Vorstösse der SP Uster im Gemeinderat

14. September 2013

Gemeinnüziger Wohnungsbau in Uster

Anfrage von Markus Wanner

«Kantone und Gemeinden sind gemäss der Verfassung des Kantons Zürich, Art. 110, verpflichtet, den gemeinnützigen Wohnungsbau und das selbstgenutzte Wohneigentum zu fördern. Die Förderung des selbstgenutzten Wohneigentums wird vorwiegend mit Steuererleichterungen unterstützt. Die Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus kennt keinen vergleichbaren Mechanismus. Der gemeinnützige Wohnungsbau stellt mittel- und langfristig finanziell günstigen, sozial attraktiven und meistens architektonisch überdurchschnittlichen Wohnraum bereit. In den letzten Jahren wurde in Uster viel gebaut, hauptsächlich im oberen Preissegment. In Uster haben immer mehr Familien mit Kindern Mühe, günstige Wohnungen zu finden. Aber auch ältere Menschen, die gerne in eine kleinere, altersgerechte Wohnung wechseln möchten, finden keinen bezahlbaren Wohnraum. In diesem Zusammenhang frage ich den Stadtrat an:

  1. Wie viele Wohnungen werden von gemeinnützigen Bauträgern angeboten? Wie gross ist der Anteil im Vergleich zu anderen Städten?
  2. Wie beurteilt der Stadtrat das Angebot an preisgünstigem Wohnraum, insbesondere für Familien und ältere Personen?
  3. In welcher Form ist die Stadt an gemeinnützig organisierten Wohnformen beteiligt (z.B. Landbesitz, Abgabe im Baurecht, Gewährung von Darlehen, Zeichnung von Anteilscheinen, Einsitz in Vorständen von Wohnbaugenossenschaften, andere Beteiligungsformen)?
  4. Hat die Stadt Uster in den letzten 6 Jahren den gemeinnützigen Wohnungsbau gefördert? Mit welchen konkreten Massnahmen? Ist er der Meinung, dass er dem verfassungsmässigen Auftrag zur Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbau ausreichend nachkommt?
  5. Sieht der Stadtrat nebst preisgünstigen Wohnungen sonst noch einen Mehrwert bei gemeinnützigen Wohnbauträgern? Wenn ja, welchen?
  6. Welche Landreserven verfügt die Stadt, die für Projekte des gemeinnützigen Wohnungsbau verwendet werden könnten?
  7. Was gedenkt der Stadtrat zu unternehmen, um den gemeinnützigen Wohnungsbau zu fördern resp. eine aktive Wohnbauförderung zu betreiben?
  8. Ist der Stadtrat bereit, grundsätzliche Forderungen betr. gemeinnützigem Wohnungsbau in Planungsverfahren aufzunehmen?

 

Der Stadtrat beantwortet die Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Um diese Frage beantworten zu können, wurde zuerst der Begriff «gemeinnützig» wie folgt definiert: „Als gemeinnützig wird grundsätzlich eine Tätigkeit bezeichnet, die darauf abzielt, das allgemeine Wohl zu fördern und dabei keine eigenen Interessen in materieller und wirtschaftlicher Hinsicht zu verfolgen. Gemeinnützige Wohnbauträger erstellen, erhalten und erwerben vorzugsweise preisgünstigen Wohnraum. Dieser bleibt der Spekulation entzogen. Dank Kostenmiete und Verzicht auf Gewinnstreben leisten sie einen dauernden Beitrag zur Versorgung der Bevölkerung mit preisgünstigem Wohnraum“.

Im Bereich des Wohnungsbaus können insbesondere Wohnbaustiftungen und Wohnbaugenossenschaften den Begriff «gemeinnützig» für sich in Anspruch nehmen. Als Grundlage für die Berechnung der von gemeinnützigen Bauträgern angebotenen Wohnungen wurde deshalb das Angebot an Genossenschaftswohnungen in der Stadt Uster beigezogen.

