Vorstösse der SP Uster im Gemeinderat

12. Februar 2021

Waldkindergarten

Postulat von Angelika Zarotti und Marco Ghelfi (Grüne)

Der Stadtrat wird eingeladen zu prüfen, ob er einen Waldkindergarten als weiteres Angebot der Primarschule anbieten soll.

Begründung:

Zurzeit wird in Uster auf privater Basis eine Waldkinderkrippe angeboten. Es fehlt allerdings ein Angebot der öffentlichen Schule für einen Waldkindergarten.

Das finden wir schade! Denn der Besuch eines Waldkindergartens fördert die gesamtheitliche Entwicklung eines Kindes. Untersuchungen in den letzten Jahren haben gezeigt, dass Naturerfahrungen für Kinder von elementarer Bedeutung sind.

Der Waldkindergarten arbeitet nach dem Lehrplan 21 und die Lernziele werden allesamt eingehalten. Da der Unterricht aber im Wald stattfindet, werden die Lernziele möglichst über und mit der Natur erarbeitet.

Ein idealer Standort bietet Uster bereits schon. Im Wald gleich neben dem Primarschulhaus Hasenbühl könnte ein permanenter Platz für einen Waldkindergarten eingerichtet werden. Die Räumlichkeiten vom Hort im aufgestockten Pavillon könnten im Notfall genutzt werden. Die kleine Waldfläche bis zum vorderen Hasenbühlweg gehört bereits jetzt zum Pausenplatz und wird von den Schülerinnen und Schüler rege genutzt.

Es gibt viele Gründe, welche für einen Besuch des Waldkindergartens sprechen. Der Lebensraum bietet Platz zum «Kindsein». Kinder lernen sich in Lebewesen einzufühlen und werden ermutigt über Auswirkungen auf die Umwelt nachzudenken. Der Aufenthalt in der Natur fördert sowohl die seelische wie auch körperliche Gesundheit. Untersuchungen haben gezeigt, dass das Spielen in der freien Natur über einen längeren Zeitraum das Immunsystem stärkt. In der Natur werden alle Sinne auf vielfältige Art angesprochen, was dem heutigen Medienkonsum positiv entgegenwirkt. Die Kreativität und Fantasie wird mit dem Umgang von unstrukturiertem Spielmaterial gefördert.

Die Kinder sind mehr auf sich selbst gestellt, dadurch entwickeln sie aber auch einen Zusammenhalt in der Gruppe und sie lernen einander zu helfen. Die sozialen Fähigkeiten werden auf diese Art automatisch gefördert.

Bericht und Antrag des Stadtrates

A.     Ausganglage

Die positiven Wirkungen des Waldes auf die Entwicklung von Kindern ist in Fachkreisen anerkennt, durch diverse Studien belegt und vielen Eltern bewusst. In Uster gibt es aktuell zwei private Wald-Spielgruppenangebote für Kinder von 2 ½ bis 3 Jahren, mit je einem Nachmittagsangebot für ältere Kinder. Ein weiterführendes Angebot eines Waldkindergartens gibt es bis heute in Uster noch nicht. Das vorliegende Postulat bietet die Möglichkeit, das Angebot auch für die Primarschule Uster zu prüfen. Es besteht ein grosses Interesse an einer zeitgemässen und innovativen Weiterentwicklung des schulischen Angebots. Die Einführung eines Waldkindergartens wird deshalb von der Primarschulpflege befürwortet.

In der Manegg, Zürich, wurde im 2016 ein Waldkindergarten als Pilotprojekt eingeführt. Dieser wurde und wird sowohl von den Kindern als auch von den Eltern sehr geschätzt. Bei der Evaluation äusserten sie sich durchgängig positiv. Die Nachfrage war stets grösser als das Angebot. In der Evaluation zeigte sich, dass die Kinder beim Übertritt in die erste Klasse bestens vorbereitet waren und die entsprechenden Lernziele gut erreichten. Die Stadt Zürich führt heute mehrere Waldkindergärten an verschiedenen Standorten. Die Eltern wählen das Angebot freiwillig. Es gibt immer ausreichend Eltern, die ihre Kinder anmelden. In Winterthur gibt es ebenfalls einen Waldkindergarten mit freiwilliger Anmeldung. Auch in Winterthur werden mehr Kinder angemeldet, als aufgenommen werden können.

