Vorstösse der SP Uster im Gemeinderat

27. März 2024

Winterthurerstrasse in städtebauliches Konzept integrieren – Wunsch oder Realität?

Anfrage von Balthasar Thalmann

Es ist spannend, die Stellungnahme des Stadtrates vom 5. März 2024 zum «Kantonalen Betriebsund Gestaltungskonzept Winterthurerstrasse Abschnitt nördlich Bahnübergang» zu lesen. Bei genauerem Studium wird jedoch nicht klar, was geplant ist und vor welchem Hintergrund der Stadtrat seine Stellungnahme verfasst hat. Die Projekte einer Unterführung Winterthurerstrasse, der nördliche und der südliche Abschnitt der Winterthurerstrasse sind eine sehr grosse städtebauliche Herausforderung, die sehr sorgfältig gelöst werden muss. Ansonsten erhält Uster eine Strassenschlucht, wie wir sie von Projekten aus den 1960er- und 1970er-Jahren kennen.

Vom Stadteingang bis zur Bahnlinie stellen sich insbesondere folgende Fragen:

  • Verkehrsdosierung: nach STEK-Ergänzungsbericht und Aussagen des Bauvorstands an der Gemeinderatssitzung vom 17. Mai 2021 «müssen Verkehrsdosierungen (ausserhalb des Siedlungsgebiets) zwingend integralen Bestandteil des Projekts» sein. Bislang – so die Stellungnahme des Stadtrates - wird dazu noch gar nichts projektiert.
  • Fahrplanstabilität öffentlicher Verkehr: der Stadtrat begründet die Notwendigkeit der Unterführung Winterthurerstrasse mit der Fahrplanstabilität; was dies für die Verkehrsdosierung beim Ortseingang, für die Einmündungen bei der Haberweidstrasse und beim Gschwaderplatz bedeudet, ist unklar; ebenso, wie verhindert werden soll, dass kein Verkehr auf die Achse Oberland-Dammstrasse aufgrund des Tempo 30-Regimes ab Gschwaderstrasse ausweicht.
  • Gschwaderplatz: Der Gschwaderplatz ist der Ort mit dem mit Abstand grössten städtebaulichen Potenzial in Uster. In der Stellungnahme fordert der Stadtrat, dass in der nächsten Projektphase die Abstimmung auf die kommunale Vertiefungsstudie Gschwaderplatz erfolgen soll.
  • Stadtklima: Jegliche Vergrösserung der asphaltierten Fläche, egal ob für Auto oder den Velooder den Fussverkehr muss vermieden werden. Denn damit sind jedenfalls negative Folgen für das Stadtklima verbunden, namentlich ein Anstieg der innerstädtischen Temperaturen.
  • Wegfallende Zufahrten: Mit der Unterführung werden im Nahbereich der Bahnquerung – namentlich Migros Uster West – Ein- und Ausfahrten von der Winterthurerstrasse verunmöglicht. Mit der logischen Folge einer Verkehrsverlagerung auf die Oberlandstrasse.

All diese Aspekte können mutmasslich nur angemessen berücksichtigt werden, wenn der ganzen Projektierung der (Unterführung) Winterthurerstrasse ein städtebauliches Konzept zugrunde liegt. Inwieweit ein solches vorliegt, ist allerdings nicht bekannt.

Ich stelle dem Stadtrat folgende Fragen:

