Vorstösse der SP Uster im Gemeinderat

07. März 2016

Konzept bei der Vergabe von Kunstprojekten im öffentlichen Raum

Anfrage von Kathrin Agosti

Gemäss Kulturleitbild 2020 der Stadt Uster soll in Uster Kultur positioniert und deren Nutzen und Wirken sichtbar gemacht werden, indem zum Beispiel Kunst am Bau projektiert wird (Kulturpolitisches Ziel A, Massnahme A.1.6). Weiter wird unter dem Kulturpolitischen Ziel E ausgeführt: Die Politik anerkennt Kultur – auch als Kunst im öffentlichen Raum – als Imageträger einer Wohnstadt am Wasser und setzt deren Angebote und Ausstrahlung gezielt ein.

Zudem hat sich der Stadtrat bereits im Jahre 1998 im Zusammenhang mit öffentlichen Bauten zum sogenannten Kunstprozent bekannt (Stadtratsbeschluss Nr. 52 vom 5. Februar 1998). Gemäss diesem Beschluss soll bei allen städtischen Bauvorhaben und Anlagen der Stadt Uster ab Fr. 100'000 ein Prozent der Baukosten für Kunst am Bau reserviert werden.

Zwei Beschlüsse des Stadtrates bzw. der Primarschulpflege aus der nahen Vergangenheit veranlassen mich zu Fragen im Zusammenhang mit dem Thema Kunst am Bau bzw. Kunst im öffentlichen Raum:

  • Mit Beschluss vom 3. November 2015 beantragte die Primarschulpflege die Genehmigung des Gesamtkredites für das Schulhaus Krämeracker. Für Kunst am Bau war darin kein Betrag vorgesehen. Der Stadtrat empfahl dem Gemeinderat ohne weiteren Kommentar Zustimmung zum Antrag der Primarschulpflege. Weder die Primarschulpflege noch der Stadtrat äusserten sich dazu, weshalb entgegen den oben erwähnten Grundsätzen für Kunst am Bau nichts (mehr) vorgesehen war.
  • Dem Anzeiger von Uster vom 17. Dezember 2015 war hingegen zu entnehmen, dass der Stadtrat für die gestalterische Aufwertung der Kreisels Sonnenberg durch ein Kunstwerk des Ateliers Dati aus Pfäffikon („Ruhende Sonnen“) einen Gesamtkredit von Fr. 145’500 bewilligt hatte. Diese Vergabe wirft Fragen auf, handelt es sich doch um ein Atelier ausserhalb der Stadt Uster und hat der Stadtrat mit der doch beachtlichen Auftragssumme die Grenze der freihändigen Vergabe nach Submissionsrecht praktisch ausgeschöpft. Zudem war nicht bekannt, dass der Stadtrat nach einem Kunstwerk auf dem Kreisel suchte.

Vor diesem Hintergrund bitte ich um Beantwortung der folgenden Fragen:

  1. Welches Konzept verfolgt der Stadtrat in Bezug auf Kunst am Bau?
  2. Welches Konzept verfolgt der Stadtrat in Bezug auf Kunst im öffentlichen Raum und insbesondere Kunst auf Verkehrskreiseln?
  3. Erachtet sich der Stadtrat nach wie vor an den Beschluss zu Kunst am Bau aus dem Jahre 1998 („Kunstprozent“) gebunden?
  4. Wie geht der Stadtrat bei der Ausschreibung und Vergabe eines Auftrages oder beim Kauf eines bestehenden Kunstobjektes für Kunst am Bau vor?
  5. Wie geht der Stadtrat bei der Ausschreibung und Vergabe eines Auftrages für Kunst imöffentlichen Raum bzw. Kunst auf Verkehrskreiseln vor?
  6. Nach welchen Kriterien entscheidet der Stadtrat für die Vergabe eines Auftrages oder für den Kauf eines Kunstobjektes?
  7. Wie wird die Kulturkommission der Stadt Uster in das Vorgehen miteinbezogen?
  8. Wieso hat sich der Stadtrat beim Sonnenbergkreisel für ein Pfäffiker Atelier entschieden? Welches Verfahren wurde durchgeführt?

Besten Dank für die Beantwortung dieser Fragen!

