Vorstösse der SP Uster im Gemeinderat

10. Februar 2020

Keine bürokratischen Hindernisse für Freiwilligenarbeit

Postulat von Balthasar Thalmann

Der Stadtrat wird eingeladen zu prüfen, wie bei Veranstaltungen das Bewilligungsverfahren vereinfacht und die Auflagen entschlackt werden können. 

Begründung

In den letzten Monaten waren vermehrt Stimmen von nichtkommerziellen Veranstaltern zu hören, wonach die Gesuchsunterlagen und das Verfahren für Veranstaltungsbewilligungen sehr kompliziert seien und Wissen voraussetze, über das Freiwillige nicht verfügten und somit überfordert seien. Zudem würden Auflagen formuliert, die die Veranstaltungen verteuerten oder nur mit grossem organisatorischem Aufwand zu erfüllen seien.

Von Freiwilligen organisierte öffentliche Veranstaltungen gehören zur DNA von Uster; seien es gesellschaftliche, kulturelle oder sportliche Anlässe. Diesem Engagement gebühren grösster Respekt und hohe Anerkennung. Die Stadt muss dafür sorgen, dass diesem Engagement nicht unnötig Steine in den Weg gelegt werden. Denn Freiwilligenarbeit hat genügend andere Probleme, allem voran das Finden von Personen, die einen Teil ihrer Freizeit für das Gemeinwohl opfern, oder das Finden von Sponsoren.

Es ist durchaus anzuerkennen, dass die Verwaltungspolizei mit Vorlagen auf der Homepage und mit Beratungen schon viel für das Gelingen von Veranstaltungen in Uster beiträgt. Dennoch erscheint es angezeigt, das Veranstaltungswesen nochmals zu überprüfen. Zum einen das Bewilligungsverfahren: Was für Verwaltungsfachleute einfach erscheint, ist für Laien eine wahre Herausforderung. Während routinierte Veranstalter wissen, wie ein x-seitiges Formular auszufüllen ist, was ein Veranstaltungskonzept beinhaltet und wann wen zu kontaktieren ist, gestaltet sich dasselbe für weniger Geübte als Spiessrutenlauf.

Zum anderen sind auch die Auflagen zu überprüfen. Sind wirklich alle nötig, wird der richtige Massstab angesetzt oder können welche durch Dienstleistungen der Stadt übernommen werden? Dies ist ein Balanceakt zwischen Einfachheit und Absicherung. Denn wenn etwas schiefläuft wird – leider, leider, leider – heute gerne als erstes einen Schuldigen gesucht. Kein Wunder versuchen alle, sich so gut als möglich abzusichern. Wie viele Auflagen für Ordnung und Sicherheit verlangt werden, ist daher auch eine politische Frage. Möchte man einfacher werden, sind wohl Entscheidungen der politischen Gremien nötig, die der Verwaltung den Rücken stärken

Bericht und Antrag des Stadtrates:

A. Ausganglage

Freiwillige, die meist in Vereinen organisiert sind, erbringen in Uster einen unverzichtbaren Beitrag für das gesellschaftliche Leben. Sie sind eine zentrale Basis für das Milizsystem. Für die Stadt sind Ehrenamtliche und Vereine auch wichtige Erbringer von ausgelagerten, öffentlichen Leistungen. Deshalb fördert die Stadt Uster das Engagement von Freiwilligen. Zur Anerkennung ihres Einsatzes vergibt der Stadtrat jährlich den Engagementpreis. Dieses Jahr geht der Preis an die 11 Quartiervereine. Damit würdigt der Stadtrat deren grossen Einsatz für die Zivilgesellschaft. Darüber hinaus fördert die Stadt die Vereine mittels Infrastruktur, städtischen Dienstleistungen sowie Finanzierungsbeiträgen. Insgesamt beträgt diese Unterstützung 1.5 Mio. Franken pro Jahr.

