Vorstösse der SP Uster im Gemeinderat

25. Mai 1998

Mediensituation in Uster/Amtliche Publikationen

Interpellation von Stefan Feldmann und Werner Hürlimann (SVP), Alain Bertallo (EVP) und Alex Muheim (LdU)

Im März 1998 hat das Statistische Amt des Kantons Zürich eine Studie mit dem Titel "Zeitungslandschaft und Zeitungslesen im Kanton Zürich 1996/97" veröffentlicht. Aufgrund der von der WEMF (AG für Werbemedienforschung) erhobenen Daten aus dem Jahr 1997 analysiert die Studie die Situation der Printmedien in elf Bezirken des Kantons Zürich. Besonders aufschlussreich sind dabei die Daten für den Bezirk Uster. In ihm erreicht der überregionale "Tages-Anzeiger" mit einer Reichweite von 59,8 Prozent deutlich mehr Leserinnen und Leser als der regionale Titel "Anzeiger von Uster" mit einer Reichweite von 39,9 Prozent (Normalauflage). Diese Konstellation ist für den Kanton Zürich einzigartig, dominieren in allen übrigen Bezirken doch regionale Zeitungstitel.

Die vom Statistischen Amt des Kantons Zürich herausgegebene Analyse wirft unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der "Anzeiger von Uster" als amtliches Publikationsorgan der Stadt Uster fungiert, folgende Fragen auf, um deren Beantwortung wir den Stadtrat ersuchen:

1. Wie hoch waren die Ausgaben der Stadt Uster (alle Abteilungen, inkl. Oberstufenschulpflege, Städtische Werke etc.) für Inserate (amtliche Publikationen, Stelleninserate etc.) in den Jahren 1995, 1996 und 1997? Welche Beträge entfielen davon auf amtliche Pu blikationen im "Anzeiger von Uster"?
2. Wie hoch waren die Ausgaben der Stadt Uster (alle Abteilungen, inkl. Oberstufenschulpflege, Städtische Werke etc.) für Zeitungsabonnemente in den Jahren 1995, 1996 und 1997? Welche Beträge entfielen davon auf Abonnemente des "Anzeiger von Uster"?
3. Ist der Stadtrat der Meinung, dass der amtlichen Informationspflicht gegenüber der Bevölkerung via ein Medium, welches knapp 40 Prozent der Ustermer Bevölkerung erreicht, Genüge getan ist?

Nach dem Wahlgang vom 15. März 1998 haben verschiedene Präsidenten von Ustermer Parteien aus unterschiedlichsten Quellen erfahren, dass der "Anzeiger von Uster" bis vor kurzem einer Ustermer Partei – der FDP – auf Inserate einen Spezialrabatt von 50 Prozent gewährte, während sich die übrigen Parteien mit einem Inseraterabatt von 15 Prozent begnügen mussten. Diese Praxis wurde von der Verlagsleitung des "Anzeiger von Uster" mit Schreiben an die Parteipräsidenten vom 17. April 1998 bestätigt. Aus diesem Sachverhalt ergeben sich folgende Fragen, um deren Beantwortung wir den Stadtrat ersuchen:

4. Welchen Rabattsatz wird der Stadt Uster vom "Anzeiger von Uster" für ihre amtlichen Publikationen gewährt?
5. Teilt der Stadtrat die Meinung, dass eine Rabattpraxis, die eine Partei einseitig bevorzugt, angesichts der Tatsache, dass das entsprechende Organ über amtliche Publikationen durch die Stadt "subventioniert" wird, dem Grundsatz der Gleichbehandlung alle r politischen Parteien und Gruppierungen widerspricht?
6. Teilt der Stadtrat die Meinung, dass ein Medienorgan mit einer einseitigen politischen Ausrichtung nicht der ideale Träger für offizelle Mitteilungen und amtliche Publikationen ist?
7. Ist der Stadtrat bereit, Alternativen zur Veröffentlichung der amtlichen Publikationen im "Anzeiger von Uster" (eigenes Amtsblatt, amtliche Publikationen im "Tages-Anzeiger" etc.) in Erwägung zu ziehen?

 

Der Stadtrat beantwortet die Anfrage wie folgt:

Zur Frage 1: Die Ausgaben der Stadt Uster für Inserate betrugen 1995 250’000 Franken, 1996 273’00 Franken und 1997 255’000 Franken. Davon entfielen jährlich rund 60 Prozent auf Inserate im «Anzeiger von Uster».

