Vorstösse der SP Uster im Gemeinderat

09. August 2002

Wohnungsbau in Uster

Interpellation von Reto Dettli

Die Entwicklung des Wohnungsangebotes einer Stadt ist für die Attraktivität derselben von Bedeutung. Das Zusamenspiel von Eigentumswohnungen, kommerziellem Mietwohnungsbau und dem gemeinnützigen Wohnungsbau ist für die Stabilität und damit verbundenen preislichen Schwankungen des Angebotes wichtig.

Ich bitte in diesem Zusammenhang den Stadtrat um Beantwortung folgender Fragen:

  1. Wie ist die Entwicklung der Leerwohnungsziffern der letzten 5 Jahre?
  2. Laut Geschäftsbericht 2001 wurden zwischen 1997 und 2001 zwischen 140 und 240 Wohnungen jährlich erbaut. Welcher Anteil betrifft Mietwohnungen, welcher Anteil wird von den EigentümerInnen mit hoher Wahrscheinlichkeit selbst bewohnt (EFH, Stockwerkeigentum)? Falls keine exakten Daten vorliegen bitten wir um eine Schätzung.
  3. Wie viele Wohnungen wurden im genossenschaftlichen Wohnungsbau bzw. einer anderen nicht gewinnorientierten Rechtsform erstellt?
  4. Erachtet der Stadtrat diese Entwicklung als sinnvoll? Wir bitten um Begründung der Antwort.

 

Der Stadtrat beantwortet die Interpellation wie folgt:

Zu Frage 1: Leerwohnungen wiederspiegeln die Situation auf dem Wohnungs- und Liegenschaftsmarkt. Sie sind ein wichtiger Indikator der Konjunkturlage. Die Zählung stützt sich auf das Bundesstatistikgesetz vom 9. Oktober 1992 und die Verordnung über die Durchführung von statistischen Erhebungen des Bundes vom 30. Juni 1993 mit den seitherigen Änderungen. Zuständig im Kanton Zürich ist das kantonale statistische Amt, welches die alljährliche Erhebung über die leerstehenden Wohnungen im Auftrag des Bundesamtes für Statistik (BFS) durchführt. Stichtag für die Erhebung ist jeweils der 1. Juni. Die vom BFS benötigten Angaben werden mittels Fra-gebogen bei den Gemeinden erhoben.

Zwingende Vorschriften über die Art der Erhebung bestehen nicht. In der Stadt Uster ist Herr Zgraggen, Energie Uster AG mit der Aufgabe betreut, die Liste der leerstehenden Wohnungen zu führen und deren Bestand mittels Fragebogen dem statistischen Amt zu melden.

Gemäss dem erwähnten Erhebungsformular werden die leerstehenden Wohnungen nach Eigentums- und Mietwohnungen sowie auch nach Anzahl der Zimmer unterschieden. Die Einfamilienhäuser und Neuwohnungen (höchstens zweijährig) werden je separat erfasst.

Als Leerwohnung im Sinne der Zählung versteht man jede Wohnung oder jedes Einfamilienhaus, welche(s) gleichzeitig den folgenden Kriterien entspricht:

  • nicht besetzt, aber bewohnbar am 1. Juni;
  • ausgeschrieben zur dauernden Miete (mind. für drei Monate) oder zum Verkauf.

Nicht gezählt werden insbesondere Neuwohnungen, die am 1. Juni vermietet oder verkauft, jedoch an diesem Datum noch nicht bezogen worden sind sowie Wohnungen in Abbruch- oder Umbauobjekten, Dienstwohnungen, Ferien- und Zweitwohnungen.

Die Zahl der leerstehenden Wohnungen ist im Kanton Zürich 2002 zum vierten aufeinanderfolgenden Mal stark rückläufig. Innert Jahresfrist sank die Leerwohnungsquote von 0.47 % auf 0.39 %. Der abnehmende Leerbestand ist eine Folge davon, dass die Wohnungsproduktion nicht mit der Nachfrage Schritt halten kann. Sie hängt auch damit zusammen, dass sich die Wohnungszahl bei Altbausanierungen oft reduziert.

Die Leerwohnungsziffer lag in den den vergangenen Jahren zwischen 2.11 Prozent (1997) und 0.77 Prozent bezogen auf den totalen Wohnungsbestand. Mit diesen Zahlen lag und liegt die Leerwohnungsziffer in der Stadt Uster höher als gemäss kantonalem Durchschnitt. Dies dürfte mit dem Umstand zusammenhängen, dass in Uster stets eine vergleichsweise hohe Wohnungsproduktion erfolgte.

 

Zu Frage 2: Das Verhältnis zwischen Miet- und Eigentumswohnungen wird nur beim Leerwohnungsbestand jährlich erhoben (siehe Antwort zu Frage 1). Davon abgesehen stammen die letzten kantonalen Daten aus der Volkszählung 1990. Danach ergibt sich für die Stadt Uster, dass von total 10'128 bestehenden Wohnungen deren 5'755 im Eigentum von Privatpersonen standen. Diese Zahlen sind allerdings nur zum Teil aussagekräftig, zumal die Privatpersonen wohl weitgehend, nicht aber ausschliesslich die Liegenschaften selbst bewohnen.