  1. Weshalb wird in der Stellungnahme des Stadtrates von einer noch nicht erfolgten Abstimmung des Betriebs- und Gestaltungskonzepts Winterthurerstrasse und dem Unterführungsprojekt gesprochen? Inwieweit sind die beiden Projekte in Bezug auf Planung, Projektorganisation und Realisierung miteinander verknüpft? Können sie unabhängig voneinander umgesetzt werden? Und wie erfolgt die Abstimmung mit dem Betriebs- und Gestaltungskonzept südlich der Bahnlinie?
  2. Welche städtebaulichen Konzepte und Grundlagen liegen der Projektierung der Winterthurerstrasse und der Unterführung zugrunde? Weshalb soll die kommunale Vertiefungsstudie Gschwaderplatz erst zu einem späteren Zeitpunkt erarbeitet werden?
  3. Inwieweit teilt der Stadtrat die Meinung, dass Verkehrsinfrastrukturen dem Städtebau folgen müssen - und nicht umgekehrt -, da ansonsten die gewünschten Qualitäten des Strassenund des Aussenraumes nicht erreicht werden können?
  4. Wie wird die Fahrplanstabilität des öffentlichen Verkehrs mit dem Projekt Winterthurerstrasse gewährleistet? Welche Massnahmen namentlich bei den Einmündungen, dem Ortseingang und zur Verhinderung des Ausweichverkehrs auf die Dammstrasse sind vorgesehen?
  5. Kann der Stadtrat einem Unterführungsprojekt zustimmen, wenn die zwingenden Verkehrsdosierungen nicht kommen? Wie ist der Stand der Verkehrsdosierung südlich von Riedikon?
  6. Welche Lösungen für den Migros Uster West sind angedacht? Was sind die Folgen für die Umgebung und die Bevölkerung?
  7. Inwieweit verändern sich die asphaltierten Flächen mit dem Projekt? Welche Massnahmen werden zur Förderung des Stadtklimas ergriffen?

Der Stadtrat beantwortet die Anfrage wie folgt:

Ausgangslage

Die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) planen im Auftrag des Bundesamtes für Verkehr (BAV) einen Doppelspurausbau zwischen Bahnhof Uster und Bahnhof Aathal. Der Ausbau der Bahnlinie zu einer zweiten Fahrspur östlich des Bahnhof Uster ist die Grundlage für eine spätere Taktverdichtung der SBB und die Verkürzung der Zugfolgezeiten. Der Stadtrat hat im Rahmen des STEK-Ergän­zungsberichtes die zukünftigen Herausforderungen und die potenziellen Schliesszeiten an den ein­zelnen Bahnübergängen aufgezeigt. An der Sitzung vom 19. September 2023 hat der Stadtrat vom Planungsstand des Doppelspurausbau Uster-Aathal Kenntnis genommen.

Begleitend zum geplanten Bauvorhaben der SBB zum Doppelspurausbau plant die SBB zusammen mit dem Kanton Zürich eine Unterführung Winterthurerstrasse. Des Weiteren sind nördlich und süd­lich der Unterführung Planungen an der Winterthurerstrasse, Berchtoldstrasse und Zürichstrasse im Gange, um die Einbindung der Unterführung ins Strassennetz zu koordinieren. An der Sitzung vom 5. März 2024 hat der Stadtrat zur kantonalen Planung der Winterthurerstrasse, nördlich des Bahn­übergangs, Stellung genommen. Zur Planung südlich des Bahnübergangs, der Winterthurer-, Berchtold- und Zürichstrasse hat der Stadtrat an der Sitzung vom 2. April 2024 Stellung genommen.

Zu Frage 1: Der Kanton Zürich plant für beide Abschnitte, nördlich und südlich der Bahnlinie, die Anpassungen und die Einbindung einer Unterführung Winterthurerstrasse ins Strassennetz. Die Unterführung Winterthurerstrasse selber wird durch die SBB im Rahmen des Projekts Doppelspurausbau Uster - Aathal geplant. Dies macht eine Koordination und eine ständige Abstimmung der verschiedenen Projektpartner erforderlich. Dies ist ein ständiger und rollender Prozess.

Die Abstimmung zwischen den Planungsträgern geschieht im Rahmen einer gemeinsamen Arbeits­gruppe. Darin ist auch die Stadt Uster vertreten, damit sie die lokalen Interessen der Stadt einbrin­gen kann. Das mit Erfolg: Auf Vorschlag der Stadt Uster wird die Unterführung auf eine Ge­schwindigkeit von 30 km/h ausgelegt. Zudem sieht der Kanton nördlich und südlich auf der Winterthurer- respektive der Berchtoldstrasse ebenfalls die Einführung von Tempo 30 vor. Dadurch benötigt die Unterführung Winterthurerstrasse weniger Platz, der Eingriff in den Stadtkörper wird verringert, die Lärmbelastung vermindert und die Sicherheit erhöht.