Aktuell bieten 14 Genossenschaften knapp 770 Wohnungen als Genossenschaftswohnungen an. Bei einem Wohnungsbestand von rund 12‘500 Wohnungen entspricht dies einem Anteil von gut 6%.

Um einen neutralen Vergleich zwischen ausgewählten Städten (Winterthur, Rapperswil-Jona und Wetzikon) herstellen zu können, wurde die Firma Wüest & Partner, Zürich beauftragt, die Anzahl Genossenschaftswohnungen am Gesamtwohnungsbestand dieser drei Städte zu ermitteln. Der Vergleich hat ergeben, dass die Stadt Uster nach der Stadt Winterthur (6,5%) mit einem Anteil von 6,2% Genossenschaftswohnungen am gesamten Wohnungsbestand bei den verglichenen Städten an zweiter Stelle steht.

Zu Frage 2: Der Stadtrat ist sich bewusst, dass es auch in Uster schwieriger geworden ist, preisgünstigen Wohnraum zu finden. Mit über 700 Wohneinheiten ist jedoch eine gute Basis an gemeinnützigem Wohnungsbau geschaffen worden, welche Wohnungen an Familien mit Kleinkindern, Behinderte und Betagte anbieten kann. Wichtig ist, dass diese Wohnungen mit günstigen Mieten auch Haushaltungen mit geringem Einkommen zur Verfügung gestellt werden.

Der Stadtrat kann sich für die Zukunft vorstellen, das Teile der noch vorhandenen und auch eingezonten Baulandreserven (Beispiel: Gebiet Hohfuren) für Projekte des gemeinnützigen Wohnungsbaus zur Verfügung gestellt werden.

Zu Frage 3: Die Stadt Uster kennt neben dem Verkauf von Grundstücken an gemeinnützige Wohnbauträger auch die Abgabe von Land im Baurecht. Zudem wurden auch Darlehen an Genossenschaften gewährt. Daneben nimmt die Stadt Uster ihre Interessen mittels Einsitz in Vorständen dieser Genossenschaften wahr und ist auch mit Anteilsscheinen an gemeinnützig organisierten Wohnformen beteiligt.

Die Stadt Uster bewirtschaftet aktuell für fünf Genossenschaften Baurechtsverträge mit knapp 230 Wohneinheiten. Diese Baurechte laufen zwischen 2052 und 2077 ab resp. können dannzumals, je nach Vertrag, nochmals verlängert werden.

Zu Frage 4: Ja, die Stadt Uster hat im Rahmen des genehmigten Leistungsauftrags GF Liegenschaften (LG Grundstückbewirtschaftung) den gemeinnützigen Wohnungsbau mit folgenden Wirkungs- und Leistungszielen gefördert:

  • Land im Baurecht zur Verfügung stellen für Genossenschaften, welche öffentliche Aufgaben erfüllen oder Vereine, welche die Vorgaben gemäss Vereinskonzept erfüllen.
  • Mit einer strategischen Boden- und Immobilienpolitik einen wesentlichen Beitrag zur strategischen Positionierung von Uster leisten, damit die städtebauliche Entwicklung mit einem angemessenen Qualitätsanspruch, unter Berücksichtigung der Bedürfnisse und finanziellen Mittel, weiterverfolgt werden kann.

Konkret wurden die folgenden Massnahmen erbracht:

  • 2007: Verkauf Bauland, ca. 1‘200 m2, an der Florastrasse an die Bau- und Wohnbaugenossenschaft «TRaum» mit dem Zweck der Erstellung von Familienwohnungen; Gebaut wurden 8 Wohnungen
  • 2008: Verkauf von Bauland, ca. 3‘400 m2, an der Brandstrasse (zusammen mit Kanton ZH) an drei Baugenossenschaften (BZU, WSGU, Gewo Züri Ost) mit dem Zweck Familienwohnungen und Alterswohnungen zu erstellen; Gebaut wurden 55 Wohnungen
  • 2012: Genehmigung Kaufvertrag, ca. 700 m2, an der Steigstrasse an die Wohnbaugenossenschaft «am Tämbrig» mit dem Zweck Familienwohnungen zu erstellen; Gebaut werden 37 Wohnungen, welche die bestehenden 22 Wohnungen am Dorfweg 6-10 ablösen sollen (geplanter Baubeginn 3. Quartal 2014; nach Vorliegen der Rechtskraft der Baubewilligung).

