«Statt über Trennung und Abspaltung sollten wir lieber über Verbindendes reden»

Barbara Thalmann

In der Diskussion über die Volksinitiative zur Abspaltung von Nänikon und Werrikon von Uster meldete sich im Gemeinderat auch Stadtpräsidentin Barbara Thalmann zu Wort. Sie wies darauf hin, dass der Stadtrat die von den Initiant:innen gewünschte Auslegeordnung bereits gemacht habe. Und die zeigt, dass ein Weggang der beiden Aussenwachten für Uster in verschiedener Hinsicht ein grosser Verlust wäre. Deshalb lehnt der Stadtrat die Initiative ab. Statt über Trennnung und Abspaltung zu sprechen wäre es zielführender über Konstruktives und Verbindendes zu reden, über eine gemeinsam Zukunft von Uster mit Nänikon und Werrikon.

Wir haben eben die Gründe gehört, welche das Initiativkomitee bewogen hat, ihre Volksinitiative einzureichen. Der Stadtrat anerkennt die genannten Anliegen und kann sie aus der Perspektive der Initianten auch nachvollziehen. Der Stadtrat hat die Initiative analysiert. Er hat dabei – seiner Rolle entsprechend – beurteilt, wie zielführend diese Initiative für die gesamte Stadt Uster ist. Dabei kommt er zum Schluss, dass eine Abspaltung für die Stadt Uster als Ganzes zu grosse Nachteile hat.

Martin Bonhauser vom Initiativkomitee und ehemaliger Ustermer Stadtpräsident, spricht von einer Herzensangelegenheit, gelegentlich von einer Ehe, die sich auseinandergelebt habe. Nun gehe es darum, die Scheidungsmodalitäten zu prüfen. Auch für den Ustermer Stadtrat ist Nänikon und Werrikon eine Herzensangelegenheit. Er will die Ehe erhalten. Statt über eine Trennung würde er lieber über Verbindendes reden, über die gemeinsame Zukunft, und wie wir diese gestalten können.

Aber zurück zur Politik: Seit bald 100 Jahren gehören Nänikon und Werrikon zu Uster, genauso wie weitere Aussenwachten auch. Aus Sicht des Stadtrates funktioniert die heutige Situation gut – zusammen mit Nänikon und Werrikon. Wie wir gehört haben, gibt es zahlreiche sozialräumliche Verbindungen zwischen Nänikon und Werrikon zu Greifensee. Diese gibt es aber auch zu Uster. Viele Einwohnende sind Mitglied von Ustermer Vereinen, besuchen die Sportanlagen, die Berufs- oder Kantonschule oder nehmen an Kulturveranstaltungen teil.  Sie sehen, Nänikon, Werrikon, Uster und Greifensee liegen nahe beieinander.

Wenn man Uster als Gesamtes betrachtet, hätte die Stadt mit einer Abtrennung der beiden Aussenwachten viel zu verlieren: Uster würde an Grösse und Vielfalt verlieren, Uster würde Arbeitsplätze verlieren. Fakt ist, zahlreiche Arbeitsplätze und Unternehmen liegen in Nänikon. Unsere Standortförderungskommission, in welcher der Gewerbeverband Uster und das Wirtschaftsforum Uster vertreten sind, sagt, dass sie einen Weggang von Nänikon als katastrophal einschätzen würde, da rund 190 Unternehmen mit ca. 2000 Arbeitsplätzen wegfallen würden. Uster würde weiter auch wichtige Landreserven und damit räumliches Gestaltungspotential für Firmen und Wohnen verlieren. Insgesamt würde Uster als Regionalzentrum geschwächt.

Wir müssen aber auch klar sagen: Eine Abtrennung käme Uster teuer zu stehen. Die Abteilung Finanzen hat detaillierte Berechnungen auf Basis der letzten Rechnungsabschlüsse durchgeführt. Diese liess der Stadtrat von externen Fachleute überprüfen und bestätigen. Die faktenbasierte Auswertung kommt zum Schluss, dass mit Steuerausfällen in der Höhe von rund 13 Mio Franken zu rechnen ist. Natürlich gibt es auch Einsparungen, z.B. bei der Beschulung von Kindern oder Betreuung von älteren Personen. Trotzdem steht jetzt schon fest, dass die Einsparungen die Steuerausfälle nicht aufwiegen können. Es wird ein Minus von ca. 3 Mio Franken bleiben. Dieses müsste die Bevölkerung der verbleibenden Stadt Uster tragen – nicht einmalig, sondern jedes Jahr. Nüchtern betrachtet bedeutet das entweder Leistungsabbau oder Steuererhöhung.

Es ist formell richtig, dass die Initiative nicht die definitive Abspaltung von Nänikon und Werrikon verlangt. Aber sind wir ehrlich, es soll ein Scheidungsvertrag ausgehandelt werden. Die Initiative ist der erste Schritt zur Abspaltung, eine Vorentscheidung. Und auch diese hat ein stolzes Preisschild. Für den Verhandlungsprozess rechnen externe Fachleute mit Kosten von mindestens 812'000 Franken. Geld ist aber nur das eine. Genauso wichtig ist der verwaltungsintern personelle Aspekt. In den nächsten drei Jahren würden wir uns intensiv diesem Thema widmen, andere wichtigen Bereiche müssten hintenanstehen.

Verhandlungen, wie von der Initiative gefordert, ergeben für den Stadtrat nur dann Sinn, wenn es am Ende eine echte Chance für beide Seiten auf ein WIN-WIN geben kann. Der Stadtrat sieht dieses WIN für die gesamte Stadt Uster nicht. Das haben unsere Überlegungen und Abklärungen gezeigt. Aus all diesen Gründen lehnt der Stadtrat die Initiative ab. Er setzt im Sinne des Gemeinwohls auf eine starke Stadt Uster – zusammen mit Nänikon und Werrikon – und, wenn gewünscht selbstverständlich, auch zusammen mit unseren Nachbargemeinden.

Apropos Zusammenarbeit: Wie wir letzthin aus der Zeitung erfahren durften, gibt es zwischen den beiden Sekundarschulen Nänikon-Greifensee und Uster einen konstruktiven Dialog. Lösungsansätze zur Grenzbereinigung liegen auf dem Tisch. Die Zeichen stehen gut, dass dieser Konfliktpunkt in naher Zukunft gelöst werden kann.

Lassen Sie mich nach den politischen Argumenten mit einem persönlichen Wort schliessen. Statt Trennung und Abspaltung würde ich unsere knappen Ressourcen viel lieber für Konstruktives, Aufbauendes und Verbindendes einsetzen. Für Projekte und eine gemeinsame Zukunft. Für alle Ustermerinnen und Ustermer, zusammen mit unseren Aussenwachten und für unsere Region. Für uns und die nächsten Generationen.

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