Abgesehen davon sind die Zahlen heute wohl kaum mehr von Interesse, weil sich seither die Verhältnisse erheblich geändert haben. Die entsprechenden Daten aus der Volkszählung 2000 werden frühestens im Januar 2003 vorliegen.

Nach Abzug der Einfamilienhäuser verbleiben für die Jahre 1997 – 2000 mehr als hundert, für das Jahr 2001 mehr als 200 erstellte Wohnungen. Dabei handelt es sich weitgehend um Eigentumswohnungen. Gemäss den Einschätzungen der Abteilung Hochbau und der Energie Uster AG wurden in den vergangenen Jahren kaum mehr Mietwohnungen erstellt. Das aktuelle Miet-recht und die Situation auf dem Bodenmarkt halten viele Investoren davon ab, Mietwohnungen zu erstellen.

Gemäss dem Kenntnisstand der Abteilung Hochbau wird die Überbauung im Bereich Seeweg/Seestrasse neben Eigentums- auch Mietwohnungen enthalten. An der Industriestrasse 2a / 2b werden die 22 vorgesehenen Eigentumswohnungen je nach Verkauf allenfalls in Mietwohnungen umgewandelt. Für ein grösseres Bauvorhaben an der Industriestrasse sind jedoch 164 Mietwohnungen vorgesehen. Die baurechtliche Bewilligung wird im Jahr 2003 erteilt.

 

Zu Frage 3: Soweit bekannt wurden in den vergangenen sieben Jahren die folgenden genossenschaftlichen Wohnungen erstellt bzw. bewilligt:

1995: 9 Wohnungen (Talweg 159)

1995/96: 23 Wohnungen (Fehraltorferstrasse 10-14)

1997: 30 Wohnungen (Talweg 165-169)

1998: 75 Wohnungen (Im Werk)

2001: 30 Wohungen in Bau (Oberlandstrasse), 30 Wohungen bewilligt (Brandstrasse)

 

Zu Frage 4: Die Frage nach dem Sinn der aufgezeigten Entwicklung muss aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet werden. Zunächst ist festzuhalten, dass es sich beim Stichtag (1. Juni) nicht um einen ordentlichen Kündigungstermin handelt und dass demzufolge der Wohnungsbestand, welcher an ordentlichen Kündigungsterminen den Mieter/die Mieterin wechselt, nicht erfasst wird. Die Würdigung der Entwicklung des jeweils per 1. Juni erhobenen Leerwohnungsbestandes hängt zudem mit der Frage zusammen, welcher Leerwohnungsbestand in der Stadt Uster noch tragbar ist, damit der Wohnungsmarkt tatsächlich noch spielt. Auf der einen Seite nämlich muss die Stadt Uster in Anbetracht des sehr tiefen durchschnittlichen Steuerertrages pro Kopf ein Interesse daran haben, dass Wohnungen – sei es Eigentums- oder Mietwohnungen – des mittleren und oberen Segmentes erstellt und sofort vermietet bzw. verkauft werden. Diese Entwicklung würde eher Gewähr dafür bieten, dass zumindest mittelfristig von einem Anstieg des durchschnittlichen Steuerertrages pro Kopf ausgegangen werden darf. Auf der anderen Seite ist aber auch darauf zu achten, dass genügend Sozialwohnungen verfügbar sind, um bei der teils kurzfristigen Unterbringung sozial Bedürftiger genügend Handlungsspielraum zu haben und um hierfür nicht (zu) teure Wohnungen mieten zu müssen. Ob der in Uster bestehende Leerwohnungsbestand sinnvoll ist, kann somit nicht schlüssig beurteilt werden. Zieht man eine von der Liegenschaftenverwaltung des Hauseigentümerverbandes (HEV) Zürich erstellte Erhebung über die zwischen Januar und September 2002 erfolgten Kündigungen in Wohnungen des Verwaltungsbestandes des HEV bei, wonach 92 % dieser Kündigungen von Seiten der Mieterschaft ausgesprochen wurden, so gelangt man doch eher zum Schluss, dass der momentane Leerwohnungsbestand nach wie vor vertretbar ist. Der Stadtrat erhofft sich zudem aus der Volkszählung aussagekräftigere Zahlen insbesondere betreffend Grösse und Qualität der in Uster vorhandenen Wohnungen.

Der Stadtrat sieht folgende Gründe für den in den vergangenen Jahren abnehmenden Leerwohnungsbestand:

  • eher mieterfreundliches Mietrecht, welches als Folge seiner strengen Formvorschriften an die Verwaltungen hohe Anforderungen stellt und potentielle Bauherrschaften vom Bau von Mietwohnungen abschreckt
  • die Rendite des Mietwohnungsbaus ist zu tief
  • der Bau von Wohneigentum wird stark gefördert (Wohneigentumsförderungsgesetz; 2. Säule-Guthaben als (Teil-)Finanzierungsmöglichkeit)
  • zur Zeit sehr tiefer Hypothekarzins

Diese Aufzählung verdeutlicht, dass die Einflussmöglichkeiten der Stadt Uster auf die Entwicklung des Leerwohnungsbestandes kaum vorhanden sind, zumal sie kein eigenes Land mehr besitzt, auf welchem Mehrfamilienhäuser realisiert werden können.

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