Vorstösse der SP Uster im Gemeinderat

01. Mai 1999

Solarstrombezug

Anfrage von Dagmar Anderes

Um die Ziele von Energie 2000 zu unterstützen, bieten die Elektrizitätswerke des Kantons Zürich (EKZ) ihren Kundinnen und Kunden eine Solarstrombörse an. Dabei treten die EKZ als Vermittler zwischen Solarstromanbietern und Solarstromkunden auf. Die bisherigen Erfahrungen zeigen: Die Solarstrombörse des Elektrizitätswerkes der Stadt Zürich (EWZ) ist ein riesiger Erfolg. Offensichtlich gibt es viele Stromkundinnen und -kunden, die Verantwortung für die Art und Produktion und Herkunft ihres Stromes übernehmen wollen und auch bereit sind, mehr für umweltschonende Energie zu bezhalen. Ich denke, auch in Uster besteht ein Kundenbedürfnis für Solarstrom. Deshalb bitte ich den Stadtrat um die Beantwortung folgender Fragen:

  1. Die SWU beziehen ihre Energie zum grössten Teil von den EKZ. Wäre es den SWU möglich, sich an der Solarstrombörse der EKZ zu beteiligen, um ihren Kundinnen und Kunden ebenfalls Solarstrom anzubieten?
  2. Wenn nein, haben die SWU die Absicht, eine eigene Solarstrombörse analog zu den Städtischen Werken Dübendorf zu errichten? Oder könnte man sich diesen eventuell anschliessen?
  3. Welche Massnahmen müssten getroffen werden, damit die Stromkonsumentinnen und -konsumenten künftig die Herkunft des Stroms respektive die Produktionsart (Atomkraft, Wasserkraft etc.) selber bestimmen können?
  4. Könnten die SWU ihre Strompreise je nach Herkunft und Produktionsart differenziert festlegen?

Für die Beantwortung meiner Fragen danke ich dem Stadtrat bestens.

 

Der Werkkommission beantwortet die Anfrage wie folgt:

Einige wenige Elektrizitätswerke bieten heute Stromkonsumentinnen und -konsumenten die Gelegenheit, sich finanziell für erneuerbare Energie zu engagieren, ohne selber solche Anlagen zu besitzen oder zu betreiben. Sie erklären sich bereit, für einen Teil ihres Stromes statt vielleicht 20 Rp. pro Kilowattstunde etwa Fr. 1.30 bis Fr. 1.80 zu bezahlen, wenn Ihnen die Gewissheit gegeben wird, dass ihr jährlicher Betrag von angenommen Fr. 200.-- auch tatsächlich der solaren Stromproduktion zugute kommt. Das Elektrizitätswerk nimmt die Rolle des Vermittlers wahr. Andere Möglichkeiten von Engagements sind in Entwicklung.

Vor der eigentlichen Beantwortung der Fragen einige grundlegende Bemerkungen:

Mit dem Ziel einer nachhaltigen Entwicklung in der Energiepolitik denkt man häufig zuerst an die Förderung erneuerbarer Energien, z.B. des Solarstroms. Viel wirksamer ist aber die Strategie, welche sich auf die rationelle Energienutzung ausrichtet. Nach wie vor ist es wesentlich vorteilhafter, finanzielle Mittel zuerst für eine effiziente Stromanwendung einzusetzen. Gegenüber Solarstrom genügt dabei ein Bruchteil, um ein grösseres Sparpotential nachhaltig zu erschliessen. Gesparter Strom ist der günstigste und belastet die Umwelt nicht.

Beim Kauf von Bio-Produkten erhält man für einen Aufpreis tatsächlich das Bio-Produkt. Beim Kauf von Solarstrom geht es aber nur um eine rein finanzielle Transaktion; der Produzent erhält sein Geld. Der Strom fliesst aber unabhängig davon nach den Gesetzen der Physik, d.h. die Kundinnen und Kunden werden nie die bezahlten Kilowattstunden aus der Solarproduktion erhalten, sondern den Strom, der gerade im Netz vorhanden ist. Es ist wie wenn Quellwasser von mehreren Quellen in einem Reservoir gesammelt wird, eine Trennung nach Herkunft ist nachher nicht mehr möglich.

Im Gegensatz zum Wasser ist für ein stabil funktionierendes Stromverteilsystem in jedem Zeitpunkt das Gleichgewicht zwischen Produktion und Verbrauch eine zwingende Bedingung. Der Verfügbarkeit der einzelnen Produktionsanlage ist folglich ein übergeordnetes Gewicht beizumessen. Das ist seit rund einem Jahrhundert eine vorausgesetzte Selbstverständlichkeit und bedeutet, dass durch Photovoltaikanlagen ohne zusätzliche Speichereinrichtungen keine Kraftwerksleistung ersetzt werden kann. Die Idee, das elektrische Verteilnetz diene als Energiespeicher, trifft nicht zu.

