Vorstösse der SP Uster im Gemeinderat

20. Oktober 2014

Mindereinnahmen Stadt Uster

Anfrage von Markus Wanner

In Bezug auf Steuern stehen in Öffentlichkeit und Medien oft nur Einkommenssteuern und Steuerfüsse zur Debatte. In den letzten 10 Jahren wurden aber verschiedene andere Steuerarten abgeschafft oder reduziert. Insbesondere wurde vielerorts das Kapital entlastet, unter anderem mit der Teilabschaffung der Erbschafts- und Schenkungssteuer, der Abschaffung der Handänderungssteuer, der Halbierung der Kapitalsteuern, der Senkung der Gewinnsteuern bei Kapitalgesellschaften, der Halbierung der Dividendenbesteuerung, der Senkung der Vermögenssteuern sowie der steuerlichen Begünstigung von Holding-Gesellschaften. Quantitative Erhebungen über das Ausmass dieser Entlastungen fehlen, wären aber für die politische Debatte und finanzpolitische Entscheidfindung dringend notwendig.

In diesem Zusammenhang bitte ich den Stadtrat um die Beantwortung der folgenden Fragen:

  1. Welche Steuerarten, deren Einnahmen teilweise oder ausschliesslich den Gemeinden zu Gute kommen, wurden in den letzten 10 Jahren abgeschafft oder reduziert? Ich bitte um eine vollständige und detailliert beschriebene Auflistung.
  2. Wie hoch werden die entsprechenden jährlichen Steuer-Einnahmeausfälle pro Steuerart geschätzt? Ich bitte ebenfalls um eine Schätzung der möglichen Einnahmeausfälle im Zeitverlauf unter plausiblen Annahmen des potentiellen Verlaufs.
  3. Wie viele Kapitalgesellschaften und wie viele natürliche Personen haben je Steuerart von den Entlastungen effektiv profitiert, wie viele nicht? Ich bitte um eine möglichst präzise Schätzung.

 

Der Stadtrat beantwortet die Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass nicht nur das Kapital, sondern auch die Einkommen im Zuge der Anpassungen der letzten Jahre entlastet wurden. Und hier insbesondere Familien mit Kindern.

Weiter gilt es zu beachten, dass die Ausgestaltung der einzelnen Steuerarten durch Bund und Kantone festgelegt wird. Eine der wenigen Möglichkeiten der Gemeinden, den steuerzahlenden Mittelstand zu entlasten, liegt in der Senkung des Gemeindesteuerfusses. Gerade bei Personen mit einem Einkommen aus Angestelltenverhältnis kann die Einkommenssteuer zu einer spürbaren finanziellen Belastung führen. Deshalb ist es nicht überraschend, dass sich die politische Diskussion in den Gemeinden oft um den Steuerfuss dreht.

Die nachstehende Auflistung gibt einen Überblick über die Gesetzesänderungen der vergangenen zehn Jahre sowie die finanziellen Auswirkungen auf die Gemeinde:

1.1.2005: Abschaffung Handänerungssteuer: Mindereinnahmen pro Jahr CHF 3 bis 3.5 Mio.

1.1.2005: Festsetzung der Gewinnsteuer für juristische Personen auf 8% des Reingewinns: Dieser Punkt kann nicht isoliert betracht werden. Durch die gleichzeitige Änderung des Kapitalsteuersatzes können keine verlässlichen Angaben gemacht werden.

1.1.2005 Reduzierung der Kapitalsteuern für juristische Personen von 0,15% auf 0,075%: Siehe Ausführungen oben.

1.1.2006: Erhöhung Kinderabzüge von CHF 5400 auf 6800; Erhöhung Abzug Kosten Fremdbetreuung von CHF 3000 auf CHF 6000: Mindereinnahmen pro Jahr von ca. CHF 500’000

1.1.2008: Teilsatzverfahren für die Besteuerung von Dividenden aus qualifizierten Beteiligungen: Kann nicht erruiert werden

1.1.2009: Steuerfreie Ausschüttung von Dividenden in Form Kapitalrückzahlungen (USR2): Kann nicht eruiert werden.

1.1.2010: Abschaffung «Dumont-Praxis»: Nicht signifikant, kann nicht eruiert werden.

1.1.2010: Abschaffung Pauschalbesteuerung: Keine, da keine entsprechenden Personen in Uster

1.1.2010: Einführung straflose Selbstanzeige und vereinfachte Nachbesteuerung in Erbfällen: Mehreinnahmen pro Jahr von CHF 150’000

1.1.2012: Ausgleich klate Progression: Mindereinnahmen pro Jahr von CHF 2,3 Mio.

1.1.2012: Erhöhung Abzug von Parteibeträgen: Nicht signifikant, kann nicht eruiert werden.