 

Der Stadtrat beantwortet die Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Seit Januar 2015 erarbeitet die Abteilung Präsidiales in enger Zusammenarbeit mit der Kulturkommission ein Reglement zum städtischen Kunstbesitz. Das neue Reglement wurde von der Kulturkommission an ihrer Sitzung vom 9. Juli 2015 abgesegnet und vom Stadtrat am 31. Mai 2016 genehmigt. Es tritt per 1. Juli in Kraft (Beilage 1). Auswahl- und Anschaffungskriterien von Werken im Bereich «Kunst am Bau» und «Kunst im öffentlichen Raum» – und damit ein Gesamtkonzept – sind Teil dieses Reglements.

Zu Frage 2: Das neue Reglement definiert zwölf allgemeine Anschaffungskriterien, die beim Kunstankauf und bei Kunstschenkungen berücksichtigt werden. Hinzu kommen vier weitere spezifische Kriterien für «Kunst am Bau» und «Kunst im öffentlichen Raum». Es sind dies:

  • Eignung für ein lebendiges Stadtbild
  • Sicherheit des Kunstobjekts und standortbedingte Gefährdung
  • Verträglichkeit mit anderen Veranstaltungen und Bauprojekten im Umfeld
  • Praktischer und effizienter Unterhalt

Tiefbauprojekte werden im neuen Reglement nicht der «Kunst am Bau» zugeordnet. Sie sind damit auch nicht Bestandteil der Finanzierungsregel für «Kunst am Bau» bei städtischen Bauprojekten. Die Kulturkommission betrachtet Verkehrskreisel als wenig idealen Standort für Kunst und ordnet sie vielmehr dem Verkehrssystem zu. Sollte dennoch Kunst für die Gestaltung eines Kreisels in Betracht gezogen werden, so wird gemäss dem neuen Reglement die Kulturkommission zur Beratung beigezogen.

Bei der Gestaltung der beiden Kreisel «Werkheim» und «Sonnenbergstrasse» ist der Stadtrat wie folgt vorgegangen: 

«Kreisel Werkheim», 2012: Das Architekturbüro «Thomas Schregenberger GmbH» wurde beauftragt, die Gestaltung des neuen Kreisels an der Kreuzung Burg-/Talacker-/Riediker-/Friedhofstrasse zu entwerfen. Als langjähriges Mitglied der Stadtbildkommission und Kritiker von Kreiselgestaltungen wurde Thomas Schregenberger vom Stadtrat beauftragt, das neue Kreiselbauwerk des Kantons zu analysieren, die Gegebenheiten vor Ort zu erfassen, das technisch Machbare auszuloten und einen Gestaltungsvorschlag auszuarbeiten. Der Quartierverein Kirchuster und das Werkheim Uster zeigten Interesse, anlässlich einer Entwurfssitzung ihre Anliegen einzubringen. Aufgrund der besonderen Situation, dass die Burg und die reformierte Kirche Uster in Sichtdistanz des Kreisels liegen, konnte das Architekturbüro den Interessensvertretern klar aufzeigen, dass die Kreiselgestaltung untergeordnet sein muss. Es darf kein Kunstwerk sein. Das Kreiselauge ist ein Teil der Verkehrsanlage zur Lenkung des Verkehrs. Die Baudirektion des Kantons Zürich bewilligte 2012 den «Kreisel Werkheim» der Stadt Uster.

«Kreisel Sonnenbergstrasse», 2015: In den Jahren 2013 und 2014 wurde im Zuge der Sanierung der Sonnenbergstrasse der Kreisel Sonnenberg erstellt. Das Kreiselauge wurde gemäss damaligem Projekt bewusst minimal und kostengünstig mit einer reinen Pflästerung ausgeführt. In den folgenden Jahren wurde beobachtet, dass das Kreiselauge immer wieder – insbesondere von Lastwagen – aber auch von Velos in direkter Linie überfahren wurde. Dies gefährdete die Verkehrssicherheit und hätte langfristig den Aufbau im Kreiselauge zerstört. Durch die drei «ruhenden Sonnen» konnte die Sicherheit der Kreiselanlage gezielt verbessert werden. Die Sichtbarkeit des Kreiselbauwerks wurde erhöht, die Durchsicht eingeschränkt und der Verkehr dadurch verlangsamt.

Zu Frage 3: Das neue Reglement zum Kunstbesitz der Stadt Uster basiert auf dem Stadtratsbeschluss Nr. 52 vom 5. Februar 1998 (Beilage 2) und ersetzt diesen. Anstelle des fixen Kunstprozents definiert das neue Reglement je nach Bauvolumen festgelegte Kunstbeiträge. Damit soll «Kunst am Bau» auch bei grossen Bauvorhaben finanzierbar bleiben. Der Stadtrat erachtet es als wichtiger, dass bei «Kunst am Bau» ein konkreter Auftrag an einen Künstler oder eine Künstlerin erteilt wird, als dass die Kunstprojekte nach rein quantitativen Kriterien gesteuert werden.

