Vorstösse der SP Uster im Gemeinderat

21. Oktober 1997

Ergänzender Arbeitsmarkt

Motion von Beatrice Jungholz

Der Stadtrat wird beauftragt, eine Projektstudie für einen ergänzenden Arbeitsmarkt auszuarbeiten und dem Gemeinderat zu unterbreiten.

Begründung:
Die Rahmenbedingungen der weltweiten Marktwirtschaft verändern sich in schnellem Tempo und beeinflussen auch den schweizerischen Arbeitsmarkt in einer umfassenden Art und Weise. Es muss damit gerechnet werden, dass die gegenwärtig schwierige wirtschaftlich e Situation länger andauern wird. Zusätzlich bleibt ungewiss, auf welche wirtschaftliche Normalität die Bevölkerung sich in Zukunft einzustellen hat. Mit grösster Wahrscheinlichkeit kann jedoch vorausgesagt werden, dass die Voraussetzungen für die Rückkehr zu einer stabilen Wohlstandsentwicklung, wie in den letzten dreissig Jahren, nicht mehr gegeben sind.

Die Erwerbsarbeit wird knapper und ansprusvoller, und immer mehr Menschen werden vom Arbeitsprozess ausgegrenzt. Vollbeschäftigung wird in einem absehbaren Zeitrahmen nicht mehr verwirklicht werden können. Da die Erwerbsarbeit in unserer Gesellschaft auch die soziale Stellung definiert, grenzt Arbeitslosigkeit nicht nur finanziell, sondern auch gesellschaftlich aus. Zudem wirkt sie sich nachweislich negativ auf die physische und psychische Gesundheit aus.

Um die gravierenden, vor allem langfristig anfallenden Gesamtkosten jenes wachsenden Bevölkerungsteils, der aus dem Erwerbsleben zunehmend ausgegrenzt wird, zu vermindern, gilt es neuartige Lösungsansätze in Angriff zu nehmen.

Der ergänzende Arbeitsmarkt ist eine solche Möglichkeit. Es handelt sich um einen eigenen Marktplatz ausserhalb des Kerns des Arbeitsmarktes für alle öffentlichen, gemeinnützigen und privaten Angebote und für die Nachfrage nach bezahlten und unbezahlten Tä tigkeiten. Das Ziel liegt in einer beruflichen und sozialen Integration. Mit dem ergänzenden Arbeitsmarkt kann eine systematisch organisierte, individuelle Hilfe für Betroffene geleistet werden. Dabei ist auch aus den in anderen Schweizer Städten gemachten Erfahrungen zu profitieren. Letztlich wird damit die Absicht verfolgt, die gesellschaftlichen Kosten der Erwerbslosigkeit, Desintegration und Verwahrlosung zu minimieren.

Die Motion wurde im Gemeinderat in ein Postulat umgewandelt und an den Stadtrat überwiesen.

 

Bericht und Antrag des Stadtrates:

Um die Situation im ergänzenden Arbeitsmarkt verstehen zu können, benötigt man vorerst Kenntnisse über die verschiedenen gesetzlichen Grundlagen und die Angebote, die derzeit für die Stadt Uster von Bedeutung sind. Daraus lassen sich die Schlüsse für die künftige Organisation des ergänzenden Arbeitsmarktes ziehen.

Ergänzender Arbeitsmarkt Stadt Uster
Die Stadt Uster führt im Ergänzenden Arbeitsmarkt keine eigenen Angebote. Sie arbeitet mit einer Vielzahl von verschiedenen Anbietern zusammen. Im folgenden sind strukturiert nach den gesetzlichen Vorgaben aufgeführt:

Vorübergehende Beschäftigung gemäss Arbeitslosenversicherungsgesetz (AVIG)

Verein Beschäftigungsprogramm Bezirk Uster
Angebote: Bewachte Velostationen Uster, Schwerzenbach, Dübendorf und Wetzikon, Greifensee-Rangers (Gruppeneinsatz), Einzeleinsatzplätze in öffentlichen und sozialen Institutionen. Insgesamt stehen 1999 100 Jahresplätze für Arbeitslose zur Verfügung.
Benutzer/innen Stadt Uster: 1.9.96-31.12.97: 114 Teilnehmer/innen, 1.1.98-31.12.98: 107 Teilnehmer/innen

