Vorstösse der SP Uster im Gemeinderat

27. März 1999

Schulsozialarbeit

Anfrage von Beatrice Jungholz

In den Schulhäusern sind Lehrer und Lehrerinnen zunehmend mit vielfältigen Problemen im Zusammenhang mit Gewalt, Suchtfragen und Integration von Kindern und Jugendlichen konfrontiert. Diese komplexen Fragestellungen sprengen den Rahmen der eigentlichen Aufgaben von Lehrkräften.
In mehreren Gemeinden im Kanton Zürich laufen zur Zeit Projekte für «Schulsozialarbeit». In den Schulhausbetrieb werden zu diesem Zweck Sozialtätige integriert, welche bei Problemen aller Art als AnsprechspartnerInnen für Jugendliche und für die Lehrerschaft zur Verfügung stehen und Unterstützung in praktischen Lebens- und Erziehungsfragen geben. Kürzlich informierte der «Anzeiger von Uster» über ein Schulhaus in Volketswil, welches seine sozialen Probleme mit Unterstützung eines Schulsozialarbeiters erfolgreich anpackt.

In diesem Zusammenhang bitte ich den Stadtrat um die Beantwortung folgender Fragen:

  1. Hat sich der Stadtrat zusammen mit der Schulpflege schon Gedanken darüber gemacht, wie der zunehmend schwierigen Situation in gewissen Schulhäusern begegnet werden könnte?
  2. Ist der Stadtrat nicht auch der Ansicht, dass sich der Blickwinkel einer schulexternen Person bei Problemen im Schulhaus klärend und unterstützend auswirken könnte?
  3. Wäre der Stadtrat bereit, zusammen mit der Schulpflege zu prüfen, ob ein Projekt «Schulsozialarbeit» in Uster sinnvoll wäre?
  4. Könnte sich der Stadtrat vorstellen, die Bezirksjugendkommission wie in Volketswil in die Trägerschaft eines solchen Projektes einzubinden?
  5. Wäre der Stadtrat bereit, bei einem möglichen Projekt einen finanziellen Beitrag an die Schulpflege für eine Versuchsphase «Schulsozialarbeit» zu leisten?

Für die Beantwortung meiner Fragen danke ich dem Stadtrat bestens.

 

Die Primarschulpflege beantwortet die Anfrage wie folgt:

Tatsächlich nimmt auch die Primarschulpflege wahr, dass auch die Primarschule und ihre Schülerinnen und Schüler von den Folgen des gesellschaftlichen Wandels betroffen sind.

Viele Schülerinnen und Schüler sind in der Zeit ausserhalb der Schule aus verschiedenen Gründen nur teilweise und oft nicht genügend betreut. Die Gründe dazu liegen u.a. in der Situation ihrer Familien oder Elternteile, die einer Beschäftigung nachgehen oder zu einer solchen gezwungen sind. Migration und Erlebnisse der Entwurzelung, der Orientierungslosigkeit und der Gewalt schaffen weitere Probleme. Allerdings sind die Schulhäuser unterschiedlich betroffen von solchen Schwierigkeiten.

Die Situation an der Primarschule präsentiert sich jedoch anders als die an der Oberstufe:

Die Schülerinnen und Schüler der Primarschule sind eigentlich stärker auf Erziehung und Betreuung angewiesen. Ihre Eltern hätten daher eine erhöhte Aufsichtspflicht. Die Primarschulpflege führt darum einen Schulpsychologischen Beratungsdienst und hat diesen in jüngster Zeit eher ausgebaut. Dieser kann die Lehrerschaft auch in erzieherischen Fragen beraten. Zugang haben auch Eltern, die dort in beschränktem Umfang auch Erziehungsberatung beziehen können. Entsprechende Fälle können von dort auch an das Jugendsekretariat oder an den KJPD weitergewiesen werden. Zudem führt die Primarschulpflege einen Kinder- und Jugendhort. Dieses Angebot endet jedoch mit dem sechsten Schuljahr. Ausserdem führt die Primarschulpflege Uster ein breites Angebot an Therapien, Stütz- und Fördermassnahmen und Kleinklassen, die auch in erzieherischen Fragen eine wertvolle Hilfe sein können. Die vor einiger Zeit eingeführten Mittagstische, an denen sich die Primarschulpflege mit räumlichen Mitteln beteiligten, waren zwar vorübergehend gut besucht, scheinen aber die Bedürfnisse nach familienergänzender Betreuung nicht ganz richtig abzudecken.

Schulsozialarbeit im Sinne einer freiwilligen Gemeinwesenarbeit scheint uns für das Primarschulalter nicht das vordringlichste Bedürfnis zu sein.

