«Emotionen sind wichtig – dürfen aber den Blick auf die Sache nicht verstellen»

Marius Weder

Die letzte Gemeinderatssitzung vor den Sommerferien war, soviel darf behauptet werden, keine Parlamentssitzung wie jede andere. Verhandelt wurde nämlich über die Zukunft von Uster bzw. die Volksinitiative betreffend Wechsel von Nänikon und Werrikon zu Greifensee. SP-Gemeinderat Marius Weder erklärte für die SP-Fraktion, warum sie diese Initiative ablehnt: Ein Verlust der beiden Ortsteile wäre ein enormer Einschnitt für die übrige Ustermer Bevölkerung und wäre für Uster und alle seine Bewohner:innen in vierlerlei Hinsicht äusserst nachteilig.

Wenn man bei den Vertreterinnen und Vertretern des Initiativkomitees nachfragt, was denn für sie der Hauptantrieb sei, weswegen sie Nänikon und Werrikon von Uster abtrennen und mit Greifensee zusammenlegen möchten, so hört man primär einen Begriff: «Emotionen!» Man möchte halt gerne mit Greifensee zusammen eine Gemeinde bilden. Emotionen in der Bevölkerung – zumal starke Emotionen – sind von der Politik fraglos ernst zu nehmen.

Starke Emotionen spielen in dieser Sache aber auch für einen Grossteil der Bevölkerung aus den übrigen Quartieren Usters eine grosse Rolle: Für sie stellen Nänikon und Werrikon seit über hundert Jahren einen integralen Bestandteil der Stadt Uster dar, so wie z.B. Kirchuster, Oberuster, Niederuster, Sulzbach, Wermatswil und weitere mehr ebenso tun Würde man der Stadt zwei Aussenquartiere abtrennen, fühlte sich das für diese Leute sinnbildlich dargestellt so an, als würde der Stadt ein wichtiges Körperteil amputiert. Wir sehen: Ausser dem Lösungsvorschlag gemäss nachfolgend zu behandelndem Postulat [gemeint ist ein Postulat, das die Prüfung der Fusion mit Greifensee verlangte, Anm. Redaktion] wird man die starken Emotionen aller Betroffenen so oder so nicht zufrieden stellen können.

Das Ernstnehmen von Emotionen ist wie gesagt wichtig. Genauso wichtig ist aber auch, dass man sich von Emotionen nicht die Sinne für die Wahrnehmung der sachlichen Gründe vernebeln lässt. Und wenn man die sachlichen Gründe – die bekannten Fakten – betrachtet, so erhellt sich einem, dass aus Sicht der Gesamtbevölkerung der Stadt Uster – deren Wohl wahrzunehmen wir als Mitglieder des Stadtparlaments berufen sind – schlicht nichts dafür spricht, weswegen eine Abtrennung der Quartiere Nänikon und Werrikon für die Stadt Uster positiv wäre. Hierzu kann ich auf die sehr detaillierte Begründung des Antrags des Stadtrats und die soeben gehörten luziden Ausführungen des Kommissionssprechers verweisen.

Von den Vertreterinnen und Vertretern des Initiativkomitees wird gesagt, es gehe im jetzigen Zeitpunkt ja zuerst nur darum, eine Auslegeordnung zu machen. Der Gemeinderat könne der Initiative darum vorerst ohne Bedenken zustimmen und in vier Jahren könne dann immer noch das Volk über das Ergebnis der Verhandlungen abstimmen. Dem ist zu entgegnen, dass wir die entscheidenden Faktoren bereits auf dem Tisch haben. Dass eine Abtrennung von Nänikon und Werrikon für die Stadt Uster unter allen Titeln stark nachteilig wäre, wissen wir bereits. Dazu brauchen wir keine zusätzliche Auslegeordnung.

Auch ist darauf hinzuweisen, dass der Text der Initiative klipp und klar ist: «Der Stadtrat wird beauftragt, mit dem Gemeinderat Greifensee einen Vertrag über den Wechsel der Aussenwachten Nänikon und Werrikon zur politischen Gemeinde Greifensee auszuarbeiten.» Es geht nicht um eine Auslegeordnung, die die Initiative verlangt, sondern verlangt wird das Ingangsetzen eines aufwendigen und teuren Wechselprozesses und die Ausarbeitung eines fixfertigen Wechselvertrags. Ein Zwischending gibt es schlicht nicht. Stimmt man der Initiative im heutigen Zeitpunkt also zu, stellt man der Bevölkerung von Nänikon und Werrikon in Aussicht, das man grundsätzlich gewillt ist, sie in vier Jahren wechseln zu lassen. Man weckt damit bei den Leuten zweifellos grosse Hoffnungen und Erwartungen, die aber in vier Jahren grosse Gefahr laufen zu scheitern, wenn dann die Gesamtbevölkerung der Stadt Uster in Kenntnis aller für sie negativen Fakten abstimmen wird.

Uns erscheint es daher doch weit ehrlicher und in Wahrung der Interessen aller Ustermerinnen und Ustermer zielführender, basierend auf den längst bekannten Tatsachen im heutigen Zeitpunkt eine Antwort zu geben und schon im Herbst 2024 das Volk über die Initiative abstimmen zu lassen. Eine jahrelange und gegebenenfalls millionenteure Ausarbeitung eines Wechselvertrags, die nur falsche Hoffnung und Erwartungen weckt und zudem grosse Ressourcen in beiden Gemeinden bindet, ist dazu nicht nötig. Vielmehr bietet eine Ablehnung der Initiative durch das Volk schon im kommenden Herbst allen Beteiligten die Chance, baldmöglichst zukunftsweisende Lösungswege zu suchen. Und hoffentlich lässt sich dann auch für die Sekundarschulgemeinde Nänikon-Greifensee eine für alle befriedigende Lösung finden, die mit dem kantonalen Gemeindegesetz kompatibel ist.

Dem Antrag des Stadtrats auf Ablehnung der Initiative stimmen wir zu.

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