Arbeitsintegrationsprogramme für ALV-Ausgesteuerte und Sozialhilfeempfangende
Wie in Kapitel 1 bereits erwähnt, können mit Stand Ende Februar 1999 noch keine definitiven Informationen über die Arbeitsintegrationsprogramme weitergegeben werden, da dafür die kantonalen Rahmenkonditionen für das Jahr 1999 noch fehlen. Es können sich noch Änderungen in der Anzahl Einsatzplätze, Finanzierungsanteil Kanton, Belastung Gemeinden und Angebote der einzelnen Träger ergeben. Die folgenden Beschriebe der Arbeitsintegrationsprogramme basieren auf den vorliegenden Informationen, Stand Februar 1999.

Verein Beschäftigungsprogramm Bezirk Uster
Seit Januar 1999 bietet der Verein Beschäftigungsprogramme auch 24 Einsatzplätze für ALV-Ausgesteuerte an.
Angebote: Bewachte Velostation (Gruppeneinsatz), Einzeleinsatzplätze in öffentlichen und sozialen Institutionen.

Arbeitsintegrationsprojekt Landschaft
Angebote: Arbeiten in Gruppen in den Bereichen: Naturschutz, Forstwirtschaft, Bau, Werkstatt, Frauen-Atelier, Stellvertretende Führungsarbeiten. Insgesamt stehen 1999 für vermittlungsfähige ALV-ausgesteuerte Personen und Sozialhilfeempfänger/innen 37Jahresplätze zur Verfügung.
Benutzer/innen Stadt Uster: 1997: 38 Teilnehmer/innen, 1998: 29 Teilnehmer/innen
Stellennetz Zürich-Land
Angebote: Einzeleinsatzplätze in öffentlichen Verwaltungen und sozialen Institutionen. Insgesamt stehen 1999 für ALV-ausgesteuerte Personen und Sozialhilfeempfänger/innen des Zürcher Oberlandes 140 Jahresplätze zur Verfügung.
Benutzer/innen Stadt Uster: 1997: 8 Teilnehmer/innen, 11 Teilnehmer/innen
Verein Integration und Arbeit
Angebote: Café Bachtel, Projekt R (Recycling). Insgesamt stehen 1999 für ALV-ausgesteuerte Personen und Sozialhilfeempfänger/innen des Zürcher Oberlandes 30 Jahresplätze zur Verfügung.
Benutzer/innen Stadt Uster: 1997: 12 Teilnehmer/innen, 1998: 11Teilnehmer/innen

Niederschwellige Integrationsprojekte der Sozialhilfe

Jobbus/Garage Uster/Oberland
Angebot: Arbeiten im Taglohn. Insgesamt stehen pro Tag 12 Plätze für randständige Personen des Zürcher Oberlandes zur Verfügung.
Benutzer/innen Stadt Uster: 1997: 38 Teilnehmer/innen, 1998: 35 Teilnehmer/innen
Büro-Job Uster
Angebot: Begleitete Arbeiten im KV-Bereich. Insgesamt stehen 16 Plätze primär für Suchtabhängige des Zürcher Oberlandes zur Verfügung.
Benutzer/innen Stadt Uster: 1997: 7 Teilnehmer/innen, 1998: 6 Teilnehmer/innen
Arbeitsintegrationsprojekt Landschaft
Angebot: Ausführung verschiedener Aufträge im Umweltbereich in einer sozialpädagogischen Arbeitsgruppe.

