Vorstösse der SP Uster im Gemeinderat

09. Dezember 1999

Bevorzugung von Firmen mit Lehrstellen bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen

Anfrage von Stefan Feldmann

Immer noch ist es für Jugendliche schwierig, eine geeignete Lehrstelle zu finden. Eine berufliche Ausbildung ist jedoch ein wichtiger Grundpfeiler in der beruflichen und persönlichen Entwicklung eines jungen Menschen und eine gute Voraussetzung für das spätere Berufsleben. Im Kanton Zürich bilden aber nicht mal ein Drittel der Firmen und Betriebe Lehrlinge aus. Neben den Firmen, welche aus triftigen Gründen nicht ausbilden können, gibt es eine grosse Anzahl von Betrieben, welche sich um ihre soziale Verantwortung drücken und die wichtige Aufgabe der Ausbildung von Jugendlichen auf die anderen Betriebe abschieben.


Bund und Kanton haben das Problem der Lehrstellenknappheit erkannt. Deshalb betreibt der Kanton Zürich aus den Geldern des Lehrstellenbeschlusses I ein kantonales Lehrstellenmarketing. Es gäbe aber noch weitere Ebenen, auf denen etwas getan werden könnte. So könnte die öffentliche Hand bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen das Kriterium «Anbieten eines Ausbildungsplatzes» hoch gewichten.

Am 9. Februar 1998 hat der Gemeinderat Uster dem Antrag des Stadtrates zugestimmt, die kantonale Submissionsverordnung auch für Arbeitsvergaben der politischen Gemeinde Uster zu übernehmen. In der kantonalen Submissionsverordnung werden eine Reihe von Kritierien aufgelistet, die bei der Vergabe berücksichtig werden müssen, darunter auch die Lehrlingsausbildung. Auf die Zusicherung des Stadtrates hin, dass diesem Kriterium Rechnung getragen werde, habe ich anlässlich der genannten Gemeinderatssitzung eine Motion zur Änderung der kommunalen Submissionsverordnung, welches die Bevorzugung von Firmen mit Lehrstellen bei der Vergabe von öffentlichen Aufträge forderte, zurückgezogen. Von Interesse ist nun, in Erfahrung zu bringen, welchen Stellenwert der Stadtrat dem Kriterium der Lehrlingsausbildung bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen tatsächlich einräumt.

In diesem Zusammenhang frage ich den Stadtrat an:

  1. In der kantonalen Submissionsverordnung, welche von der Stadt Uster übernommen worden ist, ist das Anbieten von Lehrstellen ein Kriterium zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen. Wie stark gewichtet der Stadtrat dieses?
  2. Falls der Stadtrat dieses Kriterium weniger stark gewichtet als andere, welche Kriterien werden stärker gewichtet und warum?
  3. Berücksichtigt der Stadtrat bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen auch andere Ausbildungsarten wie Anlehren, Vorlehren oder ein Praktika? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, nach welchen Gesichtspunkten?
  4. Ist der Stadtrat bereit, das Kriterium «Anbieten einer Lehrstelle» angesichts der noch immer schwierigen Lage auf dem Lehrstellenmarkt in Zukunft höher zu gewichten und damit Betriebe zu unterstützen, welche ihre soziale Verantwortung wahrnehmen? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, nach welchen Kriterien (Anzahl Lehrlinge im Vergleich zur Firmengrösse, Anteil schulisch Schwache, Möglichkeit auszubilden usw.) gedenkt er dies zu tun?

Ich danke dem Stadtrat für die Beantwortung dieser Fragen.

 

Der Stadtrat beantwortet die Anfrage wie folgt:

Seit der in der Anfrage erwähnten am 9. Februar 1998 durch Gemeinderatsbeschluss erfolgten Unterstellung unter die kantonale Submissionsverordnung sind folgende Entwicklungen zu vermerken:

Der Regierungsrat hat mit Beschluss vom 1. Juli 1998 alle Zürcher Gemeinden mit Wirkung ab 1. Januar 1999 der kantonalen Submissionsverordnung unterstellt. Laut den regierungsrätlichen Erwägungen sind eigene kommunale Verordnungen nicht mehr anwendbar. Es können von den Gemeinden nur noch interne Dienstanweisungen zur Praxis bei Ermessensfragen erlassen werden.

Generell ist festzuhalten, dass im ganzen Kanton Zürich in der Umsetzung der neuen kantonalen Submissionsverordnung noch auf wenig Praxiserfahrung zurückgegriffen werden kann. Auch aus der Rechtssprechung sind gegenwärtig noch wenig Hinweise erhältlich. Insbesondere in der Handhabung der Zuschlagskriterien sind im ganzen Kanton gewisse Unsicherheiten vorhanden.

Der Stadtrat hat deshalb, mit Beschluss vom 15. Februar 2000, interne Richtlinien zur Handhabung der Submissionsverordnung verabschiedet. Diese sollen die Aufträge vergebenden Stellen in der konkreten Umsetzung der Submissionsverordnung, insbesondere in der Behandlung der Zuschlagskriterien, unterstützen.

zu Frage 1: Die erwähnten vom Stadtrat verabschiedeten Submissionsrichtlinien sehen folgende Gewichtung der Zuschlagskriterien vor:

Preis: 30 bis 50 %

Projektbezogene Kriterien: 20 bis 40 %

Anbieterbezogene Kriterien: 20 bis 40 %

Total: 100 %

zu Frage 2: Die Lehrlingsausbildung gehört neben einer Vielzahl anderer Kriterien (wie Fachkompetenz von Unternehmung und Personal, Referenzen, Erfahrung in ähnlichen Projekten, Solvenz, Qualitätsmanagement, Anzahl Mitarbeitende, vorhandene technische Mittel, Verfügbarkeit, Termineinhaltung, Kundendienst, etc.) zu den anbieterbezogenen Kriterien.

Der Stadtrat erachtet eine Gewichtung der Lehrlingsausbildung von bis zu 10 % (im Verhältnis zu den gesamten Zuschlagskriterien, inkl. Preis) als angemessen.

Stärker gewichtet als die Lehrlingsausbildung werden:

Preis (30 bis 50 %)

Erfüllung der Ausschreibungszielsetzung (10 bis 20 %)

Fachliche Kompetenz des Schlüsselpersonals (5 bis 15 %)

Diese drei Punkte werden, unter ausdrücklicher Anerkennung der Wichtigkeit der Lehrlingsausbildung, als massgebender für den Zuschlagsentscheid beurteilt.

zu Frage 3: Es steht den Submittenten frei, in der Rubrik Lehrlingsausbildung, Anlehren, Vorlehren oder Praktikas zu deklarieren. Erfolgt dies, werden sie bei der Beurteilung analog berücksichtigt.

zu Frage 4: Der Stadtrat bringt mit der Berücksichtigung des (in der kantonalen Submissionsverordnung fakultativen) Zuschlagskriteriums Lehrlingsausbildung sein klares Bekenntnis zum hohen Stellenwert der Lehrlingsausbildung zum Ausdruck. Die höhere Gewichtung ist somit bereits erfolgt (im Vergleich zur Nichtberücksichtigung des Kriteriums in der Vergangenheit).

Die Beurteilung des Kriteriums Lehrlingsausbildung erfolgt in erster Linie nach dem Verhältnis Anzahl Lehrlinge im Vergleich zur Firmengrösse.

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