Zu Frage 4: Gemäss dem neuen Reglement sollen für städtische Bauprojekte ab 500 000 Franken unter BKP-Nr. 9.8 ein von der Investitionshöhe abhängiger Betrag (minimal 20 000 Franken) für «Kunst am Bau» aufgenommen werden. Für die Umsetzung kann entweder ein Präqualifikationsverfahren, ein Wettbewerbsverfahren oder ein direkter Auftrag an eine Künstlerin oder einen Künstler erfolgen.

Zu Frage 5: Bei den beiden Kreiseln «Werkheim», 2012 und «Sonnenberg», 2015 wurde gezielt das freihändige Vergabeverfahren angewendet. Da es sich bei Kreiselgestaltungen um technische Objekte des Verkehrsraumes handelt, sind diverse technische Rahmenbedingungen einzuhalten.

Die Planungs- und Bauleitungsleistungen wurden bei beiden Kreiseln freihändig an ein Architekturbüro und ein Kunstatelier vergeben. Die Betonelemente und die Metallbauarbeiten wurden durch dieselben Unternehmen bereitgestellt. Die Tiefbauarbeiten wurden mit den Bauarbeiten koordiniert und durch den beauftragen Strassenbauunternehmer offeriert und realisiert. Beim Kreisel «Sonnenberg» wurden die Tiefbauarbeiten nachträglich kostengünstig durch das Strasseninspektorat ausgeführt.

Ein Präqualifikations- und Wettbewerbsverfahren mit Preisgeldern für die Ausarbeitung einer Kreiselgestaltung erachtet die Abteilung Bau, aufgrund der bestehenden technischen Rahmenbedingungen, als wenig geeignet. Zudem ist es aufwendig und kostenintensiv.

Zu Frage 6: Das neue Reglement definiert folgende zwölf Kriterien, die bei einem Kunstankauf oder einer Kunstschenkungen berücksichtigt werden:

  • künstlerische Qualität
  • lokaler / nationaler / internationaler Stellenwert
  • ausstellungsbiografischer Hintergrund  Beziehung zwischen Kunst und Kontext / Umfeld
  • Rezeption der Kunst (Identitätsbildung; spezifische historische Bedeutung)
  • künstlerische Relevanz des Werks in Bezug auf die Gegenwart, auf die Entstehungszeit und auf das Gesamtwerk des Künstlers oder der Künstlerin
  • Verhältnis zu anderen Werken desselben Künstlers/derselben Künstlerin in der Stadt und zu Werken an-derer Künstlerinnen und Künstler aus derselben Epoche
  • keine ethisch oder politisch heikle Hintergründe
  • gute Widerstandsfähigkeit (Alterung)
  • konservatorischer Zustand / Restaurationskosten
  • Publikationsrechte für weitere Veröffentlichung im Web oder an öffentlichen Vorführungen

Zu Frage 7: Die Kulturkommission berät die Leistungsgruppe Kultur und den Stadtrat sowohl bei Kunstankäufen als auch bei der Auswahl von «Kunst am Bau» und «Kunst im öffentlichen Raum» sowie der Übernahme von Schenkungen.

Frage 8: Für die Gestaltung von Verkehrskreiseln hat der Stadtrat in den letzten Jahren jeweils das freihändige Verfahren gewählt. Als Vergabekriterium wurden die spezifischen, städtebaulichen Kenntnis von Uster und das langjährige gestalterische Know-how definiert. Das Atelier Dati aus Pfäffikon ZH, war mit dem Projektperimeter seit Langem vertraut und erfüllten die Vergabekriterien vollumfänglich. Allgemein wird beobachtet, dass das Kulturschaffen im Kreationsprozess Grenzen überwindet. So gibt es Kulturschaffende, die in Uster wohnen und in Zürich arbeiten und umgekehrt. Der Wohnoder Steuersitz eines Kulturschaffenden ist deshalb kein Pflichtkriterium für die Vergabe von Aufträgen – auch nicht bei der Vergabe von Fördergeldern. Von Bedeutung ist der Bezug zur Region Uster. Beim Atelier Dati ist dieser gross, da beide Künstler in Uster wohnen.

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