll, denn die letzten Jahre der Volksschule stellen den Beginn der politischen Bildung dar.

Wohnsitz: Für die Unterzeichnung beziehungsweise Einreichung eines Jugendvorstosses muss der / die Unterzeichner / Unterzeichnerin in der Stadt Uster Wohnsitz haben. Die Nationalität spielt, wie bei der Petition, keine Rolle.

Anzahl Jugendliche: Ein «Jugendvorstoss» soll mindestens von 20 Jugendlichen unterstützt werden. Bei dieser Zahl 20 handelt es sich um eine Grössenordnung, die mit relativ geringem Aufwand erreicht werden kann und damit kein Hindernis darstellt.

Mögliches Verfahren

Das Verfahren - Details werden nach der Erheblicherklärung der Motion im Beschlussesentwurf ausgearbeitet - könnte wie folgt aussehen:

Vorverfahren: Ein «Jugendvorstoss» ist in allen Fällen schriftlich beim Präsidium des Gemeinderats einzureichen. Dieses überprüft die gesetzlichen Erfordernisse und entscheidet - je nach Zuständigkeit - ob der «Jugendvorstoss» dem Gemeinderat oder dem Stadtrat beziehungsweise der Primarschulpflege oder Sozialbehörde zur Weiterbehandlung zu überweisen sei.

Verfahren vor dem Gemeinderat: Beinhaltet der Jugendvorstoss einen Gegenstand, der in die Zuständigkeit der Gemeinde oder des Gemeinderats fällt, bringt das Präsidium den Vorstoss dem Gemeinderat und der zuständigen Behörde zur Kenntnis. Es setzt den Vorstoss auf die Traktandenliste der nächsten Gemeinderatssitzung. Der Gemeinderat berät den Vorstoss. Der Stadtrat äussert sich anlässlich der Gemeinderatssitzung zum Vorstoss im Sinne einer ersten Stellungnahme. Der Gemeinderat kann den Vorstoss ablehnen oder wie eine eigene Motion bzw. ein eigenes Postulat an die zuständige Behörde überweisen. Nach der Überweisung wird das Geschäft nach den Regeln der parlamentarischen Vorstösse behandelt. Alle in den Verfahrensablauf involvierten Stellen sind gehalten, das Geschäft speditiv zu behandeln.

Verfahren vor dem Stadtrat: Beinhaltet der Jugendvorstoss einen Gegenstand, der in die Zuständigkeit des Stadtrats (oder einer Kommission mit selbständiger Verwaltungsbefugnis), bringt das Gemeinderatspräsidium den Vorstoss der zuständigen Behörde zur Kenntnis. Diese setzt den Vorstoss auf ihre Traktandenliste der nächsten Sitzung. Die Erledigung des Vorstosses wird dem Gemeinderat zur Kenntnis gebracht. Weiteres Vorgehen gemäss Geschäftsordnung der jeweiligen Behörde.

Kommunikation: Der Eingang des Jugendvorstosses wird dem Erstunterzeichnenden durch das Ratspräsidium schriftlich bestätigt und die zuständige Stelle bezeichnet. Die zuständige Behörde orientiert den / die Erstunterzeichnenden über den weiteren Verfahrensverlauf und über die Möglichkeit, das Ersuchen vor der zuständigen Behörde mündlich zu begründen.

Erforderliche Gesetzesänderungen

Die Einführung des «Jugendvorstosses» bedarf nach Ansicht des Stadtrats zwingend einer Änderung der Gemeindeordnung (Volksabstimmung), auch wenn das Gemeindegesetz nur von einem «referendumsfähigen Beschluss» des Gemeindeparlaments spricht. Der Stadtrat schlägt vor, nach Artikel 11 einen neuen Artikel 11a unter dem Marginale «Jugendvorstoss» einzufügen. Nachgelagert müssten alsdann die Geschäftsordnungen des Gemeinderats, des Stadtrats, der Primarschulpflege und der Sozialbehörde angepasst werden.

Der Text von Artikel 11a könnte wie folgt lauten:
1. Mindestens 20 Jugendliche zwischen dem vollendeten 12. und dem vollendeten 18. Altersjahr können dem Ratspräsidium einen «Jugendvorstoss» einreichen.
2. Der Jugendvorstoss muss einen Gegenstand betreffen, der in die Zuständigkeit des Gemeinderats oder des Stadtrats, der Primarschulpflege oder der Sozialbehörde fällt.
3. Der Text des Jugendvorstosses hat einen Antrag und eine Begründung zu enthalten und ist von den Jugendlichen eigenhändig zu unterschreiben unter Angabe des Namens, der Adresse und des Geburtsdatums.

Da der «Jugendvorstoss» ganz dem Willen des kantonalen Gesetzgebers und dem Konzept der Ustermer Jugendpolitik vom 30. Oktober 2007 entspricht, beantragt der Stadtrat dem Gemeinderat, die Motion Nr. 571 erheblich zu erklären und damit den Stadtrat zu beauftragen, dem Gemeinderat einen Beschlussesentwurf vorzulegen.

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