Zu Frage 2: Die Ausgaben der Stadt Uster für Zeitungsabonnemente betrugen 1995, 1996 und 1997 jeweils rund 5’000 Franken. Davon entfielen jährlich rund 60 Prozent auf Abonnemente im «Anzeiger von Uster».

Zu Frage 3: Der Stadtrat ist der Meinung, dass es für alle Einwoherinnen und Einwohner von Uster möglich ist, die amtlichen Mitteilungen – pflichtpubliziert werden zum Beispiel Baugesuche, Abstimmungshinweise, Zivilstandsnachrichten, Einladungen zum Gemeinderatssitzungen, Verhandlungsauszüge und Planauflage – zu lesen, und zwar im «Anzeiger von Uster» und/oder im Amtsblatt, wo sie zwingend publiziert werden müssen.
Die Streudichte in der Stadt Uster liegt in der Normalauflage bei 47,5 Prozent, im Bezirk Uster bei 23,7 Prozent, wobei zu beachten ist, dass diese Angaben für den «Anzeiger von Uster» und den «Zürcher Oberländer» gemeinsam berechnet wurden. Die Grossauflage am Mittwoch erreicht eine Streudichte von 100 Prozent.
Was die übrigen Informationen aus dem Stadthaus angeht, so wird sie grundsätzlich an alle Medien verteilt, welche sie dann nach Gutdünken verwerten.

Zu Frage 4: Für die amtlichen Inserate wird je nach Ausgabe (Normalauflage oder Grossauflage am Mittwoch) ein separater Tarif berechnet. Der Tarif für die amtlichen Inserate bewegt sich in etwa auf einem Drittel des Normaltarifs. Für nicht amtliche Inserate wie Stelleninserate etc. wird der Normaltarif berechnet, wobei je nach Inseratevolumen ein Rabatt von rund 10 Prozent gewährt wird.

Zu Frage 5: Der Stadtrat ist der Ansicht, dass grundsätzlich – und unabhängig vom Status als amtliches Publikationsorgan – unfair und im Sinne der Gleichbehandlung aller politischen Parteien unkorrekt ist, wenn eine Zeitung eine politische Partei durch Rabattgewährung einseitig bevorzugt. Insbesondere kritisiert der Stadtrat die Tatsache, dass die Bevorzugung einer politischen Partei für die Leserschaft nicht transparent ist.
Die Kosten für die offiziellen amtlichen Mitteilungen der Stadt liegen bei rund 30’000 Franken jährlich. Damit kann kaum von substanzieller Subventionierung gesprochen werden. Übrige Inserate, beispielsweise Stellenausschreibungen, kann die Stadt ohnehin in jenen Medien plazieren, die sich im Einzelfall am besten dafür eignen.
Es ist aber unbestritten, dass der «Anzeiger von Uster» durch den offiziellen Status als amtliches Publikationsorgan der Stadt sehr wohl einen gewissen Marketingvorteil erhält.

Zu Frage 6: Der Stadtrat hält es nicht für seine Aufgabe, die politische Ausrichtung einer Zeitung zu werten. Eine völlig objektiv-sachliche und jederzeit ausgewogene Berichterstattung gibt es ohnehin nicht. Auch öffentlich-rechtliche Medien genügen diesem Anspruch kaum.
Um festzulegen, welches der ideale Träger für amtliche Publikationen ist, müssen differenzierte Überlegungen angestellt werden. Die politische Ausrichtung eines Mediums ist dabei neben den Kosten und der Verbreitung bzw. Erreichbarkeit der Leser/innen nur ein Aspekt unter mehreren.

Zu Frage 7: Der Stadtrat überprüft regelmässig seine Medienarbeit und hinterfragt in diesem Zusammenhang, auf welchem Weg er die Bevölkerung am besten erreicht, sowohl mit allgemeinen Informationen wie auch mit amtlichen Mitteilungen. Er wird die vorliegende Interpellation zum Anlass nehmen, vertieft zu prüfen, ob allenfalls andere Möglichkeiten zur Veröffentlichung amtlichter Mitteilungen in Frage kommen und die Vor- und Nachteile neuer Lösungen («Tages-Anzeiger», eigenes Publikationsorgan) gegeneinander abzuwägen. Das Ergebnis der Überprüfung soll bis Ende Juni des nächsten Jahres vorliegen, damit allfällige finanzielle Konsequenzen im Budget des Jahres 2000 berücksichtigt werden können.

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