Podiumsdiskussion zum Spital Uster: Zwei Seelen in der Brust
Auch nach der gescheiterten Privatisierungsvorlage beschäftigt das Spital Uster weiter die Politik: Noch dieses Jahr werden die Ustermer Stimmberechtigten über einen Gestaltungsplan für einen Erweiterungsbau beim Spital abstimmen müssen, später die Stimmberechtigten des Zweckgebietes über das Finanzierungskonzept entscheiden. Eine öffentliche Podiumsdiskussion der SP Uster am Donnerstagabend zeigte: Es ist kein einfacher Entscheid, haben doch viele SP-Mitglieder zwei Seelen in ihrer Brust.
An einer von SP-Gemeinderätin Karin Niedermann geleiteten Podiumsdiskussion kamen alt Stadtpräsident Martin Bornhauser, der Ustermer Hausarzt Res Kielholz, die Patientenschützerin Erika Ziltener und SP-Gemeinderätin Kathrin Agosti zu Wort. Im Rahmen der Diskussion wurden ganz unterschiedliche Themen, die von (Fehl-)Entwicklungen im Schweizerischen Gesundheitswesen bis zur Parkgestaltung im Rahmen des lokalen Richtplans reichten, bestrichen. Dabei zeigte sich, dass unter den Teilnehmenden bei gewissen Punkten durchaus Einigkeit herrschte. Zum Beispiel darüber, dass die alten Räumlichkeiten des Spitals dringend erneuerungsbedürftig sind. Eher etwas überraschend stand auch die geplante Rehabilitationsklinik nicht so sehr im Zentrum der kontroversen Diskussion: Selbst Erika Ziltener bezeichnete das Projekt «als spannende Lösung» oder «als Chance». Einzig Kathrin Agosti hätte sich gewünscht, das hier auch Alternativen aufgezeigt worden wären, etwa was die Langzeitpflege betrifft.
Stark umstritten war, ob der Ausbau von 70 Betten im Akutspital im aktuellen gesundheitspolitischen Umfeld der richtige Weg sei. Alt Stadtpräsident Martin Bornhauser machte sich mit einem flammenden Votum für den Spitalstandort Uster stark: «Der Um- und Ausbau ist notwendig, dringlich, zweckmässig, bedarfsgerecht und sinnvoll.» Er erhielt Unterstützung von Res Kielholz, der daran erinnerte, dass sich die Zahl der PatientInnen in den letzten 20 Jahren verdoppelt hat und auch die Zahl der Angestellten stark gestiegen sei: Immer wieder müsse man PatientInnen auf den Gängen zwischenparkieren. Und er appellierte auch daran, dass Personal nicht zu vergessen: «Die Arbeitbedingungen sind teilweise nicht mehr zumutbar, die Leute werden in viel zu engen Büros zusammengepfercht.» Zudem sprach der Hausarzt dem Spital Uster ein Lob aus: «In Uster geht es wirklich im besten Sinne um die Grundversorgung, nicht um Spitzenmedizin. Im Spital Uster macht man ‚optimale Medizin’, nicht teure ‚maximale Medizin’.»
Erika Ziltener und Kathrin Agosti legten ihren Fokus anders: Der Pseudowettbewerb im Gesundheitswesen führe dazu, dass in der Schweiz und auch im Kanton Zürich zur Zeit alle Spitäler massiv aufrüsteten, womit die Kostenspirale sich immer weiter drehe. «Auf die Dauer geht das nicht gut», meinte Erika Ziltener, die langjährige gesundheitspolitische Sprecherin der SP im Zürcher Kantonsrat. Kathrin Agosti drückte es noch etwas drastischer aus: «Irgendwann wird es einige Spitäler schlicht verblasen.» Ausserdem befürchtete sie durch die enge Verbindung von Akutspital und Rehaklinik einen Interessenkonflikt: «Erhält der Patient dann wirklich die für ihn optimale Behandlung? Oder vielleicht nicht doch die bequemste, weil man den Patienten einfach durch die Türe in die Rehaklinik nebenan schieben kann?»
Die Diskussion zeigte, dass viele Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten bei dieser Vorlage wohl zwei Seelen in ihrer Brust haben: die kommunalpolitische, die natürlich einen starken Spital Uster mit einer guten Grundversorgung und besseren Arbeitsbedingungen für das Personal will, und eine gesundheitspolitische, die gegen Überkapazitäten und dadurch steigende Gesundheitskosten antritt. Bei allen Podiumsteilnehmenden kam dieses Dilemma zum Ausdruck, auch bei alt Stadtpräsident Martin Bornhauser: «Auch ich bin ein Kritiker des Gesundheitswesen. Aber machen wir uns keine Illusionen: Diese Probleme müssen auf kantonaler und nationaler Ebene gelöst werden. Wir ändern nichts daran, wenn wir Nein zum Ausbau des Spitals Uster sagen. Wir schwächen es nur.»
Eine Parole wurde an dieser auch für Nicht-Parteimitglieder offenen Veranstaltung noch keine gefasst. Die Parolenfassung erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt an einer Versammlung der Sektionsmitglieder.