Das Volksschulamt legt aufgrund der kantonalen Lehrpersonalverordnung die Personal-Ressourcen (in VZE, Vollzeiteinheiten) für die gesamte Primarschule Uster anhand der Anzahl Schüler/-innen und des Sozialindexes fest. Dies bedeutet, dass das Angebot von Waldkindergärten im Rahmen der ordentlich zur Verfügung stehenden Lehrpersonen-Ressourcen umgesetzt werden. Ein bis max. drei Regelkindergärten würden neu als Waldkindergärten geführt. Es braucht dafür zusätzliche kommunale Ressourcen für Begleitpersonen wie auch einfache Ergänzungen der Infrastruktur (z.B. Bauwagen). Dafür wäre bei einer Zunahme der Zahl der Schüler/-innen und somit der Kindergartenklassen weniger Räume für Kindergärten im Schulhausbau erforderlich. Ausserdem kann auf die Ausstattung derselben verzichtet werden.

Für die öffentliche Schule ist es wichtig, dass sie über ein attraktives und vielfältiges Angebot verfügt und sich stetig weiterentwickelt. Die Primarschulpflege Uster ist interessiert Waldkindergärten einzuführen. Bei der Erarbeitung werden die Erfahrungen und die Praxis in Zürich und Winterthur in die Überlegungen mit einbezogen.

B.     Diskussion in der Primarschulpflege

Die Primarschulpflege hat an ihrer Sitzung vom 23. September 2021 und 11. November 2021 über die Einführung von Waldkindergärten diskutiert. Gestützt auf die positiven Erfahrungen in anderen Gemeinden beantragt das Gremium, das Angebot definitiv und ohne eine Projektphase einzuführen. Es soll frühestens per SJ 2023/2024 mit einer Klasse gestartet werden. An bis zu zwei weiteren Standorten soll das Angebot bei Bedarf ebenfalls eingeführt werden können. Die Eltern sollen ihre Kinder für den Waldkindergarten freiwillig anmelden (keine Zuteilung). Aufgrund der Anmeldung ist der Weg (evtl. Transport) zum Waldkindergarten in der Verantwortung der Eltern und wird nicht durch die PSU organisiert oder finanziert. Die Einführung der Waldkindergärten wird durch eine Fachgruppe begleitet. Es sollen Weiterbildungen und Coachings für die Lehr- und Betreuungspersonen angeboten werden.

Der Antrag für die definitive Projektierung und Einführung wird der zuständigen Behörde zum gegebenen Zeitpunkt vorgelegt.

C.     Haltung der Schulleitungen (SLK)

Die Schulleitungskonferenz (SLK) der Primarschule Uster unterstützt die Bestrebungen der Primarschulpflege zur Einführung von Waldkindergärten. Der geplante Einführungstermin von Sommer 2023 wird von der SLK als realistisch beurteilt. Es wird davon ausgegangen, dass sich intern genügend Personal zur Führung der Waldkindergärten findet.

Die SLK ist mit dem geplanten Vorgehen der Primarschulpflege einverstanden. Es soll zuerst mit einem Kindergarten gestartet werden. – Weitere Kindergärten sollen bedarfsbezogen eröffnet werden (maximal drei, verteilt über das gesamte Stadtgebiet).

Das Modell «Anmeldung durch die Eltern mit Anmeldemöglichkeit für ganz Uster» und eine definitive Soforteinführung von Waldkindergärten an der Primarschule ohne Projektstatus wird von den Schulleitenden klar befürwortet.

D.    Rahmenbedingungen

1.     Begleitung und Weiterbildung durch Stiftung «Silviva»

Die Stiftung «Silviva» ist eine Umweltbildungsorganisation mit einem nationalen Auftrag für Lernen in der Natur. Im Rahmen des Projekts «Draussen unterrichten» unterstützt Silviva Lehrpersonen und Schulen beim Unterrichten in der Natur.«Silviva» verfügt über eine grosse fachliche Kompetenz und jahrelange Erfahrung in der Naturpädagogik. Zudem verfügen sie mit dem Konzept «draussen unterrichten» über die nötigen Grundlagen, um Schulen beim Aufbau von Lernangeboten in der Natur zu unterstützen. Die fachliche Begleitung umfasst auch Weiterbildungs- und Coachingangebote für die Lehr- und Betreuungspersonen

Es ist sinnvoll und von der Schulpflege und die Schulleitungen gewünscht, dass die Einführung von Waldkindergärten in Uster durch «Silviva» fachlich begleitet und unterstützt wird. Die Schulleitungskonferenz möchte zudem, dass die Walkindergartenlehrpersonen die Möglichkeit erhalten, den CAS Naturpädagogik (zhaw/Silviva) zu besuchen.