Geschützte Arbeitsplätze für Behinderte

Verein Sozialpsychiatrie Zürcher Oberland
Angebote: Werkstatt Sennweid, Bubikon, Holzwerkstatt Joweid, Rüti, Tapa-Atelier, Uster, Brocki Pfannenstil, Männedorf, Korb- und Stuhlflechterei, Männedorf, Möbelwerkstatt Seestern, Männedorf, Textilwerkstatt Rothus-Wies, Männedorf, IBIZA, Stellenvermittlung, Bubikon. Insgesamt bietet der Verein Sozialpsychiatrie 56 geschützte Arbeitsplätze an.
Benutzer/innen Stadt Uster: 1997: 10 Personen, 1998: 12 Personen
Weitere Angebote: Wagerenhof, Werkheim

Konsequenzen für den Ergänzenden Arbeitsmarkt Uster

Aus dem Situationsbeschrieb ergeben sich für den ergänzenden Arbeitsmarkt in der Stadt Uster folgende Konsequenzen:

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die einzelnen Angebote des ergänzenden Arbeitsmarktes sind unterschiedlich und zum Teil in Revision. Sie verpflichten die Stadt Uster in nur einzelnen Bereichen zu eigenen Dienstleistungen.

Die Stadt Uster bietet im Unterschied zu den grösseren Städten der Schweiz selbst als Trägerin keine Angebote im ergänzenden Arbeitsmarkt an. Sie arbeitet in diesem Bereich mit privaten Trägern zusammen und ermöglicht damit sinnvolle und flexible regionale und kantonale Lösungen. Die Einflussnahme auf die einzelnen Anbieter/innen erfolgt über formale Vertretungen, informelle Kontakte und über die Auflagen, die über die individuellen Kostengutsprachen für die Teilnehmenden erteilt werden.

Derzeit besteht für Uster ein grosses Angebot an Arbeitsmöglichkeiten. Dieses lässt die Platzierung aller Betroffenen, die auf ein solche Dienstleistung angewiesen sind, zu. Damit wird der Gefahr der Desintegration und Verwahrlosung aktiv begegnet. Mit den bestehenden Dienstleistungen des ergänzenden Arbeitsmarktes wird die gesellschaftliche Ausgrenzung wegen der Erwerbslosigkeit somit minimiert.

Die finanzielle Belastung für die Stadt Uster für den ergänzenden Arbeitsmarkt ist in den letzten Jahren aufgrund der neuen Aufgabenverteilung zwischen Kanton und Gemeinden im Bereich der ALV-Aussteuerten stark angestiegen. Betrug diese 1997 noch Fr. 260'000.--, lag sie 1998 bereits bei Fr. 620'000.--. Es ist zu erwarten, dass diese in den nächsten Jahren weiter anwachsen wird. Gefragt sind deshalb neue Lösungen, die die Stadt Uster weniger belasten. Das Projekt ‘Stellwerk’, das momentan beim Gemeinderat zur Debatte steht, bietet unter Einbezug der Sozialhilfe eine Möglichkeit für eine kostengünstigere Lösung.

Seit Januar 1999 kann die Fürsorgebehörde Uster die Kosten für die Arbeitsintegration zum Teil Drittstellen in Rechnung stellen, da die SKOS diese in die Berechung der sozialen Existenzminimas aufgenommen hat. Eine konsequente Handhabung bringt Einsparungen für die Stadt.
Ein systematisch organisierter ergänzender Arbeitsmarkt Stadt Uster wäre nur möglich, wenn die Stadt selbst für einen Teil der Angebote die Trägerschaft übernehmen würde. Dies drängt sich aber derzeit nicht auf, da sich die jetzige Lösung grundsätzlich bewährt und die Ziele erreicht werden. Zudem kämen die finanziellen Aufwendungen höher zu stehen.

Die einzelnen Trägerschaften müssen mit den bestehenden Finanzierungsmodellen, die sich hauptsächlich auf die Teilnehmerzahl abstützen, grosse finanzielle Risiken tragen. Schicken die Gemeinden weniger Teilnehmer/innen als geplant in die einzelnen Programme, tragen die Anbieter/innen die finanziellen Verluste alleine. Die Stadt Uster könnte dieses Risiko mit Leistungsaufträgen mindern und damit auch verstärkt auf die Angebote Einfluss nehmen. Folge dieser Vorgehensweise wäre aber sicherlich eine grössere finanzielle Belastung. Dies liegt aber momentan nicht im Interesse Stadt, da mit der bestehenden Situation des ergänzenden Arbeitsmarktes die Integration der Betroffenen in die Gesellschaft grösstenteils erreicht wird.

Der Stadtrat beantragt dem Gemeinderat, dem Bericht zuzustimmen und das Postulat als erledigt abzuschreiben.

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