Vorstösse der SP Uster im Gemeinderat

19. Juni 2000

Faktische Abschaffung der kantonalen AHV- und IV-Beihilfen

Anfrage von SP/Juso-Gemeinderatsfraktion

Gesetzes über die Zusatzleistungen zur AHV und IV verabschiedet. Die bürgerliche Merheit des Rates hat gegen den Widerstand der Mitte-Links-Parteien beschlossen, die Bezugsberechtigung neu derart zu gestalten, dass in etwa ein Drittel bis die Hälfte der bisherigen BezügerInnen die Bezugsberechtigung für kantonale Beihilfen verlieren. Betroffen wären namentlich (alleinstehende) Frauen, liegt doch der Anteil der Frauen unter den AHV-/IV-Beihilfen-BezügerInnen bei rund 80 Prozent.

Durch den Verlust der Beihilfen wird im Kanton Zürich zwar niemand verhungern, aber viele Rentnerinnen und Rentner werden sich viele kleine Dinge, die das Leben lebenswert machen, nicht mehr leisten können: den Kaffee im Restaurant zum Beispiel, ein Zeitungsabonnement oder eine Fahrt auf dem Greifensee. Diesem Abbau von Lebensqualität, ja von Würde bei unseren älteren Mitbürgerinnen und Mitbürgern steht ein vergleichsweise geringer Gewinn für die Staatskasse gegenüber: Die durch die faktische Abschaffung der AHV- und IV-Beihilfen eingesparten 5 Millionen Franken pro Jahr nehmen sich neben dem Einnahmenausfall von rund 200 Millionen Franken pro Jahr durch die Abschaffung der Erbschaftssteuer für direkte Nachkommen mehr als nur beschieden aus.

Die teilweise Abschaffung der kantonalen AHV- und IV-Beihilfen hätte aber auch Auswirkungen auf die Stadt Uster. Einerseits ist im Geschäftsbericht 1999 ist zu lesen, dass «wie bereits in den Vorjahren auch 1999 die Anzahl der Berechtigten gestiegen ist», andererseits sind die von der Stadt Uster zusätzlich ausgerichteten Gemeindezuschüsse an die Ausrichtung der kantonale Beihilfe gekoppelt und somit gehen jene RentenbezügerInnen, die die Beihilfe verlieren, zusätzlich auch des Gemeindezuschusses verlustig – eine doppelte Bestrafung. Unter diesen Vorzeichen steht zu befürchten, dass ein Teil der bisherigen Beihilfe-BezügerInnen fürsorgeabhängig wird. Ein Zustand, den gerade viele ältere Leute als Demütigung empfinden.

Wir fragen den Stadtrat in diesem Zusammenhang an:

  1. Wieviele BezügerInnen von AHV- und IV-Beihilfen in der Stadt Uster wären von der Neuregelung der Bezugsberechtigung betroffen?
  2. Welches wären die finanziellen Auswirkungen der Neuregelung der Bezugsberechtigung von AHV- und IV-Beihilfen beim Sozialamt bzw. bei der Fürsorge der Stadt Uster?
  3. Ist der Stadtrat auch der Meinung, dass die Aushöhlung der kantonalen AHV- und IV-Beihilfen den Rentnerinnen und Rentnern nicht zugemutet werden kann?
  4. Wenn ja: Ist der Stadtrat bereit, sich im Abstimmungskampf über die Revision des Gesetzes über die Zusatzleistungen zur AHV und IV entsprechend vernehmen zu lassen?
  5. Ist der Stadtrat bereit, die Ausrichtung von Gemeindezuschüssen, die bislang an den Bezug von AHV-/IV-Beihilfen gekoppelt ist, neu zu regeln und so dafür zu sor-gen, dass der finanzielle Verlust, den RentnerInnen durch die faktische Abschaff-ung der AHV-/IV-Beihilfen erleiden, minimiert wird?


Wir danken dem Stadtrat für die Beantwortung unserer Fragen.

 

Der Stadtrat beantwortet die Anfrage wie folgt:

zu Frage 1: Die Revision des Zusatzleistungsgesetzes, wie sie am 24.09.2000 den Stimmbürger/innen zur Abstimmung unterbreitet wird, enthält zwei wesentliche Änderungen, von welchen die Zusatzleistungsbezüger/innen betroffen wären:
In §13 wird ein Anspruch auf AHV-/IV-Beihilfe direkt an die Ausrichtung von Ergänzungsleistungen gekoppelt, d.h.: zukünftig könnten nur dann Leistungen der kantonalen Beihilfe ausbezahlt werden, wenn die Berechnung auch gleichzeitig einen Ergänzungsleistungsanspruch ergäbe. In Uster wären davon (Stand: August 2000) 18 Bezüger/innen betroffen. Diese beziehen zur Zeit nur die kantonale Beihilfe und Gemeindezuschüsse.
In §16 wird die Anspruchsberechtigung auf AHV-/IV-Beihilfe drastisch einge-schränkt, indem neue Vermögensgrenzen eingeführt werden. Beihilfen sollen nur noch gewährt werden, wenn das Vermögen bei Einzelpersonen 25'000 Franken und bei Ehepaaren 40'000 Franken nicht überschreitet. In Uster wären davon 88 Bezüger/innen betroffen.
Insgesamt wären gesamthaft rund 20% der Bezüger/innen von AHV-/IV-Beihilfen und Gemeindezuschüssen von der Gesetzesrevision betroffen.