Weitere Landparzellen, soweit für den gemeinnützigen Wohnungsbau in sinnvoller Weise vorhanden, können für neue Projekte verkauft oder im Baurecht abgegeben werden.

Zu Frage 5: Die gemeinnützigen Wohnbauträger bieten grundsätzlich Wohnraum für alle Bevölkerungskreise an. Somit wird eine Durchmischung angestrebt, die unterschiedliche Lebensstile zulässt. Gemeinnützige Wohnbauträger streben nach guten planerischen und architektonischen Lösungen und achten auf eine hohe Flexibilität bei der Nutzung der Wohnungen, behindertengerechtes Bauen und begegnungsfördernde Gestaltung der Aussenräume. Als gutes Beispiel darf die Überbauung der drei Wohnbaugenossenschaften BZU, Gewo Züri Ost und WSGU an der Brandstrasse bezeichnet werden. Bei den erwähnten Genossenschaften sind die Mieter(innen) oft auch deren Mitglieder. Dadurch geniessen die Wohnenden auch eine höhere Wohnsicherheit und übernehmen zudem wichtige Aufgaben/Ämter in den einzelnen Genossenschaften. Ein vertiefter Zusammenhalt innerhalb der Nachbarschaft sollte so dem Wohnklima zu Gute kommen.

Zu Frage 6: Stadt Uster verfügt über eine grosse Baulandreserve in der Hohfuren (4 Parzellen mit ca. 17‘500 m2). Daneben könnten auch noch einige wenige kleinere Parzellen (bebaut / unbebaut) für den gemeinnützigen Wohnungsbau geprüft resp. genützt werden. Es muss an dieser Stelle jedoch klar festgehalten werden, dass die Stadt Uster selber nur noch über wenig nutzbare Baulandreserven verfügt. Die angedachten Erschliessungsgebiete in und um Uster (Beispiel: Eschenbühl) sind durch die vom Souverän angenommene Kulturlandinitiative blockiert.

Zu Frage 7: Wie bereits in der Antwort zur Frage 4 erwähnt, benötigt es für eine aktive Wohnbauförderung auch Wohnbauträger, welche Willens sind nicht nur Bestehendes zu erhalten sondern Neues zu schaffen. Die Stadt selber kann nicht als Bauherrschaft auftreten sondern regelt unter anderem die Rahmenbedingungen, damit preisgünstiger Wohnungsbau geschaffen werden kann. Der Stadtrat ist bereit, den gemeinnützigen Wohnungsbau, im Umfeld der stadteigenen Grundstücke (bebaut / unbebaut), mittels Baurecht oder Verkauf an geeignete Wohnbauträger zu fördern. Danebst wird der Zukauf und Tausch von Grundstücken aktiv geprüft. Es sind heute diesbezüglich Verhandlungen im Gange.

Zu Frage 8: Es gibt Städte, die Zonen für preisgünstigen Wohnungsbau beschlossen haben. In Zug wird z. B. auf den Anteil des preisgünstigen Wohnungsbaus ein Ausnützungszuschlag von 10 % gewährt. Für solche Bestimmungen braucht es gesetzliche Grundlagen, welche zurzeit im Kanton Zürich noch nicht vorhanden sind. Bei Gestaltungsplänen ist es indes möglich, im Rahmen von Verhandlungen entsprechende Bedingungen zu stipulieren. Dies setzt aber das Einverständnis des Gesuchsstellenden voraus.

Zurück