1.1.2013: Erhöhung Kinderabzug von CHF 6800 auf 7400, Erhöhung Abzug Kosten Fremdbetreuung von CHF 6000 auf 10000: Mindereinnahmen pro Jahr von CHF 300’000

Abschaffung Handänderungssteuer: Die Handänderungssteuer war eine Transaktionssteuer und betrug je nach Dauer des Besitzes 1 % oder 1.5 % des Verkaufspreises einer Liegenschaft. Diese Steuer floss vollumfänglich der politischen Gemeinde zu. In den Jahren 2000 bis 2003 betrugen die Einnahmen der Handänderungssteuer zwischen 2.0 Mio. Franken und 2.5 Mio. Franken. Aufgrund dessen, dass die Wohnbaupreise gemäss Wohneigentumsindex (ZWEX) von rund 185 Punkten im 2003 auf 270 Punkte im 2014 gestiegen sind, kann davon ausgegangen werden, dass sich die Handänderungssteuer im gleichen Masse verändert hätte und damit Einnahmen von 3.0 Mio. Franken bis 3.5 Mio. Franken anfallen würden.

Festsetzung Gewinnsteuer auf 8 %: Hier handelt es sich sowohl um eine Senkung als auch eine Erhöhung des Steuersatzes. Bis Ende 2004 war der Gewinnsteuersatz eine Grösse, die in Abhängigkeit der Rendite (Verhältnis des steuerbaren Gewinns zum steuerbaren Kapital) stand. Der Gewinnsteuersatz betrug dabei mindestens 4 % und höchstens 10 %. Der höchste Satz kam bei Unternehmen zum Tragen, die im Vergleich zum Gewinn ein geringes Eigenkapital auswiesen und somit eine hohe Rendite erwirtschaftet hatten. Umgekehrt lag der Steuersatz bei Unternehmen mit guter Kapitalbasis eher in der Nähe von 4 %. Zu den finanziellen Auswirkungen für die Stadt Uster siehe nachfolgenden Hinweis bei den Aus- führungen zur Kapitalsteuer.

Reduzierung Kapitalsteuer: Im 2013 wurden in Uster Eigenkapitalien in der Höhe von knapp 800 Mio. Franken versteuert. Die einfache Staatssteuer auf diesem Kapital betrug bei einem Satz von 0.75 ‰ 600'000 Franken Beim bis 2004 gültigen Satz von 1.5 ‰ hätte der Betrag einer einfachen Staatssteuer von 1'200'000 Franken entsprochen. Die Differenz von 600'000 Franken ergibt bei einem aktuellen Steuerfuss von 91% Mindereinnahmen für die Politische Gemeinde von jährlich 550'000 Franken. Es ist jedoch nicht opportun, die Änderung des Kapitalgewinnsteuersatzes isoliert zu betrachten, da diese gleichzeitig mit der Festsetzung des Gewinnsteuersatzes auf 8 % in Kraft gesetzt wurde. Gerade Unternehmen mit hohen Eigenkapitalien, die bislang aufgrund geringer Rendite auf dem Gewinn weniger als 8 % Steuern entrichten mussten, erfuhren seit 2005 durch die fixe Festsetzung des Steuersatzes eine höhere Steuerbelastung auf ihren Erträgen.

Mit den gleichzeitigen Änderungen bei der Kapital- und Gewinnbesteuerung gab es somit Gewinner und Verlierer. In der Stadt Uster ist keine auffällige Änderung der Steuereinnahmen bei den juristischen Personen zwischen den Jahren vor 2005 und den Jahren danach zu erkennen. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass sich Profiteure und Nichtprofiteure dieser Steuergesetzanpassungen die Waage halten.

Erhöhung Abzüge für Kinder: Bei diesen Änderungen per 1.1.2006 wurde der Kinderabzug von 5'400 Franken auf 6'800 Franken pro Kind und der maximale Abzug für Kosten für die Fremdbetreuung von Kindern bis zum Alter von 15 Jahren von 3'000 Franken auf 6'000 Franken pro Kind erhöht. Bei rund 6'000 Minderjährigen in Uster kann von Mindereinnahmen von 400'000 Franken bis 450'000 Franken ausgegangen werden. Die Anzahl fremdbetreuter Kinder ist unbekannt, deshalb können hier nur Mutmassungen angestellt werden. Aufgrund der beiden Änderungen resultieren geschätzte Steuerausfälle um 500'000 Franken.

 

Teilsatzverfahren für die Besteuerung von Dividenden aus qualifizierter Beteiligung: Ausschüttungen von Dividenden aus qualifizierter Beteiligung (wenn Steuerpflichtige mindestens 10 % am Stammkapital einer Gesellschaft besitzen) werden gegenüber den übrigen Einkünften zum hälftigen Steuersatz besteuert. Hier ist keine Aussage über Steuerausfälle möglich, da es sich nur um wenige Fälle handelt und unklar ist, ob bei Besteuerung zum vollen Satz gleich hohe Dividenden ausgeschüttet worden wären.