Im März 2017 führte der Kanton Zürich ein neues Gesuchsformular für Veranstaltungsbewilligungen ein. Ziel war es, die unterschiedlichen Bewilligungspraxen im Kanton zu vereinheitlichen sowie mit einem standardisierten Prozess und Checklisten sicherzustellen, dass sämtlichen Sicherheits- und Organisationsaspekten angemessen Rechnung getragen wird. Als städtische Bewilligungsbehörde für Veranstaltungen setzt die Stadtpolizei Uster (Verwaltungspolizei) das neue Bewilligungsformular seit April 2017 um. Nach dem Grundsatz «so wenig wie möglich, soviel wie nötig» kommen je nach Grösse einer Veranstaltung unterschiedlich lange Formulare zum Einsatz. Im Jahr 2018 konnten 1851 Bewilligungen auf der Basis des städtischen Kurzformulars gesprochen werden. Bei 191 oder 10% der Bewilligungen musste das kantonale Formular angewendet werden.

Gemäss den Ausführungen des Postulanten geht es auch darum, die politische Diskussion über die oftmals erwartete Null-Risiko-Gesellschaft, welche immer neue Vorschriften hervorbringt, in Gang zu bringen.

B. Überprüfung Bewilligungsverfahren

Zur Beantwortung des Postulats wurde als erster Schritt ein Vorgespräch mit dem Postulanten geführt. Anschliessend fanden Interviews mit Vertretern folgender Vereine statt: Dorfverein Wematswil, FG Humoria, H2U Open-Air. Parallel dazu wurde mit dem Chief Digital Officer (CDO) geprüft, wie das Gesuchs- und Bewilligungsverfahren in einen digitalen Prozess überführt werden könnte

Aufgrund der Gespräche mit den Vereinen wurde in folgenden sechs Punkten nach Verbesserungsmöglichkeiten im Sinne des Postulats gesucht:

  1. Auflagen und Pflichten
  2. Sicherheitskonzept
  3. Gesuchsformular
  4. Kosten und Gebühren
  5. Information und Kommunikation
  6. Digitaler Prozess

1. Auflagen und Pflichten

Der Gesetzgeber unterscheidet in der Übernahme von gesetzlichen Pflichten nicht zwischen professionellen und ehrenamtlichen Veranstaltenden. Die Pflichten gelten für alle Bewilligungsinhabenden uneingeschränkt. Die Bewilligungsinstanz hat sicher zu stellen, dass die öffentliche Sicherheit und die übrigen sogenannten Polizeigüter nicht gefährdet werden. Der bewilligungsinhabenden Person muss durch die Auflagen in der Polizeibewilligung bewusst gemacht werden, welche rechtlichen Verpflichtungen sie mit Erteilung der Bewilligung übernommen hat.

Es ist daher zwingend, dass die Bewilligungsinhabenden über sämtliche Auflagen informiert werden. Bei der Beachtung und Einhaltung dieser Auflagen kann die bewilligungsinhabende Person davon ausgehen, dass sie bestmöglichst für die Durchführung des Anlasses gerüstet ist.

2. Sicherheitskonzept

Aufgrund der Rückmeldungen aus den Vereinen stellt die Erstellung eines Veranstaltungs- und Sicherheitskonzepts die grösste Herausforderung im Bewilligungsverfahren dar. Sinn und Zweck des Sicherheitskonzeptes ist es, dass sich die Veranstaltenden umfassend mit den möglichen Risiken ihrer Veranstaltungen auseinandersetzen. Erst wenn eine Risikosituation erkannt wird, können auch Massnahmen getroffen werden, um die Risiko-Eintretenswahrscheinlichkeit zu senken oder beim Eintritt des Schadensfalles sofort und richtig reagieren zu können.

Wetterereignisse führten in den letzten 10 Jahren bei verschiedenen Anlässen in der Schweiz zu Todesfällen und zahlreichen Verletzten. Daher ist beispielsweise eine auf die konkrete Situation passende Wetterbeobachtung bei Outdoor-Veranstaltungen zwingend.

Im Rahmen des sogenannten «Crowd Management» geht es darum, gefährliche Personendichten und die daraus resultierenden Personenschäden zu verhindern. Gefährliche Situationen können nicht nur bei Grossveranstaltungen, sondern auch bei kleineren Anlässen entstehen, wenn der vom Veranstalter zur Verfügung gestellte Raum zu klein ist, um alle Festbesuchenden aufzunehmen.

