Gemeinderatssitzung: Die kürzeste Budgetsitzung aller Zeiten
Die Budgetsitzung, das Highlight des Parlamentsjahres, beginnt jeweils um 18 Uhr und dauert in der Regel vier bis fünf Stunden. Dieses Jahr war es etwas anders: Die SVP setzte mit einem Ordnungsantrag durch, dass die Referate aus der Kommission nicht gehalten, sondern nur ins Protokoll aufgenommen werden. Ob das rechtlich so korrekt war, ist offen. Und es stellt sich die Frage, ob es nicht an Arbeitsverweigerung grenzt, wenn das Parlament nicht mehr diskutiert und es so unterlässt die Öffentlickeit über seine Beratung zu informieren. Das Resultat am Ende war aber klar: Das Budget des Stadtrates wurde fast unverändert verabschiedet.
Als erstes behandelte der Gemeinderat das Budget der Sekundarschulgemeinde Uster. SP-Fraktionspräsidentin Angelika Zarotti monierte den hohen Aufwandüberschuss und den tiefen Selbstfinanzierungsgrad, begrüsste aber auch, dass das Nettovermögen ab 2025 wieder aufgebaut werden kann. Für einmal stellte die SP-Fraktion keinen Antrag auf Steuerfusserhöhung, weil das die Unsicherheiten betreffend der Organisation der Sekundarstufe auf dem Gemeindegebiet Uster wohl zusätzlich verkomplizieren würde.
Das vom Stadtrat beantragte Budget weist eine schwarze Null aus. Die Fraktionen würdigten das Budget sehr unterschiedlich. Angelika Zarotti hielt für die SP fest, dass der Stadtrat die Finanzen offensichtlich im Griff habe, wenn ausgeglichene Budgets resultierten und bezeichnete den Vorwurf der Bürgerlichen, dass der rot-grüne Stadtrat die Stadt in den finanziellen Ruin treibe, als blanken Unsinn. Genauso die Behauptung, die augeglichene Budgets kämen nur durch externe Faktoren zustande, wie etwa die hohen Grundstückgewinnsteuern. Diese habe es nämlich auch früher schon gegeben, nur hätten dann die Bürgerlichen behauptet, das sei eben der erfolgreichen Politik des bürgerlichen Stadtrates geschuldet. All dies hinderte die angesprochenen Parteien aber nicht daran, umgehend genau diesen Unsinn zu wiederholen.
Und dann folgte eben das, was es noch nie gegeben hat: Die SVP stellte den Ordnungsantrag, dass die Kommissionsreferate nur zu Protokoll genommen, aber nicht vorgetragen werden. Der Antrag wurde mit 17:16 Stimmen unterstützt. Auf Intervention von SP-Gemeinderat Balthasar Thalmann wurde die Sitzung kurz unterbrochen, damit die Geschäftsleitung den Entscheid auf seine Rechtskonformität überprüfen konnte. Der Grund: Das Organisationsreglement besagt, dass das Protokoll die Verhandlung wiedergibt. Referate, die nicht gehalten werden, sind aber eben nicht Teil der Verhandlung. Der Kniff, den die Geschäftsleitung am Ende anwendete: Die Referate kommen nicht ins Protokoll, sondern in den Anhang zum Protokoll. Das Resultat: Die Sitzung war bereits nach zwei Stunden zu Ende.
Zuvor behandelte der Rat aber noch ein paar wenige Anträge. So wurden etwa 800'000 Franken für die Sanierung der Bonstettenstrasse aus dem Investitionbudget gestrichen. Dies obwohl sowohl SP-Gemeinderätin Karin Niedermann als auch Stadtrat Stefan Feldmann darauf hinwiesen, dass wenn die Sanierung nicht jetzt gemeinsam mit der Energie Uster AG gemacht wird, sie in ein paar Jahren einfach 300'000 Franken teuerer sein wird. Soviel zum Thema: Haushälterischer Umgang mit finanziellen Mitteln.
Ebenfalls gestrichen wurde zudem eine Position bezüglich Unterführung Winterthurerstrasse, mit welcher sich die Stadt aktiv in die Planung von Kanton und SBB einbringen wollte. Bauvorstand Stefan Feldmann hielt fest, dass egal wie man zur Unterführung Winterthurerstrasse stehe, es im Interesse aller sein sollte, dass die Stadt ihre Argumente möglichst effektiv einbringen kann. Er wurde nicht gehört. Da ging es Sozialvorständin Petra Bättig besser, die zwei Kürzungsanträge der SVP im Asylbereich und bei den Berufsbeistandschaften abwenden konnte.
Es folgte schliesslich die Festsetzung des Steuerfusses. Hier stellte SP-Fraktionspräsidenten Angelika Zarotti Fake News der SVP klar, die behauptet hatte, die hohen Steuern seien die Sorge Nr. 1 der Ustermerinnen und Ustermer. Gemäss der jüngst publizierten Bevölkerungsumfrage finden das aber nur 9 Prozent der Bevölkerung, weit hinter Themen wie Verkehrslenkung (40 Prozent), hohe Belastung durch den Verkehr (32 Prozent), mangelnde Freizeitangebote (20 Prozent) oder hohe Mieten (18 Prozent). Der Antrag der SVP, den Steuerfuss um drei Prozentpunkte zu senken, wurde mit 18:16 Stimmen abgelehnt. Und das Budget schliesslich mit 25:9 Stimmen angenommen.
Und so ging man um 20 Uhr statt zur Pausenverpflegung direkt zum Apéro über und diskutierte weiter, was man von dieser kürzesten Budgetdebatter aller Zeiten halten solle. Effizienter Mechanismus gegen (über)lange Budgetsitzungen? Oder doch eher Arbeitsverweigerung des Parlaments und des Rechts auf Information der Öffentlichkeit? Das definitive Urteil steht noch aus.