Steuerfreie Ausschüttung von Dividenden (Rückzahlung aus Kapitaleinlagereserven): Diese aus Kapitalreserven ausgeschütteten Dividenden müssen nicht als Einkommen deklariert werden. Eine Aussage zu den Steuerausfällen ist nicht möglich. Es sind in Uster keine auffälligen Rückgänge bei den Steuereinnahmen zu verzeichnen.

Abschaffung «Dumont-Praxis»: Die «Dumont-Praxis» besagte, dass Instandstellungskosten einer vernachlässigten Liegenschaft in den ersten fünf Jahren nach Erwerb nicht zum Abzug berechtigen. Diese vom Bundesgericht definierte Praxis wurde per 1.1.2010 durch angepasste Gesetzgebung aufgehoben. Neu ist auch anschaffungsnaher Unterhalt an Liegenschaften abzugsfähig. Eine Aussage über Steuerausfälle ist nicht möglich. Diese fallen aber kaum ins Gewicht, da zum Teil Unterhalt, welcher zu einem späteren Zeitpunkt ohnehin abgezogen werden könnte, einfach vorgezogen wird.

Abschaffung Pauschalbesteuerung: Die Abschaffung der Pauschalbesteuerung hatte für Uster mangels pauschal besteuerter Personen keine Auswirkungen.

Einführung straflose Selbstanzeige und Vereinfachung der Nachbesteuerung in Erbfällen: Bei der straflosen Selbstanzeige hat jeder Steuerpflichtige einmal im Leben die Möglichkeit, bislang vor dem Fiskus verheimlichtes Einkommen und nicht deklarierte Vermögenswerte straflos der Besteuerung zuführen. Bei der Selbstanzeige werden keine Bussen erhoben. Der Zeitraum für die Nachbesteuerung inkl. Zinsen ist auf zehn Jahre beschränkt. Die Vereinfachung bei der Nachbesteuerung in Erbfällen verkürzt bei Selbstanzeige durch die Erben die Nachbesteuerung auf die drei vor dem Todesjahr des Erblassers abgelaufenen Steuerperioden.

Beide erwähnten Änderungen haben den Gemeindeanteil an den vom kantonalen Steueramt erhobenen Nachsteuern von knapp Fr. 100'000.-- im Jahr 2009 auf gut Fr. 260'000.-- im Jahr 2013 ansteigen lassen. Der Anstieg ist in mehr oder weniger in konstanten Schritten erfolgt. Durch die Selbstanzeigen wird auch Steuersubstrat für künftige Jahre der ordentlichen Besteuerung zugeführt, was einen positiven Effekt auf die laufenden Steuereinnahmen hat. Dieser Effekt lässt sich jedoch nicht auswerten.

Ausgleich kalte Progression und Erhöhung Abzug von Parteibeiträgen: Nebst dem Ausgleich der kalten Progression (Anpassung der Steuertarife infolge der aufgelaufenen Teuerung) wurde auch die abzugsfähige Limite für Parteibeiträge von 1'600 Franken auf 10'000 Franken (Alleinstehende) resp. von 3'200 Franken auf 20'000 Franken (Verheiratete) erhöht. Das Steuersoll für die Stadt Uster betrug im 2011 vor diesen Anpassungen Fr. 71.1 Mio. im Jahr 2012 noch rund Fr. 68.8 Mio. Da grosse Abzüge von Parteibeiträgen nur von wenigen Personen getätigt werden, ist davon auszugehen, dass der Minderertrag pro Jahr von 2.3 Mio. Franken eine Folge der Progressionsanpassung ist.

Erhöhung Abzüge für Kinder: Bei diesen Änderungen per 1.1.2013 wurde der Kinderabzug von 6'800 Franken auf 7'400 Franken pro Kind und der maximale Abzug für Kosten für die Fremdbetreuung von Kindern bis zum Alter von 15 Jahren von 6'000 Franken auf 10'500 Franken pro Kind erhöht. Bei rund 6'000 minderjährigen Personen in Uster kann von Mindereinnahmen aufgrund des höheren Kinderabzuges von 200'000 Franken ausgegangen werden. Die Anzahl fremdbetreuter Kinder ist nicht bekannt, daher können hier nur Mutmassungen angestellt werden. Es dürften aufgrund der beiden Änderungen aber Steuerausfälle im Bereich von Fr. 300'000.-- resultieren.

Änderung bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer: Die in der Anfrage ebenfalls erwähnte Teilabschaffung der Erbschafts- und Schenkungssteuer hat keinen direkten Einfluss auf die Gemeinden, da es sich dabei um eine kantonale Steuer handelt. Sie wird deshalb in der Tabelle nicht erwähnt.

Zu Frage 2: Siehe Antwort zur Frage 1.

Zu Frage 3: Eine Aussage über die konkrete Anzahl juristischer oder natürlicher Personen, die von den Änderungen betroffen sind, ist nicht möglich.

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