Ereignen sich bei einer Veranstaltung Unfälle, insbesondere mit Personenschäden, so drängen sich unweigerlich straf- und haftungsrechtliche Fragen in den Vordergrund. In beiden Themen drehen sich die Fragen um die Planung und Durchführung/Lenken der Veranstaltung sowie die Einschätzung der Risiken und den daraus getroffenen Massnahmen. Zumindest die grobfahrlässigen Unfälle lassen sich durch ein gutes Sicherheitskonzept verhindern. In den Fokus einer Unfall-Untersuchung gerät primär die veranstaltende Person, sekundär aber auch die Verwaltung.

In diesem Sinne ist dem Postulanten zuzustimmen, dass es keine Null-Risiko-Veranstaltungen gibt. Hingegen dürfen die Veranstaltungsbesuchenden erwarten, dass Veranstaltende und Verwaltung die grössten Risiken während der Planung erkannt und entsprechende Massnahmen ergriffen haben, um die Eintretenswahrscheinlichkeit zu senken, bzw. für den Eintretensfall Schadensminderungsmassnahmen vorbereitet zu haben.

Auch wenn die Erstellung eines Veranstaltungs- resp. Sicherheitskonzepts eine Herausforderung ist, stellt sie doch ein zentrales Element der Prävention dar.  Die Stadtpolizei steht bei der erstmaligen Ausarbeitung eines Veranstaltungs- bzw. Sicherheitskonzepts beratend zur Seite. Damit wird sichergestellt, dass auch Laien und Freiwillige ein den Anforderungen genügendes Veranstaltungs- resp. Sicherheitskonzept erstellen können.

3. Gesuchsformular

Das von der kantonalen Baudirektion allen Gemeinden zur Verfügung gestellte Formular ist umfangreich. Dafür umfasst es alle denkbaren Anwendungsfälle der Praxis, sodass nichts vergessen geht. Es dient sowohl der Verwaltung als auch den Veranstaltenden als Checkliste. Wird das Formular durchgearbeitet, so sind alle denkbaren Bewilligungsthemen behandelt worden. Die Verwaltung weiss dann auch, welche Bewilligungen für die einzelne konkrete Veranstaltung notwendig sind. Wird lediglich eine Festwirtschaft betrieben, so steht ein vereinfachtes Gesuchsformular zur Verfügung.

Die Veranstaltenden nahmen denn auch kaum Anstoss am Umfang des Gesuchsformulars. Häufig wird auf ein älteres Formular zurückgegriffen, so dass nicht jedes Jahr bei Null angefangen werden muss. Die Verwaltungspolizei kann bei Fragen und Unklarheiten kontaktiert werden.

Die Verwaltungspolizei tritt als einzige Anlaufstelle (single point of contact) für die Veranstaltenden auf. Das Gesuchsformular enthält alle Angaben für alle Verwaltungsbereiche. Das Gesuch wird nach Eingang, sofern keine offenen oder unklaren Punkte zu bereinigen sind, innerhalb der Verwaltung in die Vernehmlassung gegeben. Daraus resultieren dann die einzelnen Auflagen in der Veranstaltungsbewilligung.

4. Kosten und Gebühren

Sowohl der Kanton wie auch die Gemeinden erklären einzelne Tätigkeiten der Verwaltung für gebührenpflichtig (vgl. Art. 2, Abs. 1 der städtischen Gebührenverordnung). Der Gemeinderat hat den Stadtrat dazu ermächtigt, die entsprechenden Gebühren im Gebührentarif festzusetzen. Die Verwaltung ist verpflichtet, die einzelnen Leistungen gegenüber den Veranstaltenden rechtsgleich in Rechnung zu stellen. Um der Gemeinnützigkeit einzelner Anlässe Rechnung zu tragen, hat der Stadtrat bereits heute im Gebührentarif teilweise ermässigte Ansätze für gemeinnützige Organisationen festgesetzt.

Allerdings fehlt in der Gebührenverordnung der explizite Hinweis, dass der Stadtrat die Gebühren für gemeinnützige Organisationen erlassen oder reduzieren darf (vgl. Art. 6 der städtischen Gebührenverordnung). Im Rahmen der Überarbeitung des Reglements zur Vereinsförderung soll die Gebührenverordnung entsprechend angepasst werden, damit die Stadt vermehrt mit Gebührenerlass oder -reduktion das ehrenamtliche Engagement fördern kann. Damit soll der finanzielle Aufwand für Vereine auf unbürokratische Weise reduziert werden. Speziell Kleinveranstaltungen von Laien und Freiwilligen dürften davon profitieren. Eine entsprechende Weisung wird der Stadtrat dem Gemeinderat im ersten Quartal 2021 überweisen.