Erneuerbare Energien sind förderungswürdig:

Wenn Solarstrom bzw. mit erneuerbarer Energie erzeugter Strom einem Kundenbedürfnis entspricht und darin ein Ansatz zur langfristigen Lösung der Energieversorgung gesehen werden kann, verdienen solche Bestrebungen Aufmerksamkeit. Aber nochmals: Erst wenn die Einzelnen zuerst alles unternommen haben, um den Stromverbrauch zu reduzieren (z.B. Ersatz eines älteren Tiefkühlgerätes). Aus den Erfahrungen mit Solarstrom muss auch der besagte riesige Erfolg relativiert werden. Lediglich 1 bis 3 Prozent der Kundschaft abonniert Solarstrom, und der Umsatz bewegt sich im Promillebereich. Das Sparpotential bei jeder Konsumentin und bei jedem Konsumenten ist um das Mehrfache grösser.

Leider wird das Potenzial der Photovoltaik kurzfristig massiv überschätzt, längerfristig vielleicht aber ebenso unterschätzt. Diese Problematik kann leicht zu falschen Entscheidungen und unzweckmässigen Massnahmen führen. Aber gerade der Umbau der Energieversorgung ist ein langwieriger und mühevoller Prozess, welcher Stabilität und Weitsicht verlangt.

Wenn von Photovoltaik gesprochen wird, sollte man auch beachten, dass mit der Nutzung der Sonnenwärme über Sonnenkollektoren für die Warmwasserbereitung heute ein mehrfach grösserer Beitrag zur Schonung der Energieressourcen und der Umwelt geleistet werden kann, mit wesentlich geringerem finanziellen Aufwand.

Im Rahmen von ENERGIE 2000 des Bundes will man mit freiwilligen Massnahmen statt Geboten und Verboten das gesteckte Ziel - sparsame und rationelle Energieverwendung sowie eine sichere, umweltschonende Energieversorgung - erreichen. Die Solarstrombörse gehört u.a. dazu und ist etwas salopp ausgedrückt ein Vorbote der Marktöffnung. Mit der Strommarktöffnung soll jedermann den Strom auf dem «Markt» kaufen können, und dabei wird er sein bevorzugtes Produkt bzw. die Produktionsart auswählen. Es wird aber auch dann nur um den Geldfluss gehen; der Stromfluss funktioniert anders, nach den physikalischen Gesetzen.

Mit dem sich öffnenden Markt erwartet ein Teil der Kundschaft neben Strompreissenkungen auch Angebote an ökologisch produzierter Elektrizität. Könnten analog zu den Bio-Lebens-mitteln Labels für den Strom geschaffen werden, z.B. Ökostrom oder Strom aus integrierter Produktion? Solche Untersuchungen sind im Gange.

Das Thema Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen ist auch in die kommunale Energieplanung aufgenommen worden. Die SWU haben darin im Zusammenhang mit andern Projektarbeiten bereits diesbezügliche Absichten dargelegt. Der Bevölkerung soll - im Wissen um einen bestimmten Mehrpreis - ermöglicht werden, Strom aus verschiedenen Quellen bestellen zu können. Für eine erfolgreiche Lancierung sind aber noch einige Vorarbeiten zu leisten.

Beantwortung der Fragen:

zu Frage 1: Eine Beteiligung an der Solarstrombörse der EKZ wäre wohl möglich. Im Hinblick auf die sich in Vorbereitung befindenden Aktivitäten der SWU betreffend Produktegestaltung (auch im Rahmen der Branche) ist dies im Moment aber nicht vorgesehen.

zu Frage 2: Die SWU und andere Werke haben im Hinblick auf die Marktöffnung ähnliche Massnahmen in Vorbereitung. Das Produkt oder die Produkte sind noch nicht fertig, deshalb können im Moment dazu noch keine weiteren Aussagen gemacht werden.

zu Frage 3: Den Konsumentinnen und Konsumenten wird die physikalische Herkunft ihres Stromes nie deklariert werden können. Hingegen sollen sie, wie oben kurz angedeutet, bald selber bestimmen können, welcher Produktionsart das von ihnen bezahlte Geld zugute kommen soll.

zu Frage 4: Wenn die Strompreise für die Kundschaft in Zukunft nach Produktionsart separiert werden können, werden sich die Geldströme danach richten. Da alle Kundinnen und Kunden (nach Elektrizitätsmarktgesetz) die Möglichkeit haben werden, das Produkt ihrer Wahl zu kaufen, können sie damit bestimmen, wer ihr Geld erhält. Sie werden aber immer «Systemstrom» (mit einer ständig wechselnden Zusammensetzung) aus dem Verteilnetz beziehen.

Das wichtige Anliegen von Interessierten – einen Beitrag finanzieller Art zur Förderung erneuerbarer Energien zu leisten – kann mit einem Angebot von verschiedenen Stromprodukten erreicht werden. Der Aufbau eines eigentlichen Marketings dazu ist aber unerlässlich; es ist im Gange.

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