2.     Anmeldung

Die Schulpflege hat verschiedene Modelle diskutiert. Grundsätzlich bestehen zwei Möglichkeiten: «Anmeldung» sowie «Zuteilung mit Möglichkeit zur Abmeldung». Die Schulpflege hat sich gestützt auf die Empfehlung der Schule Oberwinterthur dafür ausgesprochen, dass keine Zuteilung aufgrund des Wohnortes zum Waldkindergarten erfolgt. Die Eltern können ihr Kind für das Angebot anmelden, es ist freiwillig. Vorgängig wird in den jeweiligen Kindergärten an einem Informationsanlass über den Waldkindergarten und die Möglichkeit zur Anmeldung informiert.

Die Variante «Anmeldung» hat Auswirkungen auf die Zuteilung der Kinder zu den Kindergärten. Durch die Kinder, welche für den Waldkindergarten angemeldet sind, verringert sich die Anzahl der Kinder in den übrigen Klassen. Bei der Variante mit Anmeldung müsste mit grosser Wahrscheinlichkeit eine zusätzliche Kindergartenklasse geführt werden, zulasten der Klassengrössen der bestehenden Kindergärten. Weil die Personal-Ressourcen aufgrund der kantonalen Lehrpersonalverordnung begrenzt sind, kann dies dazu führen, dass an einem anderen Ort eine Kindergartenklasse weniger geführt wird.

3.     Schulweg und Transport

Da keine Zuteilung in den Waldkindergarten erfolgt, sondern eine Anmeldung durch die Eltern erforderlich ist, wird wie auch beim bestehenden Tagesschulangebot in Niederuster kein unterstützender Transport angeboten. Die Eltern sind für den Schulweg und dem allfälligen Transport verantwortlich, inklusive Kosten.

4.     Standort

Der Waldkindergarten braucht einen geeigneten Standort mit einem Innenraum, der bei Schlechtwetter, Gefahren oder auch für Elterngespräche genutzt werden kann. Das könnte gemäss Erfahrungsbericht auch ein Ausweichzimmer in einem Schulhaus sein.

In Winterthur hat man mit dem Förster einen festen Platz für den Waldkindergarten abgemacht. Der Platz sollte geeignete Sitzmöglichkeiten (Baumrugel) und auch eine Feuerstelle haben. Im an das Schulhaus Hasenbühl angrenzenden Wald befindet sich bereits ein geeignetes Waldsofa.

Ein erster Kontakt mit dem Forstamt ist bereits erfolgt. Die Suche nach einem oder mehreren geeigneten Standorten wird mit Unterstützung der externen Fachbegleitung und in Zusammenarbeit mit dem Forstamt erfolgen.

5.     Personal

Für einen guten Unterricht und eine optimale Begleitung der Kinder ist eine ausgebildete «Waldkindergaren-Lehrperson» notwendig.

Die Lehrpersonen sollen ihr Fachwissen im Rahmen von Coachings, Weiterbildungen, usw. für ihren Unterricht im Wald erweitern können.

E.     Finanzierung

1.     Kosten

1.1.  Übersicht

Die Basiskosten für einen Waldkindergarten entsprechen in etwa den Kosten für eine reguläre Kindergartenklasse. Zusätzliche Kosten entstehen durch eine Begleitperson (Klassenassistenz/PM), deren Anwesenheit für die erforderliche Aufsicht im Waldkindergarten zwingend ist. Schülerinnen und Schüler im 2. Kindergartenjahr haben an zwei Nachmittagen Unterricht und bleiben über Mittag im Wald. Dadurch entstehen zusätzliche Kosten (Betreuung über Mittag, Mitarbeit der KIGA-Lehrperson in der Betreuung über Mittag). Der personelle Mehraufwand beläuft sich insgesamt auf rund 70 000 Franken/Jahr und Kindergarten. Zusätzlich wird für den Waldkindergarten anderes Material beschafft und es braucht einen bescheidenen Unterstand (ca. 30 000 Franken). Für die Weiterbildung und das Coaching benötigt es in der Anfangsphase pro Lehrperson bzw. Team rund 27 000 Franken.

