Vorstösse der SP Uster im Gemeinderat

09. Dezember 1999

Einhaltung sozialer Minimalstandards durch Auftragnehmende der öffentlichen Hand

Anfrage von Stefan Feldmann

Los Angeles County hat kürzlich ein sogenanntes Living-Wages-Gesetz verabschiedet. Demnach haben Unternehmen, welche öffentliche Aufträge erhalten, ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern existenzsichernde Löhne zu zahlen. Diese liegen in den USA deutlich über den gesetzlich festgelegten Mindestlöhnen. Zahlreiche Städte und Gemeinden in den USA haben bereits ähnliche Regelungen getroffen.

Viele Aufgaben und die damit verbundenen Arbeitsplätze der öffentlichen Verwaltung auf Kantons- und Gemeindeebene sind im Verlauf der letzten Jahre ausgelagert und auf private Firmen übertragen worden. In gewissen Bereichen kostet die Leistungserbringung durch Private die öffentliche Hand heute tatsächlich weniger. Allerdings ist diese Kostenersparnis in aller Regel nicht etwa durch eine höhere Produktivität privater Anbieter entstanden, sondern sie konnte in erster Linie dank einem niedrigeren Lohnniveau der Beschäftigten erreicht werden. Dieser Sachverhalt ist in verschiedener Hinsicht stossend:

Erstens profitiert die öffentliche Hand offensichtlich von den niedrigeren Löhnen und den unsicheren Anstellungsverhältnissen der Angestellten der besagten privaten Anbieter.

Zweitens wächst mit dem Verschulden der öffentlichen Hand die Zahl der arbeitenden Armen («working poor»), das heisst von Leuten, deren Lohn bei vollem Arbeitspensum nicht ausreicht, um einer Familie ein Leben über der Armutsgrenze zu sichern.

Drittens entstehen für die Gemeinden erhebliche Mehrkosten, weil an die arbeitenden Armen Sozialhilfe- und Fürsorgeleistungen ausgerichtet werden müssen.

In diesem Zusammenhang frage ich den Stadtrat an:

  1. Achtet der Stadtrat bei der Vergabe öffentlicher Aufträge darauf, welches Lohnniveau die auftragnehmenden Firmen einhalten?
  2. Teilt der Stadtrat die Meinung, dass ein unterstes Minimalniveau von 3'000.-- Franken für Löhne und Arbeitsentgelte nicht unterschritten werden darf?
  3. Ist der Stadtrat bereit, im Rahmen der geltenden Submissionsregelungen darauf hinzuwirken, dass nur Unternehmen öffentliche Aufträge erhalten, welche soziale Minimalstandards einhalten und existenzsichernde Löhne entrichten (mindestens aber 3'000.-- Franken im Monat für ein Vollpensum) und sich keine Verstösse gegen das geltende Arbeits- oder Sozialversicherungsrecht haben zu Schulden kommen lassen?

Ich danke dem Stadtrat für die Beantwortung dieser Fragen.

Der Stadtrat beantwortet die Anfrage wie folgt:

zu Frage 1: Das Lohnniveau einer sich um einen Auftrag bewerbenden Unternehmung wird nicht explizit abgeklärt. Eine entsprechende Prüfung wäre aus Datenschutzüberlegungen ausserordentlich problematisch und zudem mit einem unverhältnismässigen Aufwand verbunden. Gegenstand der Prüfung ist hingegen das in § 26 der Submissionsverordnung festgehaltene, der Fragestellung sehr nahestehende Thema Gesamtarbeitsverträge (vgl. Antwort auf Frage 3).

zu Frage 2: Das Thema Minimallöhne stellt nach Ansicht des Stadtrates ein komplexes gesellschaftspolitisches Problemfeld dar, dessen Lösung ohne Zweifel nicht in erster Linie auf der kommunalen Ebene liegt. Insofern ist der Stadtrat nicht die richtige Instanz, um die Frage zu beantworten. Was hingegen bestätigt werden muss, ist die in der Anfrage erwähnte Tendenz, dass die Anzahl der erwerbstätigen Hilfesuchenden im Sozial- und Fürsorgebereich im Steigen begriffen ist.

zu Frage 3: In der kantonalen Submissionsverordnung, welche auch für die Gemeinden verbindlich ist, regelt § 26 die Anforderungen an die Auftragnehmer/innen. Anbietende, welche Sozialabgaben nicht bezahlt haben, sind von der Auftragsvergabe ausgeschlossen. Im weiteren dürfen nur Angebote von Anbietenden berücksichtigt werden, welche die Arbeitsschutzbestimmungen sowie die Arbeitsbedingungen der Gesamtarbeitsverträge, der Normalarbeitsverträge oder bei deren Fehlen die branchenüblichen Vorschriften einhalten. Diese Punkte werden im Rahmen der Bearbeitung der Angebote geprüft.

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