Vielmehr scheint ergänzend zum gegenwärtigen Angebot des Kinder- und Jugendhortes ein flexibilisiertes Angebot der Betreuung über Mittag und ausserhalb der Schulzeit für Primarschülerinnen und -schüler ohne ausreichende familiäre Betreuung als vordringlicher (z.B. als Teilzeithort). Eine entsprechende Umfrage der Projektgruppe Mittagstisch weist in diese Richtung.

Selbstverständlich würde es die Primarschulpflege begrüssen, wenn die Oberstufenschulpflege eine Art von Schulsozialarbeit einführen würde, falls der diesbezügliche Bedarf besteht. Dies tut sie umso mehr, als in der Freizeit auch vor den Schulhäusern der Primarschulpflege (z.B. Pünt, Oberuster) sich Oberstufenschüler aufhalten und es durch diese auch zum Drogenkonsum kommt.

Allerdings wäre sowohl das Angebot eines Teilzeithortes als auch die Schulsozialarbeit mit Mehrkosten verbunden, die der Gemeinderat bewilligen müsste. Auch benötigt die Oberstufenschulpflege unseres Erachtens den Auftrag, für Schulsozialarbeit zuständig zu sein.

 

Die Oberstufenschulpflege beantwortet die Anfrage wie folgt:

Generell werden wir mit wachsenden und vielfältigen Problemen in den Bereichen Gewalt, Sucht, Aggression, Integration usw. konfrontiert. Die Probleme betreffen nicht allein die Schule, sondern sie beschlagen unsere Gesellschaft insgesamt. Die Bewältigung dieser negativen Entwicklungen erfordert die Zusammenarbeit von Schule, Organen der Stadt sowie der Jugend- und Familienbetreuung. Dabei hat sich wiederholt gezeigt, dass das Angebot und die Unterstützung dieser sozialen Dienste für Lehrerschaft und Schulpflege in Notsituationen ungenügend ist.

Es ist uns daher ein grosses Anliegen, dass die Zusammenarbeit aller beteiligten Stellen intensiviert werden kann. Wir ersuchen daher den Stadtrat in Zusammenarbeit mit uns, die übrigen Institutionen zur Kooperation mit der Schule zu gewinnen. Wir sind überzeugt, dass wir gemeinsam mehr erreichen können zur Lösung dieser sozial-politischen Aufgaben.

 

Der Stadtrat beantwortet die Anfrage wie folgt:

Die zunehmenden vielfältigen Probleme bezüglich der Gewalt, Sucht und Integration von Kindern und Jugendlichen bereiten auch dem Stadtrat Sorge. Er sieht in diesem Bereich einen Handlungsbedarf, um der gegenwärtigen Situation mit sinnvollen Vorhaben begegnen zu können.

Die Projekte für «Schulsozialarbeit» und deren Ergebnisse werden in diesem Zusammenhang mit Interesse verfolgt. Aus Sicht des Stadtrates bietet dieser Ansatz eine gute Vorgehensweise zur Lösung der Problemsituationen in der Schule, wenn er mit den bereits bestehenden Beratungs- und Hilfsangeboten vernetzt ist und auf die jeweilig spezifischen Schulhaussituationen Rücksicht nimmt. Die Initiative für ein solches Vorhaben müsste aber aufgrund der entsprechenden Kompetenzzuordnung von der Oberstufenschulpflege ergriffen werden. Der Stadtrat ist bereit, die notwendige Unterstützung, die für die Verwirklichung dieses Projektes von der Oberstufenschulpflege benötigt wird, zu leisten und gemeinsam mit den beteiligten Institutionen nach einer für Uster geeigneten Lösung zu suchen.

Hinzuweisen ist darauf, dass die Problemsituationen sich aktuell nicht nur in der Schule zeigen. Auf den Pausenplätzen der Schulhäuser, im Stadtpark, am Greifensee, am Bahnhof Nänikon etc. bestehen zur Zeit im Zusammenhang mit Jugendlichen Probleme (Gewalt, Sucht, Ordnung, usw.), die in absehbarer Zeit angegangen werden müssen. In Erwägung gezogen werden muss, ob mit einer (mobilen Jugendarbeit), die eng mit den Anstrengungen der Schule verbunden ist, neue Lösungen gefunden werden können.

Die Arbeitsgruppen Polizei und Jugendhilfe und die Arbeitsgruppe Integration, in denen auch der Stadtrat vertreten ist, befassen sich mit diesen Themen. Mit der Federführung bezüglich der Koordination Schulsozialarbeit und mobile Jugendarbeit ist die Abteilung Soziales beauftragt.

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