1.2.  Begleitperson

Da die Kinder täglich im Wald sind, braucht es eine zusätzliche Begleitperson (pädagogische/r Mitarbeiter/-in bzw. Klassenassistenz). Die Kosten für die/ den pädagogische/n Mitarbeiter/-in betragen rund 50 000 Franken pro Jahr.

1.3.  Mittagessen

In Winterthur haben die 2. KIGA Kinder an den Tagen mit Nachmittagsunterricht einen fliessenden Übergang mit gemeinsamen Essen und Kochen. Diese Ausnahme wurde von der Stadt Winterthur so bewilligt. Auch in Uster wäre dieses Modell sinnvoll, da der Schulweg in den Waldkindergarten für einige Kinder zu lang sein dürfte und die Mittagspause sonst zu kurz wäre.

Durch das gemeinsame Mittagessen im Wald entstehen Mehrkosten in der Betreuung, die auf rund 15 000 Franken pro Jahr geschätzt werden. Sie setzen sich zusammen aus rund 5 000 Franken Lohndifferenz, wenn die Lehrperson in der Betreuung mitarbeitet und 10 000 Franken für die Unterstützung in der Mittagsbetreuung durch eine dritte Person. Diese ist zwingend, da die Lehrperson und die Klassenassistenz (PM) mindestens 30 Minuten Mittagspause machen müssen (Vorgabe OR).

1.4.  Weiterbildung, Coaching

Um die Lehrpersonen fachlich auf den Unterricht im Freien vorzubereiten, sollen sie einen CAS Naturpädagogik oder ähnliche Weiterbildung besuchen können. In den ersten beiden Jahren werden die Lehrpersonen durch ein Coaching unterstützt. Die Kosten pro Ausbildung belaufen sich auf rund 15 000 Franken (inkl. Vikariate). Das Coaching pro Lehrperson bzw. Team kostet rund    12 000 Franken.

1.5.  Material

Für einen Waldkindergarten braucht es anderes und zusätzliches Material, z.B.: Seile, Werkzeuge. Gemäss der Budgetierung der Schule Winterthur betragen die einmaligen Anschaffungskosten für eine Klasse für diverses Material rund 10 000 Franken (s. Liste in der Beilage). Das übliche Kindergartenmaterial, bzw. Ausstattung eines Kindergartens entfällt dafür.

1.6.  Unterstand

Damit die Kinder bei jedem Wetter draussen sein können, braucht es einen kleinen Unterstand, einen Bauwagen oder die Möglichkeit, ein Forsthaus zu nutzen. So kann bei ausserordentlich nassem oder kaltem Wetter notfalls ausgewichen werden. Dies verursacht Kosten in der Höhe von rund 20 000 Franken.

1.7.  Zusammenfassung Kosten

Jährlich wiederkehrende Ausgaben pro Klasse: CHF 70’000

Einmalige Investitionskosten pro Klasse: CHF 62’000

Wenn max. 3 Klassen als Waldkindergarten geführt werden, bedeutet dies:

Jährlich wiederkehrend, maximal: CHF 210’000

Einmalig für 3 Klassen, maximal: CHF 186’000

Die Waldkindergärten sollen gestaffelt eingeführt werden, beginnend mit einem Waldkindergarten. So kann adäquat auf die Nachfrage reagiert und das Angebot bei Bedarf angepasst werden.

Dem Gemeinderat wird ein Antrag für die Einführung von max. 3 Waldkindergärten unterbreitet. Die Primarschulpflege wird die jährlich wiederkehrenden Ausgaben in der Höhe von 70 000 Franken sowie die einmaligen Investitionskosten von rund 62 000 Franken für die Einführung pro Waldkindergarten ab dem Budgetjahr 2023 aufnehmen.

F.     Zeitplan

Jan/Feb 2022:   Entscheid der Schulpflege
Mai/Juni 2022: Entscheid Gemeinderat
August 2022:    Projektgruppe/Start Aus- und Weiterbildungen und Coachings
März 2023:        Info-Anlass Waldkindergarten
Bis April 2023: Anstellung Lehr- und Begleitpersonen
August 2023:    Start Waldkindergarten (1 Standort)

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