zu Frage 2: Die finanziellen Auswirkungen der vorgelegten Gesetzesrevision für die Stadt Uster sind nur sehr schwer vorauszusagen. Sie hängen wesentlich damit zu-sammen, in welcher Art die Stadt Uster die Gemeindezuschüsse in Zukunft an-passen würde. Im Rahmen der heutigen Regelung würde nämlich beim Wegfall der Beihilfe auch gleichzeitig der Gemeindezuschuss wegfallen. In wievielen Fäl-len die Fürsorge für den Ausfall einspringen müsste, kann derzeit nicht abgeschätzt werden. Dies würde auch davon abhängen, wieviele Betroffene effektiv Antrag auf Fürsorgeleistungen stellen würden.
Tatsache ist aber, dass in allen Fällen, in welchen die Fürsorgebehörde neu einspringen müsste, ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand entstehen würde, weil einerseits das Sozialversicherungsamt im Zusammenhang mit den Ergänzungs-leistungen dieselben Fälle führt, welche anderseits im Sozialdienst für Fürsorgeleistungen anhängig werden. Damit würde ein event. Spareffekt ganz oder zum Teil wieder vernichtet.
Gleichzeitig ist davon auszugehen, dass diejenigen Bezüger/innen, welche zur Zeit ein Vermögen haben, welches sich knapp über den Grenzwerten bewegt, etwas mehr Vermögen verbrauchen, nur damit sie wieder in die Berechtigungsgrenzen der Beihilfe und des Gemeindezuschusses kommen. Dies würde ebenfalls zu einem vermehrten Verwaltungsaufwand führen, da solche Fälle auf Gesuch hin alle einer ausserordentlichen Anpassung unterzogen werden müssten.

zu Frage 3: Der Stadtrat von Uster hat sich in der Vergangenheit immer dafür eingesetzt, dass auch diejenigen Einwohner/innen der Stadt, welche ihr Existenzminimum nicht aus eigenen Mitteln bestreiten können, in Würde leben und sich in unserer Stadt integriert und wohlfühlen können. Seine sozialen Ziele hat er sowohl in den Schwerpunkten, wie auch im Alterskonzept klar dargelegt. Er ist der Meinung, dass sich das bisherige System der Zusatzleistungen zur AHV/IV bewährt hat und sieht keine Veranlassung dies zu ändern. In diesem Sinne hat er es bisher auch abgelehnt, eine Kürzung oder gar die Abschaffung der Gemeindezuschüsse, wie dies von anderen zürcherischen Gemeinden eingebracht wurde, zu beantragen.

zu Frage 4: Mit der Veröffentlichung der Antwort auf die Kleine Anfrage gibt der Stadtrat seine Position in dieser Angelegenheit öffentlich bekannt. Weitere Massnahmen sind keine vorgesehen.
Der Stadtrat hat grundsätzlich bis anhin bei kantonalen und eidgenössischen Abstimmungen nicht in den Abstimmungskampf eingegriffen, bzw. Empfehlungen abgegeben. An diesen Grundsatz will er sich auch bei dieser Abstimmung halten.

zu Frage 5: Mit den verschiedenen Änderungen im übergeordneten Bundesrecht (Ergänzungsleistungen) in den letzten Jahren drängt sich auch eine Revision der Regelung der Gemeindezuschüsse in der Stadt Uster auf. Die Abteilung Soziales bereitet zur Zeit die Revision dieser Verordnung vor. Für den Stadtrat sind zwei Szenarien denkbar:

Die kantonsrätliche Vorlage vom 24.09.00 wird verworfen: In diesem Fall bleibt das bisherige Zusatzleistungsgesetz in Kraft. Die Revision der Regelung über die Gemeindezuschüsse muss trotzdem erfolgen und der Stadtrat wird in diesem Verfahren die Entkoppelung der Gemeindezuschüsse von der kantonalen Beihilfe einer generellen Prüfung unterziehen.
Mit dem Abschluss der Revision der Verordnung über die Gemeindezuschüsse und einer entsprechenden Antragstellung ist auf Ende 2000 zu rechnen.

Die kantonsrätliche Vorlage wird vom Volk angenommen: In diesem Fall ist neben den sonstigen Revisionspunkten auch ein Ausbau der Gemeindeleistungen zur Minimierung der finanziellen Verluste für die Bezüger/innen zu prüfen. Der Stadtrat geht davon aus, dass die entstehenden Mehrkosten in einem vertretbaren Rahmen liegen sollten, da die Stadt Uster bereits heute für rund 60% der gegebenenfalls wegfallenden AHV-/IV-Beihilfen aus Gemeindesteuermitteln aufkommt. Unter diesen Umständen müsste eine Revision der Verordnung über die Gemeindezuschüsse unverzüglich an die Hand genommen werden, damit diese gleichzeitig mit der Inkraftsetzung einer neuen kantonalen Regelung für Uster wirksam würde.

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