5. Information und Kommunikation 

Die Informationen über den Prozess und die Auflagen im Gesuchs- und Bewilligungsverfahren sind auf der städtischen Webseite publiziert. Diese wird von den befragten Vereinsvertretern als zweckdienlich eingestuft. Die benötigten Informationen und Formulare werden rasch gefunden. Häufig werden ältere noch beim Gesuchsteller vorhandene Formulare verwendet und die Webseite gar nicht mehr genutzt. Sofern die Bearbeitung trotz älterer Formularversion möglich ist, wird die Eingabe eines solchen Gesuchs ausnahmsweise von der Verwaltungspolizei akzeptiert.

6. Digitaler Prozess 

Zusammen mit dem Chief Digital Officer (CDO) wurde geprüft, ob im Rahnen der städtischen Digitalstrategie der gesamte Gesuchs- und Bewilligungsprozess in einen digitalen Prozess überführt werden könnte. Angesichts der überschaubaren Anzahl Gesuche und der hohen Initialkosten haben die betroffenen Abteilungen Sicherheit und Präsidiales entschieden, vorerst auf ein entsprechendes Projekt zu verzichten. Stattdessen hat man gegenüber dem Kanton signalisiert, dass eine kantonale Lösung – analog zum Veranstaltungsgesuch – sinnvoll wäre und von Uster begrüsst würde.

C. Fazit

Der Stadtrat hat die Anliegen im Sinne des Postulats geprüft, wie bei Veranstaltungen das Bewilligungsverfahren vereinfacht und die Auflagen entschlackt werden könnten.

Dabei hat er festgestellt, dass auf kommunaler Ebene die Gestaltungsmöglichkeiten beschränkt sind. Fast alle Vorschriften und Auflagen beziehen sich auf übergeordnetes Recht und liegen in der Kompetenz des Kantons oder Bundes. Auch wenn sich die Unzufriedenheit über zu viele Vorschriften anhand der konkreten Beispiele auf lokaler Ebene artikuliert, müsste die politische Diskussion über die «Null-Risiko-Gesellschaft» auf nationaler oder kantonaler Ebene geführt werden. Die Gespräche mit den Vereinen haben gezeigt, dass die Stadt bezüglich den Auflagen und Vorschriften vermittelnd und aufklärend wirken, sowie Verständnis für die «ungeliebten Hindernisse» schaffen kann.

Handlungsspielraum besteht für die Stadt hauptsächlich bei der Begleitung und Unterstützung im Bewilligungsverfahren. Die befragten Vereine stellen der Verwaltungspolizei diesbezüglich allesamt sehr gute Noten aus. Auch stellt das Ausfüllen des Veranstaltungsformulars für die Veranstaltenden eine lösbare Aufgabe dar. Dieser Aufwand reduziert sich zudem bereits bei der ersten Wiederholung markant. Alle befragten Vereine haben die allgemeinen Vorwürfe bezüglich des aufwändigen und komplexen Verfahrend entsprechend relativiert. Wichtig scheint deshalb, dass insbesondere kleine Organisationen bei Erstveranstaltungen gut begleitet werden und auf die Möglichkeit der Beratung per Telefon oder E-Mail hingewiesen werden.

Bezüglich der Gebühren und Kosten wurde Verbesserungspotenzial erkannt. Die aktuelle Situation, dass Vereine auf der einen Seite von der Stadt finanzielle Beiträge erhalten, diese aber wiederum für Bewilligungsgebühren zurückbezahlen müssen, wirkt auf die Vereine oft demotivierend. Hier verspricht, eine direkte und unbürokratischere Unterstützung durch einen allgemeinen Vereinsrabatt oder die interne Verrechnung der Gebühren zu einer Verbesserung der Situation zu führen. Der Stadtrat erarbeitet dazu eine Weisung für eine Anpassung der Gebührenverordnung, die er dem Gemeinderat im ersten Quartal 2021 überweisen wird.

Vorerst keine Lösung stellt die Digitalisierung dar. Ein entsprechendes Projekt hätte im Vergleich zur Anzahl der bearbeiteten Gesuche zu hohe Initialkosten.

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