Die beiden Abschnitte der Winterthurerstrasse nördlich und südlich des Bahnübergangs können unabhängig voneinander und nach Anpassungen im Querungsbereich der Bahnlinie grundsätzlich auch unabhängig vom Unterführungsprojekt umgesetzt werden.

Zu Frage 2: Die SBB plant die Unterführung Winterthurerstrasse und der Kanton die kantonalen Strassen Win­terthurer-, Berchtold- und Zürichstrasse. Die Gschwader- und Oberlandstrasse sowie die Loren-Allee sind im Eigentum der Stadt Uster. Damit am Kreuzungspunkt der Gschwader-, Oberland- und Win­terthurerstrasse nicht eine zufällige Anbindung der kommunalen Strassen an die Winterthurerstras­se erfolgt, hat der Stadtrat am 5. März 2024 eine Vertiefungsstudie Gschwaderplatz in Auftrag ge­geben. Ziel der Studie ist, die Bedürfnisse des Verkehrs und die städtebaulichen Ansprüche aufeinander abzustimmen, damit die gewonnenen Erkenntnisse in die weiteren Arbeiten einfliessen können.

Zu Frage 3: Der Stadtrat teilt grundsätzlich die Meinung, dass die Verkehrsinfrastruktur dem Städtebau zu fol­gen hat. Die Stadt Uster ist mehrheitlich überbaut und die Stadtentwicklung von Uster soll innerhalb der bestehenden Bauzonen stattfinden. Die Baulinien dienen dabei als Grundordnung der Stadtent­wicklung und beschränken eine mögliche Überbaubarkeit und sichern den Raum für die Verkehrsinf­rastrukturen oder den Raum für den Ausbau und Revitalisierung von Gewässern. Eine allfällige An­passung der Baulinien und somit eine Anpassung der Ausgestaltung der Überbaubarkeit entlang der Winterthurer-/Berchtoldstrasse ist in der Kompetenz des Kantons Zürich.

Zu Frage 4: Die Einhaltung des Busfahrplans ist angesichts des Verkehrsaufkommens grundsätzlich auf dem ganzen Stadtgebiet eine Herausforderung. Hierzu ist die Stadt Uster im ständigen Austausch mit den Verkehrsbetrieben Zürichsee und Oberland (VZO) und prüft Massnahmen zur Busbeschleuni­gung. So wurde beispielsweise im Kreuzungsbereich Winterthurer-/Haberweidstrasse im Sommer 2022 eine Busbevorzugungsanlage erstellt. Die Vertiefungsstudie Gschwaderplatz soll ebenfalls mögliche Massnahmen aufzeigen, wie der Bus von der Loren-Allee in die Oberlandstrasse gelangen soll. Durch die neue Unterführung Winterthurerstrasse erwartet der Kanton eine Entlastung der Un­terführung Dammstrasse.

Zu Frage 5: Der Stadtrat setzt sich im Rahmen der weiteren Projektierung weiterhin für geeignete Massnahmen der Verkehrsdosierung ein. Eine abschliessende Beurteilung des Gesamtprojektes ist erst nach Ab­schluss der Projektarbeiten möglich. Eine Verkehrsdosierung südlich von Riedikon ist aktuell kein Thema.

Zu Frage 6: Die Unterführung Winterthurerstrasse verhindert eine zukünftige Zufahrt zur Migros Uster West von der Winterthurerstrasse für den motorisierten Individualverkehr (MIV). Die Zufahrt für den MIV er­folgt zukünftig über die Ziletenstrasse. Die Zugänglichkeiten für den Fuss- und Veloverkehr sind weiterhin von der Winterthurerstrasse her gewährleistet.

Zu Frage 7: Der Stadtrat setzt sich bei seinen eigenen Strassenbauprojekten für eine klimagerechte Ausgestal­tung des Strassenraums ein. Dieses Anliegen bringt er auch gegenüber den Planungspartnern ein und hat so auch erreicht, dass etwa mit zusätzlichen Baumpflanzungen ein grösserer Beitrag zur Hitzeminderung geleistet wird. Die Frage, wie sich die asphaltierten Flächen mit dem Projekt verän­dern, kann allerdings erst nach Vorliegen eines Bauprojektes beantwortet werden.

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