Umwandlung der Energie Uster AG in eine Anstalt des öffentlichen Rechts

Anfrage von Lucia Thaler und Thomas Wüthrich (Grüne)

Am 19. Juni 1999 stimmten die Stimmberechtigten der Stadt Uster einer Änderung der Gemeindeordnung zu, die vorsah, die Stadtwerke Uster in eine Aktiengesellschaft zu überführen. Am 1. Januar 2000 wurde die Energie Uster AG operativ und versorgt seither die Stadt Uster im Rahmen eines Konzessionsvertrages mit Strom, Gas und Trinkwasser. Praktisch sind 100% der Aktien im Besitz der Stadt Uster. Die Gemeindeordnung sieht in Art. 5 vor, dass die Stadt Uster mindestens 51% der Aktien der Energie Uster AG in ihrem Besitz halten muss.

Hauptargument für die Umwandlung der Stadtwerke in eine selbstständige AG war, dass Energiedienstleister in einem liberalisierten Umfeld eine möglichst grosse Unabhängigkeit in Bezug auf ihren Entscheidungsspielraum haben sollten. In der Chronik auf der Website der Energie Uster AG wird mit Blick auf die Abstimmungsdiskussion von damals weiter ausgeführt, dass „aber solche historisch gewachsenen Strukturen [der Stadtwerke] den zukünftigen Anforderungen kaum mehr zu genügen” vermögen. In den letzten 13 Jahren ist einiges passiert oder eben nicht passiert:

So ist, erstens, die vollständige Strommarktliberalisierung auf Druck der Energiekonzerne einmal mehr weiter in die Zukunft verlegt worden.

Zweitens hat sich die Gesetzeslage insofern geändert, dass aufgrund des neuen § 15a des Gemeindegesetzes und des angepassten § 2 im Energiegesetz seit dem 1. April 2005 auch Gemeinden „in Anstalten des öffentlichen […] Rechts an der Versorgung mit Elektrizität, Gas und Wärme mitwirken” können.

Drittens zeigt sich am Beispiel des ewz der Stadt Zürich, dass auch eine Anstalt des öffentlichen Rechts im hart umkämpften Energiemarkt sehr erfolgreich sein kann und auch im Hinblick auf die vollumfängliche Liberalisierung des Strommarktes bestens gerüstet ist (siehe Geschäftsbericht ewz 2012). Das ewz erzielte in den letzten Jahren trotz tiefer Energiepreise ein Rekordergebnis nach dem anderen und lieferte der Stadtkasse Dutzende Millionen Franken des Gewinns ab.

Viertens hat sich die Energiepolitik in der Schweiz radikal verändert. Der Ausstieg aus der Atomenergie ist nur noch eine Frage der Zeit. Unter dem Stichwort der Energiewende ist die Politik daran, Leitplanken für die Energiepolitik bis ins Jahr 2050 zu formulieren. Die Stimmberechtigten der Stadt Uster stimmten am 27. November 2011 dem Gegenvorschlag zur grünen Volksinitiative „Umweltschutz konkret” zu. Damit ist die Stadt verpflichtet, sich für die kontinuierliche Senkung des Energieverbrauchs pro Einwohnerin und Einwohner einzusetzen. Grundsätzlich können die politischen Ereignisse insgesamt wohl so gedeutet werden, dass in der Energiefrage die Bevölkerung auf die in ihrem Besitz befindlichen Energieunternehmen wieder stärker Einfluss nehmen und über die Art und Weise der Versorgung selber bestimmen will.

Fünftens hat sich in den politischen Debatten um die Energie Uster AG immer wieder gezeigt, dass das gewählte Vehikel einer Aktiengesellschaft sich einer demokratischen Kontrolle praktisch gänzlich zu entziehen vermag. Eine AG muss primär im finanziellen Interesse des Unternehmens und nicht im Interesse des Gemeinwohls entscheiden. So ergibt sich die paradoxe Situation, dass der vom Stadtrat gewählte Verwaltungsrat der AG in erster Linie im Sinne der Profitmaximierung handeln muss und nicht nach den energiepolitischen Zielen der Stadt Uster. Der Gemeinderat hat dabei gerade mal das Recht, den Geschäftsbericht der Energie Uster AG zur Kenntnis zu nehmen.

Vor diesem Hintergrund stellen sich einige Fragen, zu deren Beantwortung die Unterzeichnenden den Stadtrat herzlich einladen:

  1. Teilt der Stadtrat die Ansicht, dass es in Zeiten besonderer und wegweisender energiepolitischer Weichenstellungen nicht länger opportun ist, zentrale Bereiche der lokalen Energiepolitik einer privaten gewinnorientierten Unternehmung zu überlassen? Wenn nein, warum teilt der Stadtrat diese Ansicht nicht?
  2. Sieht der Stadtrat im heutigen Demokratiedefizit der Energie Uster AG ein Problem? Wenn nein, warum nicht? Würde der Stadtrat den Demokratiegewinn im Falle einer Umwandlung der Energie Uster AG in eine öffentlich-rechtliche Anstalt begrüssen?
  3. Wie kann der Stadtrat ausschliessen, dass 49% der Aktien der Energie Uster AG aus dem eigenen Besitz veräussert werden? Besteht nicht die Gefahr, dass die Stadt Uster Aktien verkauft, um städtische Vorhaben mit grossem Investitionsbedarf zu finanzieren?
  4. Würde die Überführung der Energie Uster AG in eine öffentlich-rechtliche Anstalt Kosten verursachen? Wenn ja, mit welcher Art von Kosten wäre zu rechnen? Wie hoch würden diese Kosten insgesamt ausfallen (Schätzung)?
  5. Aus verschiedenen Überlegungen überwies die Energie Uster AG in den vergangenen Jahren aus dem Gewinn jeweils Fr. 600’000 in die Stadtkasse. Wenn der Energiedienstleister eine öffentlich-rechtliche Anstalt wäre, würde die Stadt Uster dann einen grösseren jährlichen Beitrag aus dem Gewinn erhalten? Bitte begründen.
  6. Welche (rechtlichen) Schritte wären nötig auf dem Weg der Umwandlung der Energie Uster AG in eine öffentlich-rechtliche Anstalt?

 

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